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Die Brueder des Kreuzes

Die Brueder des Kreuzes

Titel: Die Brueder des Kreuzes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Whyte
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Bergen aufgetürmt, ein Wurm aus Toten, der sich von der Stelle ihres Aufbruchs bis zu dem Punkt wand, wo der Letzte der Zwölftausend gefallen war.
    Stirnrunzelnd und mit trockenem Mund schüttelte er ungläubig den Kopf. Über zehntausend Tote an einer einzigen Stelle. Als Nächstes kam ihm der Gedanke, dass er gar nicht am Leben sein dürfte, und er fragte sich, warum er verschont geblieben war. Doch ihm war klar, dass es nur eine Frage der Zeit sein konnte, bis man auch ihn und Sinclair entdeckte und umbrachte wie die anderen, denn die Getreuen des Propheten schienen keine Gefangenen zu machen.
    Er schluckte krampfhaft, denn seine Kehle war wie ausgedörrt, und starrte auf den Hang hinunter.
    Schon kreisten die ersten Geier über dem Feld. Immer mehr von ihnen landeten am Boden, um sich an den Toten zu weiden. Während er die Vögel beobachtete, verlor er für eine Weile jedes Zeitgefühl und jeden Ortssinn. Dann jedoch fuhr er erschrocken auf und kehrte mit einem Paukenschlag unter die Lebenden zurück, denn ein lauter, gedehnter Schmerzensschrei sagte ihm, dass sein Freund Sinclair nicht länger schlief. Sekunden später befand er sich auf dem Rückweg zu ihrem Felsenversteck. Er bewegte sich geduckt und verging fast vor Angst, der Feind könnte Sinclairs Schreie hören, bevor er ihn erreichen und sie unterdrücken konnte.
    Doch plötzlich brachen die Schmerzenslaute ab, und die Stille, die nun folgte und die nur vom Klappern der Steine unter seinen Stiefeln gestört wurde, war ein wahrer Segen.
    Moray hockte sich breitbeinig in den Eingang des Unterschlupfes und richtete den Blick auf Sinclair. Sein Herz hämmerte vor Angst. Erleichtert stellte er fest, dass sein Freund noch lebte, denn er hatte schon daran gezweifelt – zu abrupt war er verstummt. Doch jetzt konnte er sehen, dass Sinclair röchelnd atmete und sich seine Brust unter der sperrigen Rüstung mühsam hob und senkte.
    Bevor Moray ihn ganz erreicht hatte, schlug Sinclair heftig mit dem Arm und begann erneut zu schreien. Dabei warf er den Kopf hin und her. Moray war mit einem Satz bei ihm und drückte dem Bewusstlosen die Hand auf den Mund. Im selben Moment öffnete Sinclair ruckartig die Augen und verstummte, während er in das Gesicht aufblickte, das über ihn gebeugt war.
    Moray sah Denkvermögen und Klarheit in diesen Augen, und er zog vorsichtig die Hand fort. Einige Momente lang lag Sinclair reglos da, ohne den Freund aus den Augen zu lassen, dann richtete er den Blick auf den Felsbrocken, der das Dach ihres Verstecks bildete.
    »Wo sind wir hier, Lachie? Was ist geschehen? Wie lange sind wir schon hier?«
    Moray setzte sich zurück und stieß einen Laut der Erleichterung aus.
    »Drei Fragen. Das bedeutet, dein Kopf arbeitet noch. Ich nehme an, du willst nur eine Antwort?«
    Sinclair schloss die Augen und lag eine Weile da, ohne zu antworten, doch dann öffnete er sie wieder und schüttelte den Kopf.
    »Das Letzte, woran ich mich erinnere, ist, dass ich einige meiner Ritter um mich gesammelt habe und mich mit ihnen bergauf gewandt habe, um oben zu den anderen zu stoßen. Davor mussten wir zusehen, wie unsere Fußtruppen abgeschlachtet worden sind.«
    Er hustete, und Moray sah, wie ihm die Farbe aus den Wangen wich. Doch dann biss Sinclair die Zähne zusammen und fuhr fort.
    »Außerdem weiß ich, dass wir jetzt von Freunden umringt wären, wenn der Kampf zu unseren Gunsten ausgegangen wäre. Dem ist nicht so, also vermute ich, dass du meine Nähe gesucht hast, wie ich gesagt hatte. Wo ist Louis?«
    »Ich habe keine Ahnung, Alec. Ich habe seit dem Beginn der Schlacht nichts mehr von ihm gesehen. Es ist möglich, dass er es gemeinsam mit den anderen bis zum Bergkamm geschafft hat … doch auch dort oben gab es kein Entrinnen.«
    Sinclair starrte ihn an.
    »Was willst du damit sagen? Sie konnten den Berg nicht halten?«
    Moray spitzte die Lippen und schüttelte den Kopf.
    »Nicht nur das, Alec. Sie haben alles verloren. Ich habe gesehen, wie das Wahre Kreuz den Moslems in die Hände gefallen ist. Ich habe gesehen, wie gleich darauf das Zelt des Königs zu Boden gegangen ist, und ich habe das Siegesgeheul gehört. Wir haben die Schlacht verloren, Alec, und ich fürchte, wir könnten obendrein das ganze Königreich verloren haben.«
    Sprachlos vor Schreck versuchte Sinclair, sich aufzusetzen, doch dann hielt er den Atem an. Sofort verlor sein Gesicht die Farbe, er verdrehte die Augen, sein Körper verkrampfte sich, und er verlor erneut das

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