Die Brueder des Kreuzes
Eigen nennt, einschließlich seines Kopfes? Außerdem ist der arme Kerl in der Schlacht von Hattin gestorben.«
St. Clair überließ sich seinen Gedanken und nagte sacht an seiner Unterlippe. Schließlich blickte er auf und sah sie an.
»Ich glaube Euch, was Ihr sagt, Mylady.«
Er verstummte und nagte erneut nachdenklich an seiner Lippe.
»Doch selbst wenn all dies wahr ist, verstehe ich nicht, warum der Herzog – der König – mich auswählen sollte, um ein solches Ereignis zu wiederholen.«
»Aber, Sir André, Ihr seid zu bescheiden, und das ist hier nicht angebracht. Betrachtet es einmal vom Standpunkt meines Bruders aus. Ihr erfüllt all seine Bedingungen: Ihr seid jung, gut aussehend, pflichtbewusst und ein Ehrenmann, und Ihr seid durch den Lehnseid an ihn gebunden. Außerdem seid Ihr von makelloser Herkunft. Richard wäre mehr als glücklich, die Vaterschaft über einen Sohn aus dem alten Hause St. Clair und damit einer ungetrübten Blutlinie zu übernehmen. Er hat weiß Gott zur Genüge erklärt, wie sehr ihm unser eigenes Blut über ist.«
St. Clair starrte sie verblüfft an.
»Was meint Ihr damit?«
»Genau das, was ich gesagt habe. Richard sagt häufig, dass sein Blut, das heilige, königliche Blut, in dem sich das Blut unserer Eltern mischt, ihm das ganze Leben verdorben hat. Wie hat er es noch ausgedrückt? Lasst mich überlegen. ›Das Blut, das in meinen Adern fließt, ist eine Mixtur, die in der Hölle gebraut, gekocht und dann ausgespuckt wurde, dieselbe schmutzige Jauche, die auch der Lebenssaft meines Bruders John ist, möge er lebendig verrotten. Besser, wenn es mit mir stirbt, wo und wann immer ich sterbe, und dass nach meinem Tod frisches Blut in England regiert!‹«
Sie wartete lange auf seine Antwort.
Im Herzen des Feuers explodierte ein Steinchen oder ein Harzklumpen, und die Funken sprühten in alle Richtungen, doch St. Clair zeigte keine Reaktion. Schließlich sprach sie ihn an.
»Nun? Was sagt Ihr dazu?«
Er atmete scharf ein und sah sie an.
»Ich finde es unglaublich und kann es mir dennoch nur allzu gut vorstellen. Und … vor allem finde ich es beängstigend. Aber –«
Er hielt inne und presste beide Hände fest gegen seine Schläfen, die Augen fest geschlossen. Dann ließ er die Hände wieder sinken.
»Ich finde all dies einfach kaum zu begreifen, Mylady. Soll ich wirklich glauben … Wollt Ihr wirklich sagen, dass die Königin mir beiwohnen wird, wenn ich mich dazu entschließe, und dass es weder sie noch den König verärgern wird?«
»Ich sage noch mehr als das, mein Freund. Wenn Ihr einen Sohn mit ihr zeugt, wird er bei der Geburt für legitim erklärt und zum König von England gekrönt, wenn die Zeit gekommen ist. Das kann ich Euch versprechen.«
St. Clair schluckte.
»Und wenn ich … es tue, wie Ihr vorschlagt … werdet auch Ihr zu meiner Verfügung stehen?«
Ihr Blick war offen und ernst und enthielt nicht die geringste Spur von Belustigung.
»Natürlich. Habe ich das nicht bereits gesagt? Mir wird die Aufgabe zufallen, Eure Anstandsdame zu sein, die erfahrene Schwägerin, Zofe und ständige Begleiterin der Königin. Aber ich bin vierunddreißig Jahre alt und stehe in der vollen Blüte meiner Weiblichkeit. Ich brauche keine unsterbliche Liebe, keine verliebten jungen Männer, die vorgeben, zu meinen Füßen in Ohnmacht zu sinken. Was ich brauche, sind fleischliche Freuden ohne Wenn und Aber. Bringt mich damit zum Lächeln, und ich werde Eure beste Freundin sein. Wer kann schon davon träumen, der Königin von England beizuwohnen, während sie ihre Schlafkammer mit der Königin von Sizilien teilt? Ihr werdet leben wie der Sultan selbst, in Eurem eigenen Serail mit zwei gekrönten Königinnen als Euren willigen Odalisken.«
»Und … Ihr sagt, Berengaria weiß davon?«
»Ja. Ihr Entschluss steht noch nicht endgültig fest, und sie geht davon aus, dass Ihr noch nichts wisst, aber sie … ist Euch geneigt, und wenn sie Euch beobachtet, sind ihre Blicke voller Fragen.«
Wieder entstand eine lange Pause. André St. Clair bemühte sich um eine ausdruckslose Miene und kämpfte darum, die Übelkeit zu unterdrücken, die in ihm brodelte, nicht angesichts der Vorstellungen, zwei königliche Mätressen zu haben, sondern angesichts der widerwärtigen Missachtung seiner Ehre seitens des Königs und seiner Schwester. Da er begriff, dass er von nun an jedes Wort auf die Goldwaage legen musste, schwieg er und zählte seine Herzschläge. Als er bei zwanzig anlangte,
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