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Die Brueder des Kreuzes

Die Brueder des Kreuzes

Titel: Die Brueder des Kreuzes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Whyte
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von Alecs Reaktion hatte er wohl nicht gerechnet. Sinclairs Hände schossen vor, packten den Rüpel an seinem Überrock und zogen ihn so abrupt nach vorn, dass er mit der Nase gegen Sinclairs gesenkten Kopf und damit die Stahlkante seines Helmes prallte. Dann ließ er den Mann los, der sich schmerzverzerrt aufrichtete und sich beide Hände vor das verletzte Gesicht hielt. Sinclair trat rasch zück, hob das Knie an seine Brust und wandte sich leicht zur Seite, um dem Mann seine Schuhsohle vor das Brustbein zu rammen, als trüge dieser kein Kettenhemd.
    Die Bestrafung erfolgte so schnell, dass André einfach nur gaffend dastand. Dann kam er zu sich und sah sich vorsichtig um, doch die Umstehenden schienen genauso schockiert zu sein wie er selbst. Sie waren alle Templer und Mönche, und Gewaltanwendung gegenüber einem Mitbruder war etwas Undenkbares. Beschimpfungen waren anscheinend kein Problem, doch körperliche Gewalt gegenüber einem Mitbruder stellte eine Verletzung der Ordensregel und eine Gefährdung der unsterblichen Seele dar. Und doch war Sir Alexander Sinclair provoziert und angegriffen worden. Erst als ihm selbst weitere Gewalt drohte, hatte er reagiert, und zwar mit beeindruckender Schnelligkeit, Wirksamkeit und Endgültigkeit.
    Es gab keine weiteren Störungen mehr, als die beiden Männer nun ihren Weg zu den Pferden fortsetzten. Keiner der beiden sagte ein Wort, bis sie Alecs Pferd geholt und ein weiteres für André akquiriert hatten und in Richtung der Dünen südöstlich der Belagerungslinien aufgebrochen waren. Sie hielten sich gerade so dicht in der Nähe ihrer eigenen Linien, dass sie relativ sicher sein konnten, dass sie nicht von sarazenischen Patrouillen behelligt werden würden, aber auch nicht fürchten mussten, von ihren eigenen Kameraden unterbrochen zu werden.
    »Warum hassen sie Euch nur alle so?«
    Zunächst glaubte St. Clair, sein Vetter würde ihm nicht antworten, doch Alec sah sich nur prüfend in der Umgebung um.
    »Hier ist es gut«, murmelte er schließlich vor sich hin und begann mit den Vorbereitungen für ihre Mahlzeit. Er schaufelte sich mit den Füßen eine Mulde in die Seitenwand einer Sandbank, die groß genug war, um ihm als Sitz zu dienen, und André tat es ihm nach. Alec holte einige Bündel aus seinen Satteltaschen, breitete zwischen ihren Sitzen ein einfaches Tuch im Sand aus und deckte es mit überraschend frisch aussehendem Brot, einigen Scheiben Fleisch, die nach Lamm oder Ziege aussahen, etwas Salz, einem kleinen Gefäß mit Oliven in Kräuteröl und einer Flasche Wasser.
    »Sie hassen mich, weil sie Angst haben«, sagte er schließlich. »Angst vor dem, was ich getan haben könnte, was ich wissen könnte, vielleicht sogar vor dem, was ich nicht wissen könnte. Ihr Vorrat an Dingen, vor denen man Angst haben könnte, ist grenzenlos.«
    »Aber sie sind doch Mönche, Alec, Gottesmänner.«
    Diese Bemerkung brachte André einen raschen Seitenblick voller Skepsis ein, und er wurde rot, weil er an das Gespräch bei ihrer ersten Begegnung denken musste.
    »Ihr wisst schon, was ich meine. Sie sollten klug genug sein, einen Mitbruder nicht dem bloßen Hörensagen nach zu verdammen.«
    Alec warf ihm einen verblüfften Blick zu.
    »Das ist der erste wirklich dumme Satz, den ich aus Eurem Mund höre, Vetter. Sie sollten klug genug sein … Wie denn? Sie haben doch keine Möglichkeit, sich solches Wissen anzueignen, und niemand ist bereit, es ihnen zu vermitteln. Diese Männer sind nur dem Namen nach Mönche, André. Das wisst Ihr genau. Und sie sind alles andere als das, was ich Gottesmänner nennen würde. Daher besteht ihr Mönchskodex auch nur daraus, Tag und Nacht die Gebetszeiten einzuhalten und zwischendurch ein Paternoster nach dem anderen zu murmeln. Die meisten dieser Männer glauben, dass ihre Erlösung allein davon abhängt, dass sie Moslems töten und täglich einhundertfünfzig Vaterunser beten, auch wenn keiner von ihnen so weit zählen kann. Woher weiß ein Mann, der nicht zählen kann, ob er sein Gebet schon hundertfünfzigmal wiederholt hat? Gar nicht, also hört er einfach niemals auf zu beten und spricht lieber ein paar Gebete zu viel, als das Risiko einzugehen, dass er zu wenig betet und eine Sünde begeht.«
    Sinclair schnaubte verächtlich.
    »Diese Männer sind einfach, unwissend und fantasielos, André. Sie glauben, was man ihnen zu glauben aufträgt, sie verhalten sich so, wie man es ihnen befiehlt. Sie glauben, dass jede Art von eigenständigem Denken

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