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Die Brueder des Kreuzes

Die Brueder des Kreuzes

Titel: Die Brueder des Kreuzes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Whyte
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Amir. Ich wollte doch nur –«
    »Nur mein Urteil in Zweifel ziehen, glaube ich.«
    »Niemals, Amir.« Sabit richtete sich auf und wandte sich seinem Kommandeur zu. »Ich habe nur gedacht –«
    »Das ist seltsam, Sabit. Ich habe noch nie erlebt, dass du denkst. Ich erwarte auch nicht, dass du denkst, nur, dass du treu und gehorsam bist. Verstehen wir uns?«
    »Wie du sagst, Amir.«
    Sinclair brauchte den Mann gar nicht zu sehen, um seine Zerknirschung zu spüren.
    »Ausgezeichnet. Jetzt danke Allah für Seine Größe und für meine Großmut, und dann entferne dich mit dem Ferenghi ein Stück, sodass er uns nicht hören kann. Er behauptet zwar, unsere Sprache nicht zu verstehen, aber wir haben hier gewiss vieles zu besprechen, und es ist besser, vorsichtig zu sein.«
    »Allahu Akbar. Ich bin dein gehorsamer Diener, wie immer.«
    Der Mann namens Sabit erhob sich vom Boden, und al-Farouch wechselte vom Arabischen wieder in sein stark akzentuiertes Französisch über.
    »Ihr hättet gestern Abend reiten sollen, Lach-Lann, denn jetzt seid Ihr ein Gefangener. Mein Leutnant Sabit ist ein guter Mann, ein Mann mit unumstößlichen, manchmal fehlgeleiteten Idealen. Er war schon im Begriff, Euch die Kehle durchzuschneiden.«
    »Das habe ich gemerkt«, sagte Sinclair, um einen ruhigen Ton bemüht. »Ich danke Euch für mein Leben.«
    Er zögerte.
    »Ich habe gehört, wie er Euch Amir genannt hat. Habt Ihr nicht gesagt, Ihr heißt Ibn?«
    »So nennen mich die Männer«, sagte der andere. »Ich bin ihr Emir. Die Beduinen sagen ›Emir‹, doch dort, wo wir leben, lautet das Wort anders, ›Amir‹. Nun geht mit Sabit. Er wird auf Euch aufpassen, während ich mich mit meinen Offizieren berate, denn meine ganze Kompanie ist hier. Sie werden mich über die Ereignisse der vergangenen Tage unterrichten. Unterdessen wird Sabit Euch bewachen, bis ich entschieden habe, was mit Euch geschehen soll. Geht mit ihm und dankt Allah, dass ich ihn aufhalten konnte, bevor er Euch etwas antun konnte. Ihr werdet jetzt bei ihm in Sicherheit sein.«
    »Ich danke Euch nochmals. Offenbar besitzt Ihr größere Autorität, als ich dachte. Ich werde mit Eurem Mann gehen.«
    »Dann geht. Sabit wird Euch helfen. Hilf ihm aufzustehen, Sabit.«
    Den letzten Satz sagte er auf Arabisch, und als Sabit nun gehorsam auf ihn zutrat, konnte Sinclair im zunehmenden Licht der Dämmerung sein Gesicht und seinen Körperbau sehen. Er war ein hochgewachsener Mann, dessen Stirn über den buschigen Augenbrauen permanent gerunzelt war, und er hatte eine hagere Hakennase. Er trug einen spitzen Helm, den er lose mit einer Kufiya umhüllt hatte. Deren Enden lagen über Kreuz auf seinen Schultern, sodass seine untere Gesichtshälfte verhüllt war. Sein rechtes Augen war von einer schwarzen Klappe verdeckt, unter der eine aggressive Narbe hervortrat, die bis in die Falten der Kufiya hinunterreichte. Die Finger seiner linken Hand umfassten den Knauf des langen Krummschwertes, das an seiner Seite hing.
    Finster blickend hielt er Sinclair jetzt die andere Hand entgegen, und dieser zog sich daran hoch. Einige Sekunden stand er schwankend da, dann trat er aus dem Schutz der Felsenecke ins Freie. Der Sarazene folgte ihm, eine Hand warnend auf seine Schulter gelegt.
    Es wurde still, als Sinclair aus dem Schatten trat, und er sah sich neugierig um. Über hundert Männer, die meisten von ihnen noch zu Pferd, starrten ihm im Licht der Morgendämmerung entgegen. Keiner von ihnen sagte ein Wort oder regte sich, als ihn Sabit nun sanft mit dem Finger anstieß, doch jedes Auge folgte dem Franken auf seinem Weg am Fuß der Felsenwand entlang, bis sich die Hand seines Begleiters nach etwa dreißig Schritten erneut um seine Schulter schloss.
    Der hünenhafte Sarazene wies mit einer unmissverständlichen Geste auf den Boden. Sinclair setzte sich hin, ohne dass Sabit weiter nachhelfen musste, und lehnte sich mit dem Rücken an den Felsen.
    Von dort konnte er beobachten, wie zwei der Männer, die ihre Hände zu einem Sitz verschränkt hatten, al-Farouch aus der Nische trugen und dann stehen blieben. Ihre Kameraden begrüßten ihren Kommandeur so lautstark, dass es keinen Zweifel an der Zuneigung geben konnte, die er bei ihnen genoss.
    Sinclair war zwar beeindruckt von dieser Begrüßung, doch sie überraschte ihn nicht, passte sie doch zu seinem eigenen Bild von al-Farouchs Charakter. Allerdings war er dann doch überrascht, als sich die Schar der Reiter teilte und zwei Schimmel preisgab, die vor

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