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Die Brueder des Kreuzes

Die Brueder des Kreuzes

Titel: Die Brueder des Kreuzes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Whyte
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ständig, Ihr habt kein Ziel? Waren Eure Verluste in Hattin so schwer?«
    Sinclair erhob sich und lehnte sich an die Felsenwand, um in die herauskommende Nacht hinauszublicken. Dann sprach er weiter, ohne den Kopf zu wenden.
    »Wie schnell es hier in der Wüste Nacht wird. In Schottland, wo ich aufgewachsen bin, ist es oft noch Stunden nach Sonnenuntergang hell …«
    Er seufzte matt.
    »Es ist die Niederlage von Hattin, die mir nicht aus dem Kopf geht, viel mehr als die Männer, die wir verloren haben, obwohl es weiß Gott schrecklich viele waren. Euer Sultan ist gewiss kein Mann, der eine gottgesandte Gelegenheit ungenutzt lässt. Und als eine solche muss er den Sieg von Hattin sehen. Ich gehe davon aus, dass ihm inzwischen auch Tiberias in die Hände gefallen ist, und ich weiß, dass seine Männer La Safouri und wahrscheinlich auch Nazareth eingenommen haben. Wenn ich eine siegreiche Armee im Rücken hätte und wüsste, dass die Frankenarmee empfindlich geschwächt, wenn nicht sogar vollständig vernichtet ist, würde ich sofort gen Jerusalem marschieren. Und damit bleiben mir, fürchte ich, nicht mehr viele Zufluchtsorte.«
    Er wandte sich wieder dem Sarazenen zu.
    »Wann habt Ihr zuletzt gebetet?«
    Al-Farouch kniff die Augen zu und öffnete sie wieder.
    »Vor einiger Zeit, zur festgesetzten Stunde. Ihr wart doch dabei. Habt Ihr denn nichts davon bemerkt?«
    »Hättet Ihr Euch nicht nach Osten wenden müssen?«
    Der Sarazene lächelte.
    »Allah verlangt, dass wir beten, aber da Er ein gnädiger Gott ist, beharrt Er nicht darauf, dass wir uns dazu quälen, wenn wir verletzt sind. Ich werde wieder richtig beten, wenn ich dazu in der Lage bin, doch bis dahin bete ich, so gut ich kann.«
    »Und haben Euch Eure Freunde vor ihrem Aufbruch eine Latrine gegraben?«
    »Ja, zehn Schritte von hier entfernt.«
    »Schafft Ihr es mit Eurem Bein bis dorthin, wenn ich Euch helfe?«
    »Ja.«
    »Gut. Und wenn ich Euch helfe, aufzustehen und zu gehen, werdet Ihr versuchen, mich umzubringen?«
    In den Augen des Sarazenen tauchte der winzige Hauch eines Lächelns auf.
    »Nicht, bevor Ihr mir nicht auch wieder zurückgeholfen habt, trotz meines Eides, jeden Ungläubigen zu töten, dem ich begegne.«
    Sinclair schnaubte, dann trat er auf den Mann zu und streckte ihm den gesunden Arm entgegen.
    »So sei es. Dann schauen wir also, ob wir Euch auf die Beine gestellt bekommen. Seid vorsichtig mit meinem anderen Arm, denn er ist genauso böse gebrochen wie Euer Bein, aber nicht so gut verbunden. Wenn Ihr steht, gehen wir zu der Latrine hinüber, und ich lasse Euch dort allein. Ruft mich, wenn Ihr fertig seid, dann komme ich und helfe Euch zurück.«
    Als sie fertig waren, war es Nacht, und sie saßen zusammen in der Dunkelheit der kleinen Felsenecke, die ihre Zuflucht bildete. Eine Weile unterhielten sie sich noch über Belanglosigkeiten, doch die Nacht war völlig still, und sie waren beide müde, und so schliefen sie ein, Kopf an Fuß.
    Sinclairs letzter Gedanke war, dass er unbedingt mit Beginn der Dämmerung erwachen und aufbrechen musste.

    ER ERWACHTE ABRUPT, weil sich eine raue Hand auf seinen Mund legte, doch jede Gegenwehr wurde im Keim erstickt, weil er einen drohenden Knurrlaut hörte und die Schneide eines kalten Messers an seiner Kehle spürte. Reglos lag er da und wartete auf den Tod. Es war noch dunkel, doch überall um ihn herum war Bewegung, und er wusste, dass er darauf hätte vorbereitet sein müssen.
    »Wer ist das Ferenghi schwein? Soll ich ihm die Kehle durchschneiden?«, erklang eine Stimme direkt über ihm, und er spürte, wie die Klinge an seiner Kehle fester zudrückte. Doch während er sich schon in Erwartung des Todesstoßes anspannte, gebot al-Farouchs Stimme dem Mann Einhalt. Es lag eine Autorität darin, die keine Widerrede duldete.
    »Nein! Du darfst ihm nichts tun, Sabit. Er hat Brot und Salz mit mir geteilt, und ich stehe in seiner Schuld.«
    Der Mann namens Sabit setzte sich zischend zurück. Er nahm seine Hand von Sinclairs Mund, hielt ihm aber weiter das Messer an die Kehle, jetzt allerdings mit der flachen Seite.
    »Wie kannst du denn in der Schuld eines Ferenghi stehen, Amir?«, fragte er angewidert. »Er ist ein Ungläubiger, daher hat unser heiliges Gesetz für ihn keine Gültigkeit. Die bloße Vorstellung ist lächerlich.«
    »Du würdest also über mich lachen, weil ich Mitgefühl zeige, Sabit?«
    Al-Farouchs barscher Ton ließ Sabit das Messer von Sinclairs Hals nehmen.
    »Nein, gewiss nicht,

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