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Die Brueder des Kreuzes

Die Brueder des Kreuzes

Titel: Die Brueder des Kreuzes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Whyte
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Richards Bedürfnissen kann es sein, dass ich auf dem Rückweg von Paris erneut hier Halt mache. Doch ganz gleich, auf welchem Weg wir nach England zurückkehren, man wird Euch holen lassen. Und jetzt muss ich gehen, denn er wartet auf mich, und Ihr wisst ja, wie er es hasst, wenn man ihn warten lässt. Also verabschiede ich mich von Euch. Wir sehen uns bald wieder.«
    Die beiden Männer umarmten sich kurz, Brüder jetzt, und de Sablé begab sich zu seinem Herzog. Sir André St. Clair, den er zurückließ, hatte nun über vieles nachzudenken.

3
    D
    ER MAI VERSTRICH und dann der Juni, ohne dass ein weiteres Wort von Richard auf dem Anwesen der St. Clairs eintraf, doch Sir Henry bemerkte kaum, wie die Zeit verstrich. Er war zu sehr darauf konzentriert, die Körperkraft zurückzuerlangen, die er nicht erst nach dem Tod seiner Gemahlin verloren hatte – auch vorher hatte er sich bereits einem bequemen Leben hingegeben und ebenso selbstzufrieden wie stillschweigend das Privileg eines alten Mannes für sich beansprucht, der seinem Herrn – und seiner Herrin – wohl gedient hatte.
    Nachdem er etwas spät erfahren hatte, dass seine Schwelgerei verfrüht und unklug gewesen war, bekam er die ganze Last seines Alters zu spüren, als er nun darum kämpfte, die Kraft und die Fähigkeiten zurückzuerlangen, die einmal sein wichtigstes Kapital gewesen waren.
    Als Erstes begann er wieder zu reiten und litt Höllenqualen, während sein Körper gegen Verrichtungen rebellierte, die seine Muskeln längst vergessen hatten. Natürlich hatte er nicht verlernt, wie man reitet, doch seine Ausdauer war geschwunden, und seine alten Knochen und Sehnen protestierten gegen die Gemeinheit, sich durchrütteln zu lassen, während er Stunden und Tage ohne Pause im Sattel verbrachte.
    Am ersten Tag seiner neuen Odyssee verbrachte er fast fünf Stunden im Sattel, und als er schließlich zum Schloss zurückkehrte und beim Absteigen fast zu Boden fiel, schrien seine schmerzenden Muskeln nach Erholung. Stattdessen zwang er sich, zum Übungsplatz zu gehen, sein Schwert zu ergreifen und dem gewaltigen Eichenpfosten gegenüberzutreten, auf den die Rekruten schon seit Jahrzehnten einhackten. Dort begann er mit den traditionellen Übungen, mit deren Hilfe der Neuling die Grundlagen des Schwertkampfes erlernt. Über eine Stunde lang schwang er sein Schwert gegen den Pfosten, bis er keine Kraft mehr hatte, die Arme zu heben. Dann stolperte er zu seinem Gemach, die vertraute Treppe hinauf, die plötzlich kein Ende zu nehmen schien, und ließ sich mit dem Gesicht zuerst auf das Bett fallen wie ein Toter, bevor sich die Sonne dem Untergang auch nur näherte.
    Er erwachte am helllichten Tag und hatte kaum die Kraft, sich aus dem Bett zu hieven. Jeder Muskel seines Körpers fühlte sich steif und verdreht an wie altes, knorriges Holz. Sein Hintern und die Innenseiten seiner Oberschenkel schmerzten, als hätte man mit Eisenknüppeln darauf eingeschlagen. Langsam schwankte er zum Brunnen auf dem Hof und überschüttete sich mit dem eisigen Wasser. Er fluchte heftig über den Schock der kalten Dusche, wenn auch nicht so laut, wie ihm lieb gewesen wäre, um die Dienstboten nicht zu verschrecken. Er trocknete sich mit einem Stück Sackleinen ab und stellte zu seiner Überraschung fest, dass er widerwillig Mitgefühl mit all den jungen Neulingen empfand, denen er jahrelang genau diese harte Behandlung hatte angedeihen lassen, ohne einen Gedanken an ihre Schmerzen und ihr Elend zu verschwenden.
    Als er wieder trocken war und sich etwas frischer fühlte, schlich er auf schmerzhaft unbeweglichen und immer noch wackeligen Beinen in die Küche. Dass niemand wagte, ihn anzusprechen, selbst der getreue Ector nicht, nahm er höchstens am Rande wahr.
    Nach dem Essen begab er sich in den Stall und ließ sich sein Pferd bringen, musste allerdings feststellen, dass er es beim besten Willen nicht besteigen konnte, weil er seine eingerosteten alten Beine nicht weit genug beugen konnte. Wütend bat er einen kräftigen Stallknecht um Hilfe und musste sogleich die nächste Peinlichkeit erdulden, denn man musste ihm die Füße in die Steigbügel schieben, weil er sie selbst nicht ohne Hilfe finden konnte. Als er schließlich hufeklappernd durch das Tor ritt, hielten sämtliche Bediensteten des Schlosses den Atem an und warteten auf seinen Wutausbruch. Doch er verschwand ohne weitere Zwischenfälle, und mit einem vereinten Seufzer der Erleichterung machte sich alles wieder an die

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