Die Brueder des Kreuzes
größer ist als jede Summe, die ich vielleicht nennen würde.«
»Viel größer. Die Größe einer solchen Kamelladung ist nur durch den Umfang der Pfeilbündel begrenzt. Nun stellt Euch eine Reihe dieser Bündel vor, zu zwanzig oder fünfundzwanzig miteinander verschnürt. Jedes Bündel hätte ungefähr den Durchmesser zweier geballter Fäuste.«
Er demonstrierte, was er meinte, indem er die geballten Fäuste mit den Daumen aneinanderlegte.
»Nun stellt Euch Transportbehälter aus kleinen Latten und Draht vor – Körbe so breit, wie ein Pfeil lang ist, und so lang, dass zehn Bündel nebeneinander und vier Bündel hintereinander hineinpassen. Ein jeder solcher Lattenkorb würde tausend Pfeile beinhalten, und es gehört keine große Bauherrenkunst dazu, auf jeder Seite eines Kamels sechs solc her Körbe zu befestigen. Das bedeutet zwölftausend P feile, die von einem einzigen Tier getragen werden.«
St. Clair zuckte schmunzelnd die Achseln und breitete die Handflächen aus.
»Eine interessante Idee, das muss ich Euch lassen«, sagte er leise. »Vorausgesetzt natürlich, dass man überhaupt zwölftausend Pfeile auftreiben könnte.«
»Auftreiben? Sir Henry, die Armee, die uns in Hattin besiegt hat, hat fast vollständig aus Bogenschützen bestanden – berittenen Bogenschützen, deren Pferde viel kleiner waren als die unseren, sehnig und leicht, schneller und viel beweglicher. Zwar hat jeder Bogenschütze seine eigenen Pfeile mitgebracht, mindestens drei oder vier Köcher voll. Doch Saladin hatte vorausgedacht. Monate bevor er seine Armee aus Ägypten und Syrien, aus Kleinasien und all den anderen Regionen unter seinem Befehl zusammenrief, hat er Pfeile in solchen Massen herstellen lassen, wie die Welt sie noch nicht gesehen hat, und sie an die verschiedenen Sammelpunkte der Armeen liefern lassen.«
»Und er hat sie alle auf ein Kamel geladen, ist es das, was Ihr sagen wollt?«
»Nein, Sir Henry, das ist es nicht. Das ergäbe ja nur zwölftausend Pfeile. Als sich Saladin gen Tiberias in Marsch gesetzt hat, umfasste sein Gepäcktross siebzig – siebzig – Kamele mit zusätzlichen Pfeilen. Ich weiß nicht, wie viele Pfeile sie insgesamt hatten, doch als das Gemetzel von Hattin vorüber war, haben die Moslems voreinander damit geprahlt, dass sie die ungläubigen Schweine in Igel verwandelt hätten. Noch nie habe ich etwas gesehen wie den Sturm der Pfeile, die an diesem Tag auf uns abgeschossen wurden.«
»Siebzig Kamelladungen – woher wisst Ihr das?«
»Ich war ihr Gefangener, und ich spreche ihre Sprache. Ich habe sie hinterher darüber reden hören und darüber, wie schwierig es war, die Pfeile nach der Schlacht wieder einzusammeln.«
Nun fühlte sich St. Clair unleugbar beklommen.
»Langsam jetzt. Ich bin mir nicht sicher, ob ich verstehe, was Ihr gerade gesagt habt. Wollt Ihr mir erzählen, dass die Christenarmee in Hattin aus der Ferne vernichtet worden ist, ohne dass es je zum Nahkampf gekommen ist? Wenn ja, so habe ich noch nie von einer solchen Schlacht gehört. Was ist denn mit den Heldentaten der einzelnen Ritter und dem Vorstoß der Templer?«
»Was für ein Vorstoß?«, höhnte Montdidier. »Es hat in Hattin keinen heldenhaften Vorstoß der Templer gegeben. Jeder Versuch, den Feind in einen Nahkampf zu verwickeln, war, als versuchte man, Rauch einzufangen. Sie waren uns zahlenmäßig weit überlegen und sind im Kreis um uns herumgeritten, und jedes Mal, wenn wir versucht haben, sie direkt anzugreifen, haben sich ihre Formationen aufgelöst und zerstreut. Sie haben sich in sichere Entfernung zurückgezogen, uns vorüberreiten lassen und uns dann von hinten von unseren eigenen Heerscharen abgeschnitten, sodass unsere Flanken ihren Bogenschützen ausgesetzt waren. Die Tempelritter haben die Nachhut gebildet. Nach mehreren Angriffsversuchen haben sie begriffen, was vor sich ging, und zu ihrer Ehrenrettung haben sie sich zurückgezogen, um das Lager des Königs auf dem Hügel über dem Schlachtfeld zu beschützen. Doch der Tross des Königs war durch eine Zeltstadt abgeschirmt, durch die die Tempelritter hindurchreiten mussten, und so wurden sie von hinten beschossen, während sie versuchten, sich ihren Weg zwischen den Zeltreihen und den Tausenden von Zeltschnüren hindurch zu bahnen, die ihre Pferde behinderten.«
Montdidier zuckte mit den Achseln.
»Es ist an diesem Tag keiner einzigen Kompanie unserer Armee gelungen, den Feind in einen Nahkampf zu verwickeln. Einige Einzelkämpfer haben es
Weitere Kostenlose Bücher