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Die Brueder des Kreuzes

Die Brueder des Kreuzes

Titel: Die Brueder des Kreuzes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Whyte
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dass er die einzige mahnende und tadelnde Stimme war, die aus Outremer zurückgekehrt ist.«
    »Ah, aber das ist ja das Besondere an ihm«, unterbrach ihn Richard. »Montdidier ist ein Mann mit Prinzipien, der keine Angst davor hat, die Wahrheit auszusprechen. Es interessiert ihn nicht, was andere über ihn denken. Was die anderen betrifft, die mit anderen Geschichten zurückgekehrt sind, so bin ich mir sicher, dass manche von ihnen nur darauf aus waren, der Bestrafung für ihr eigenes feiges Verhalten zu entgehen, während sich andere alle Mühe gegeben haben, ihre Taten und ihr Überleben in möglichst heldenhaftem Licht darzustellen. Und die Priester haben natürlich ihre eigenen Erklärungen für alles. Sie sähen uns am liebsten alle gelähmt vor Schuld, damit wir so schnell wie möglich nach Outremer zurückkehren, um Buße für unsere Sünden zu tun. Sie halten uns unsere Fehler und unsere Sünden vor, doch da sie Priester sind, können sie uns nicht sagen, wie man einen Krieg führt und gewinnt. Doch das ist nun alles unwichtig, denn jetzt haben wir die Wahrheit von einem Mann gehört, dem wir vertrauen können.«
    Er hielt kurz inne.
    »Also, was soll ich tun? Welche Veränderungen plant Ihr für unsere Formationen?«
    »Standfestigkeit und Einigkeit.«
    Wie immer, wenn sie allein waren, benutzte St. Clair Richard gegenüber keinen Ehrentitel.
    Richard blinzelte.
    »Das müsst Ihr mir erklären.«
    »Gern. Die Armee, die in Hattin vernichtet wurde, war viel zu leicht zu spalten. Deshalb war sie Saladin gegenüber so verletzlich. Ich bin der festen Überzeugung, dass die Disziplin der Franken untergraben wurde – zu viele Cliquen innerhalb der Armee, die alle gegeneinander gearbeitet haben. König Guidos Ritter waren eifersüchtig auf die Templer und die Hospitalritter. König Guido selbst, der sich seiner Schwäche bewusst war, hatte Angst, von de Ridefort und de Chatillon öffentlich gemaßregelt zu werden, was ja durchaus schon öfter passiert war. Graf Raimund von Tripoli und seine Anhänger haben die Stimme der Vernunft repräsentiert, doch sie wurden nicht beachtet, weil Raimund zuvor einmal einen Waffenstillstand mit Saladin geschlossen hatte. Und die einzelnen Ritter waren auf persönlichen Ruhm aus und gruppierten sich daher zu unorganisierten Reitertrupps, die den Feind anzugreifen versuchten und Saladin damit direkt in die Hände spielten – er hat sie provoziert, um ihren Vorstößen dann auszuweichen und sie aus der Entfernung auszulöschen. Hat Montdidier Euch von seinen Pfeilvorräten erzählt?«
    »Siebzig Kamelladungen, aye, das hat er. Ich weiß nicht, ob ich das glauben soll. Es ist so leicht, in dieser Hinsicht zu übertreiben.«
    St. Clair erhob mit einer Geste Einspruch.
    »Glaubt es ruhig, und zieht Eure Lehre daraus. Seit ich davon erfahren habe, geht es mir nicht mehr aus dem Kopf, und inzwischen bin ich überzeugt, dass der Hospitalritter recht hat. Es ist ein faszinierender Einblick in die Denkweise eines Feindes, dem wir selbst noch nicht begegnet sind – ein Hinweis darauf, wie vorausschauend dieser Sultan handelt. Er hat seine Vorgehensweise Monate, womöglich Jahre im Voraus geplant. Das verrät, dass er großes Vertrauen in sich selbst und seine Leute setzt, und es verrät mir auch, dass er uns Franken als Krieger keinerlei Respekt entgegenbringt. Er konnte all diese Vorbereitungen nur treffen, weil er begriffen hat, wie vorhersehbar sich die Franken verhalten würden, wenn es endlich zum Kampf kam. Und dann hat er sich diesen Faktor zunutze gemacht, um sie zu vernichten.«
    »Also müssen wir unberechenbar werden.«
    St. Clair legte den Kopf schief.
    »Nein, nicht unberechenbar, das wäre Selbstmord. Aber weniger berechenbar. Saladin und seine Emire – so nennt er, glaube ich, seine Generäle – müssen begreifen, dass wir uns nicht länger dazu verlocken lassen, seinen Formationen blindlings nachzujagen. Diesmal werden sie zu uns kommen müssen, und wenn sie es tun, werden wir auf sie vorbereitet sein.«
    Wieder nickte Richard, und sein Tonfall war leise und nachdenklich.
    »Das klingt vernünftig. Aber nun im Ernst, Henry, wie können wir denn auf solche Massen vorbereitet sein? Natürlich haben wir diesmal mehr Männer, als Guido und seine unglücklichen Anhänger auf dem Feld von Hattin sammeln konnten. Sie hatten kaum dreißigtausend Mann; unsere Armee dagegen wird dreihunderttausend zählen, wenn wir uns mit Barbarossa vereinen. Doch es ist natürlich ebenso

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