Die Buchmagier: Roman (German Edition)
Führung!«, sagte Lena, als sich von der andern Seite Schritte näherten.
»Warum?«, fragte ich.
»Weil sie weder eine Zauberin noch eine Vampirin ist und deine sozialen Kompetenzen nicht ganz so ausgefeilt wie deine Recherchefähigkeiten sind.«
Bevor ich mit einer passenden Antwort aufwarten konnte, wurde die Tür geöffnet. Eine ältere Frau in einem langärmeligen T-Shirt, das auf einen hiesigen Fünftausendmeterlauf hinwies, musterte uns durch die Fliegengittertür, während eine arthritisch aussehende Bulldogge versuchte, sich an ihren Knien vorbeizuschieben. »Ja?«
»Mrs. Hubert?«, fragte Lena.
Die Frau nickte.
»Mein Name ist Lena, und das hier ist mein Partner Isaac. Wir hatten gehofft, wir könnten ein paar Minuten Ihrer Zeit in Anspruch nehmen und uns mit Ihnen über Ihren Sohn unterhalten.«
Sie versteifte sich und presste die Lippen zu dünnen Strichen zusammen. Die Tür bewegte sich ganz leicht nach vorn, als würde sie gegen den Drang ankämpfen, sie uns ins Gesicht zu schlagen. »Wer sind Sie?«
»Privatdetektive. Wir arbeiten für die Stadt, um uns alte Vermissten- und andere ungelöste Fälle anzusehen.« Ihre Worte vereinten Mitgefühl und Professionalität, wie bei einer freundlichen Schullehrerin. »Wir haben einen Hinweis auf Ihren Sohn und hatten gehofft, Sie könnten uns helfen, ihn zu finden.«
Noch nie hatte ich jemanden so schnell erbleichen gesehen. Lena sprang mit ausgestreckten Armen nach vorn, aber Mrs. Hubert fing sich am Türrahmen.
»Es geht mir gut. Ich hatte nur nicht erwartet … bitte kommen Sie herein.«
Ich folgte Lena durch die Tür. Die Bulldogge versuchte, sich mit der Nase den Weg in meine Jacke zu bahnen, und sprang dann zurück, als hätte sie sich verbrannt. Ich vergewisserte mich, dass Mrs. Hubert gerade nicht hinschaute, und warf Klecks einen wütenden Blick zu. »Lass das!«, flüsterte ich streng.
Das Haus war die exakte Definition von unaufgeräumt . Pokale und Medaillen von Wettläufen füllten den Kaminsims. An den Wänden hingen Steppdecken, der Esszimmertisch war von einem Haufen halb fertiggestellter Steppquadrate bedeckt. Handgemachte Kerzen hingen wie pastellfarbene Wachs-Nunchakus von Haken an einer anderen Wand. Ein Einklebebuch und Zubehör lagen offen auf der Küchenarbeitsplatte. Dies war eine Frau, die sich zu beschäftigen wusste.
»Danke, Margaret«, sagte Lena. »Es tut mir leid, dass wir unangemeldet stören, und ich versichere Ihnen, dass wir Ihre Zeit nicht lange in Anspruch nehmen werden.«
»Ist schon in Ordnung. Und bitte, nennen Sie mich Margie.« Sie führte uns ins Wohnzimmer, wo ein halb beendetes Puzzle einen Couchtisch aus Holz in Anspruch nahm. »Möchten Sie etwas essen? Ich habe Apfelmusbrot.«
»Nein danke«, sagte Lena und ließ sich auf einem dick gepolsterten Zweiersofa nieder, während ich den Raum in Augenschein nahm.
Ein staubiger Fernseher stand in einem Hi-Fi-Schrank, der schon bessere Tage gesehen hatte: Das Holzfurnier begann abzublättern, ein paar Regalböden hingen durch. Ich betrachtete die gerahmten Fotografien, die sich auf den oberen Brettern zusammendrängten. Die meisten Bilder zeigten entweder einen älteren, korpulenten Mann oder einen Teenager mit struppigen braunen Haaren; von Charles Hubert sah ich weder ein Foto noch einen Zeitungsausschnitt.
Nein, eins gab es. Ich nahm eine silbergerahmte Aufnahme im Hintergrund zur Hand. Charles Hubert und der braunhaarige Jugendliche standen stolz vor einem Neunender; beide Kinder trugen braungestreifte Tarnanzüge und hielten Jagdgewehre in den Händen. »Der erste Bock?«, fragte ich.
Margie nickte. »Mike war so stolz! Wir aßen einen Monat lang Wildbret, weil er nicht wollte, dass wir irgendetwas weggaben. Und das Geweih hängt immer noch in seinem Zimmer.« Sie setzte sich und fing an, mit den Puzzleteilen herumzuhantieren. »Was möchten Sie gerne wissen?«
»Wann haben Sie Charles zum letzten Mal gesehen?«, fragte Lena.
Margie wirkte überrascht. Sie blinzelte und spielte mit einem Diamantring an ihrem rechten Ringfinger. »Ich bin mir nicht sicher. Es ist eine Weile her … Augenblick, denken Sie, er könnte etwas damit zu tun haben, was mit Mike passiert ist?«
Ich machte den Mund auf, aber ein schneller und stechender Blick von Lena brachte mich zum Schweigen, bevor ich etwas sagen konnte. »Wir sind uns nicht sicher«, sagte sie vorsichtig. »Wir versuchen, jeder Möglichkeit nachzugehen.«
»Charles und Mike gingen jedes Jahr mit
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