Die Buchmagier: Roman (German Edition)
spielen konnte. Unter der Platte brummte ein Minikühlschrank. Ein orangefarbenes Verlängerungskabel rankte sich durch ein sorgfältig abgedichtetes Loch in der Decke nach oben.
Ich sah im Kühlschrank nach und nahm eine von acht identischen blauen Thermosflaschen heraus, jede wie das Wildbret von oben mit einem Datum versehen. Ich schraubte den Deckel ab und schnupperte daran.
»Blut?«, riet Lena.
»Vermutlich Rotwildblut.« Ich trat an den Sarg und nahm den Zünder aus der Tasche. »Komm schon!«
Lena steckte einen Bokken in den Gürtel, hielt den anderen kampfbereit und riss den Deckel auf. Der schwarze Lauf einer abgesägten Schrotflinte ragte heraus. Aus dem Inneren des Sargs rief Ted: »Wer zum Teufel bist –?«
Lena schlug den Deckel wieder zu und nagelte den Lauf damit lang genug fest, um das Ende zu packen. Fluchend versuchte Ted, seine Waffe wieder in die Gewalt zu bekommen. Ich duckte mich und gab mir Mühe, aus der Schusslinie zu bleiben.
Lenas Lippen verzogen sich zu einem verkniffenen Lächeln. Sie korrigierte ihre Haltung, stieß das Gewehr nach unten und rammte den Kolben in Teds Körper. Sein Fluchen wurde schriller und heftiger, als Lena ihm die Schrotflinte entriss und auf die Tischtennisplatte legte.
»Seit wann schläfst du bewaffnet, Ted?«, erkundigte ich mich.
»Isaac?« Der Deckel ging auf, und sein Tonfall wurde misstrauisch. »Was führt dich denn hier raus?«
»Drei Vampire haben gestern versucht, mich auf der Arbeit umzubringen. Heute früh tauchte eine Wallacea in meinem Haus aus, um den Job zu beenden.«
»Eine was?«
»Insektenfresserin.«
»Und doch bist du hier.« Er schnaubte, setzte sich auf und klappte den Sargdeckel ganz hoch. Ein eigens an die Mauer geleimtes Gummipolster schützte den glänzenden Rand vor möglichen Kratzern. »Vielleicht hat der Nächste ja mehr Glück.«
Ted war ein kleiner, schlanker Mann mit wilden Augen, noch wilderen Haaren und einem Teint, der Schneewittchen hätte vor Neid erblassen lassen. Er trug nichts als eine schäbige graue Jogginghose, die den schlanken, knochigen Oberkörper unbedeckt ließ. Ein leuchtend roter Fleck auf seiner rechten Schulter zeigte an, wo Lena ihn mit dem Kolben erwischt hatte.
Ich warf ihm die Thermosflasche zu; er schraubte den Deckel ab und nahm einen langen Zug. Blutunterlaufene Augen huschten von mir zu Lena und zurück. Ich konnte die Spannung in den Muskelsträngen seines Halses und seiner Schultern sehen. Je länger wir hier schweigend warteten, desto nervöser würde er werden.
Er roch nach Tod und Old Spice, wobei Letzteres das Beste gewesen war, was er hatte finden können, um Ersteres zu überlagern. Wenn er sprach, zogen sich seine Lippen zurück und enthüllten blasses, zurückgewichenes Zahnfleisch und Lücken zwischen elfenbeinfarbenen Zähnen, wo einmal seine Reißzähne gewesen waren. »Wer ist die fette Mieze?«
»Oh, schön, Ted! Beleidige die Frau, die dir gerade das Gewehr weggenommen hat!« Ich hob die Zündkapsel, was mir ein tiefes Knurren eintrug. »Ihr Name ist Lena Greenwood. Sie ist diejenige, die dich – erneut – demütigen wird, wenn du uns irgendeinen Scheiß erzählst.«
»Jo, ich kenne den Namen. Baumfreundin, stimmt’s?« Er zeigte auf die Falltür. »Würde jemand von euch Jimmer hier runterholen, bevor die verdammte Pappnase springt und sich den Hals bricht?«
Der Beagle sah aus, als hätte er genau das jeden Moment vor. Ich konnte hören, wie seine Krallen am Rand des Lochs scharrten, während er am ganzen Körper zitternd zu uns herunterguckte. Er winselte zum Steinerweichen, als ich mich näherte. Sobald ich die Arme ausstreckte, stürzte er sich in die Luft. Um ein Haar hätte ich die Zündkapsel fallen lassen, doch es gelang mir, sowohl sie als auch den Hund zu fangen. Ich setzte ihn auf dem Boden ab, und er rannte auf den Sarg zu.
Ted tunkte einen Finger in die Thermosflasche, hielt ihn dann rot überzogen dem Hund hin, der sich auf die Hinterbeine stellte und daran zu lecken begann.
»Falls du dir selbst einen Vampirbeagle gemacht hast …«, setzte ich an.
»Nee, Jimmer mag bloß den Geschmack.« Er stellte die Thermosflasche in die Ecke des Sarges und streckte sich. Ohne hinzusehen, nahm er ein Plastikfeuerzeug und ein halb leeres Päckchen Zigaretten aus einer Tasche im blauen Satinfutter seiner Ruhestätte. »Nun, was ist notwendig, um euch loszuwerden, damit ich wieder schlafen gehen kann?«
»Für den Anfang eine saubere Blutprobe.« Während er
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