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Die Bücher und das Paradies

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Titel: Die Bücher und das Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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wird); zweitens,
    weil Adrienne in jener Nacht bereits »verklärt« ist durch
    ihre Berufung zum Leben als Nonne, während man im
    zweiten Kapitel erfahren hatte, daß sie erst nach dem Tanz
    auf der Wiese für den geistlichen Stand bestimmt worden
    war; drittens wird die Begegnung mit Adrienne – also der
    Tanz auf der Wiese – am Anfang des vierten Kapitels als
    ferne Kindheitserinnerung erwähnt, und wie sollten dann
    wohl Jerard und Sylvies Bruder in noch früherer Kindheit
    nachts auf einem kleinen Wagen durch den Wald gefahren
    sein, um sich eine sakrale Aufführung anzusehen?
    Hat also die Châalis-Episode zwischen dem ersten Tanz
    auf der Wiese und dem zweiten in Loisy stattgefunden?
    Dann müßte Jerard in der Zeit zwischen diesen beiden
    Ereignissen nochmals nach Loisy gefahren sein. Und
    warum heißt es dann im vierten Kapitel, daß Sylvie, als er
    nach Loisy kommt, ihm »noch schmollte«, als ob sie noch
    immer darunter litte, wie er sie damals auf der Wiese vor
    Adrienne gedemütigt hatte? Allerdings könnte dies auch
    ein weiterer Nebeleffekt sein. Der Text sagt keineswegs,
    daß Sylvie ihm wegen der alten Geschichte schmollt –
    allenfalls denkt das Jerard. Sowohl sie wie ihr Bruder
    werfen ihm vor, daß er sich »seit so langer Zeit« nicht hat
    sehen lassen. Wer sagt, daß damit die Zeit seit dem ersten
    Tanz gemeint war? Jerard hätte sehr gut in der
    Zwischenzeit einmal wiedergekommen sein und einen
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    Abend mit Sylvies Bruder verbracht haben können. Und
    doch ist diese Lösung nicht recht überzeugend, denn an
    jenem Abend macht Jerard ganz den Eindruck, als ob er
    Sylvie zum ersten Mal seit dem Tanz auf der Wiese
    wiedersieht, erscheint sie ihm doch verwandelt und noch
    bezaubernder als damals.
    Also könnte Jerard nach dem zweiten Tanz (in t1) nach
    Châalis gekommen sein. Aber wie soll das möglich sein,
    wenn dieser Tanz in Loisy, wie die meisten Kommen-
    tatoren annehmen, drei Jahre vor dem Abend nach dem
    Theater stattgefunden hatte und Jerard bei der Ankunft,
    wie gesagt, mit dem Vorwurf empfangen wurde, er habe
    sich so lange nicht sehen lassen? Auch hier sind wir
    vielleicht wieder einem Nebeleffekt aufgesessen. Der Text
    sagt keineswegs, daß der zweite Tanz (t1) drei Jahre vor
    dem Theaterabend war. Der Text sagt, daß Jerard sich
    beim Gedanken an Sylvie fragt (Kapitel 3, dritter Absatz):
    »Warum habe ich sie seit drei Jahren vergessen?« Er sagt
    nicht, daß drei Jahre seit dem Tanz in Loisy vergangen
    sind, sondern (siebter Absatz), daß Jerard seit drei Jahren
    dabei ist, die Erbschaft seines Onkels zu verschwenden,
    und man kann annehmen, daß er in diesen drei Jahren
    voller mondäner Vergnügungen Sylvie vergessen hat.
    Zwischen dem zweiten Tanz und dem Abend nach dem
    Theater könnten sehr viel mehr Jahre vergangen sein.
    Doch welche Hypothese man auch wählt, wie verhält
    sich die Episode von Châalis zu jenem Jahr 1832, in dem
    Adrienne stirbt? Es wäre sicher bewegend zu denken, daß
    Adrienne stirbt (oder im Sterben liegt oder schon
    gestorben ist), als Jerard sie in Châalis sieht (oder zu sehen meint).
    Diese scheinbar so trockenen Berechnungen sind es, die
    uns erklären können, warum wir Leser (samt Proust) uns
    gezwungen fühlen, immer wieder zurückzublättern, um zu
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    begreifen, wo wir uns gerade befinden . Sicher könnte in diesem Fall die Verwirrung auch diejenige von Labrunie
    sein. Aber wenn uns die aufdringlichen Biographen nicht
    so penetrant immer neue Krankenblätter des Ärmsten
    präsentierten, würden wir beim Lesen des Textes einfach
    sagen, daß wir deshalb nicht wissen, wo wir uns befinden,
    weil Nerval nicht wollte, daß wir es wissen. Nerval ist das
    Gegenteil eines Krimiautors, der seinen Text so kalkuliert
    mit Indizien übersät, daß wir uns beim Wiederlesen
    fragen, warum wir die Wahrheit nicht gleich erkannt
    haben. Nerval führt uns in die Irre und will, daß wir die
    Ab- und Reihenfolge oder, wie er es ausdrückt, die
    Ordnung der Zeiten verlieren.
    Eben deswegen sagt uns Jerard im ersten Kapitel, er
    habe sich nicht um »die Ordnung der Zeiten« ( l’ordre des
    temps ) kümmern können, und am Anfang des letzten, er
    habe versucht, die Chimären »ohne rechte Ordnung« ( sans
    beaucoup d’ordre ) festzuhalten. Im Universum von Sylvie , in dem die Zeit, wie zu Recht gesagt worden ist, ruckweise
    vorangeht, funktionieren die Uhren nicht.
    Ich habe andernorts dargelegt, und zwar genau am
    Beispiel der im dritten Kapitel

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