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Die Bücher und das Paradies

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Titel: Die Bücher und das Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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aus ihr zu ziehen.
    Großartig und bewegend ist hier die Unternehmung von
    Athanasius Kircher, der sich in den Kopf gesetzt hatte, die
    Geheimnisse der altägyptischen Schrift zu enträtseln. Er
    befand sich in einer privilegierten Lage, da er etwas vor
    sich hatte, was einem Emblem oder einem Wahlspruch
    glich, zu dem jedoch kein Alciato, Valeriano oder Ferro
    den Schlüssel liefern konnte. Alte und wohlbekannte
    Bilder bekommen, wenn sie nicht mehr von einer
    christlichen (oder heidnisch-antiken) Tradition, sondern
    von den altägyptischen Göttern selbst überliefert scheinen,
    einen anderen Sinn als den, den sie in den moralisierenden
    Bestiarien hatten. Die biblischen Verweise, die hier fehlen,
    189
    werden ersetzt durch Anspielungen auf eine unbe-
    stimmtere Religiosität voll dunkler Verheißungen. Die
    Hieroglyphen werden als initiatische Symbole gesehen.
    Sie sind für Kircher Symbole , weil sie auf einen
    verborgenen, unbekannten Inhalt mit vielen Bedeutungen
    und reich an Mysterien verweisen. Im Unterschied zur
    Konjektur, die von einem offenkundigen Symptom auf
    seine Ursache schließen läßt, ist das Symbol »ein
    bedeutsames Merkmal eines verborgeneren Geheimnisses,
    will sagen, die Natur des Symbols besteht darin, unsere
    Seele vermittels gewisser Ähnlichkeiten zum Verständnis
    von etwas zu führen, das sehr verschieden von den Dingen
    ist, die unseren äußeren Sinnen dargeboten werden; und
    seine Eigenheit besteht darin, unter dem Schleier eines
    dunklen Ausdrucks verhüllt oder verborgen zu sein […].
    Es ist nicht aus Worten gebildet, sondern drückt sich allein
    durch Merkmale, Charaktere, Figuren aus« ( Obeliscus
    Pamphilius , II, 5, S. 114 – 120).
    Sie sind initiatische Symbole, weil die Faszination der ägyptischen Kultur auf der Tatsache beruht, daß die
    Weisheit, die sie verspricht, im unergründlichen und
    unentschlüsselbaren Gehege eines Rätsels eingeschlossen
    ist, das sie der Neugier des profanen Volkes entzieht. Um
    es nochmals zu sagen, für Kircher symbolisiert die
    Hieroglyphenschrift etwas Heiliges (in diesem Sinne sind
    alle Hieroglyphen Symbole, was aber nicht umgekehrt
    gilt), und ihre Kraft beruht darin, daß sie den Profanen
    verschlossen ist.
    Wenn dem so wäre, hätte die barocke Welt ihre Schrift
    des Unergründlichen erfunden. Kircher will es so, und er
    delektiert sich daran mit glühendem Eifer in seiner
    Widmung an den Kaiser, die seinen Oedipus Aegyptiacus
    eröffnet:
    190
    Vor Deinen Augen, Allerheiligster Caesar, entfalte ich hier das vielgestaltige Reich des Hieroglyphischen Morpheus: ein Theater, gebildet aus einer immensen Vielfalt von Monstren, und zwar
    nicht nackten Monstren der Natur, sondern so reich geschmückt
    mit rätselhaften Chimären einer uralten Weisheit, daß ich dir
    anvertraue, ihr scharfsinniger Geist könnte zu unermeßlichen
    Wissensschätzen führen, nicht ohne Vorteil für die Literatur. Hier der Hund von Bubastis, der Saitische Löwe, der Mendesische
    Bock, das schreckliche Krokodil mit seinem grausig aufgerissenen Rachen, sie alle enthüllen die verborgenen Bedeutungen der
    Gottheit, der Natur, des Geistes der Antiken Weisheit, unter dem schattenhaften Spiel der Bilder. Hier die immerdurstigen
    Dipsoden, die bissigen Vipern, die listenreichen Ichneumone, die grausamen Flußpferde, die monströsen Drachen, die Kröte mit
    geblähtem Bauch, die Schnecke mit gewundener Muschel, die
    haarige Raupe und zahllose Ungeheuer, sie alle zeigen die
    wunderbar geordnete Kette, die sich in den Sakrarien der Natur entrollt. Es präsentieren sich hier tausend exotische Arten von Dingen in anderen und wieder anderen Bildern, verwandelt durch Metamorphose, konvertiert zu menschlichen Gestalten und wieder rückverwandelt zu sich selbst in wechselseitiger Verflechtung, die tierische Wildheit mit der Menschlichkeit und diese mit der
    kunstvollen Gottheit; und schließlich die Göttlichkeit selbst, die, um es mit Porphyrius zu sagen, das ganze Universum durchzieht
    und mit allen Wesen ein monströses Konnubium eingeht; worin
    sich nun, sublim ob des gescheckten Antlitzes, den hündischen
    Nacken erhebend, der Cynocephalus erhebt, dazu der schändliche Ibis und der Sperber, gehüllt in eine Maske mit Rammsporn […]
    und wo auch, verlockend mit jungfräulich reinem Äußern, unter
    der Hülle des Skarabäus der Stachel des Skorpions sich verbirgt.
    [… Dies und noch vieles andere, vier Seiten lang aufgezählt]
    betrachten wir in diesem vielförmigen

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