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Die Büro-Alltags-Bibel

Die Büro-Alltags-Bibel

Titel: Die Büro-Alltags-Bibel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jochen Mai
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Dummerweise fiel ihnen dazu keine Gegenstrategie ein. Aber Reagan. Er deklarierte die Not zur Tugend und nahm seinem Widersacher allen Wind aus den Segeln, indem er während des Duells ständig wiederholte: »Ich werde die Jugend und Unerfahrenheit meines Gegners nicht zum Wahlkampfthema machen.« Reagan wurde auch beim zweiten Mal Präsident.
Verharren. Verhandeln kommt von
handeln
, im Sinn von
etwas aktiv unternehmen
. Entsprechend katastrophal empfinden es die meisten, wenn Verhandlungen ins Stocken geraten. Stillstand baut einen enormen Verhandlungsdruck auf. Die Frage ist nur: für wen? Der russische Außenminister Andrei Gromyko nutzte die subtile Wirkung der Bewegungsstarre in den Siebzigerjahren geschickt. So berichtet sein damaliger U S-Kollege , der amerikanische Außenminister Henry Kissinger, in seinen Memoiren, Gromyko habe in einer der zahlreichen Verhandlungen während des Kalten Krieges drei Wochen lang stoisch dieselbe Forderung erhoben, ohne davon im Geringsten abzurücken. Am Ende habe der Westen entnervt eingelenkt – und zwar nur, weil er den toten Punkt der Verhandlungen nicht länger ertragen konnte.
Vollziehen. Die Mehrheit unerfahrener Verhandler versucht ihr Gegenüber zu überzeugen – durch Freundlichkeit und Argumente. Kann klappen, tut es aber selten. Wo Worte versagen, überzeugen allein Taten. Noch besser: ein Exempel. Das wusste auch der französische Präsident François Mitterand. Selbst auf wiederholte Mahnungen hin sahen sich die Japaner nicht in der Lage, die Handelsbarrieren gegen die Einfuhr französischer Waren zu lockern. Daraufhin ließ Mitterand Ende der Achtzigerjahre jeden vierten importierten japanischen Videorekorder inspizieren – durch sehr wenige Zöllner. Nach wenigen Wochen türmten sich die Rekorder in den Zolllagern, die Umsätze brachen ein, und die Japaner entdeckten sehr plötzlich einen Weg, französische Güter zu günstigeren Konditionen in ihr Land zu lassen.
Verringern. Ein hoher Preis lässt sich entweder durch Qualität rechtfertigen – oder durch Rarität. Es ist das Gesetz von Angebot und Nachfrage: Je seltener etwas ist, desto mehr wird es wert. Die Strategie der abnehmenden Optionen wendete einst auch die Sibylle von Cumae, Amalthea, an. Die Prophetin bot dem römischen König Tarquinius Priscus neun Papyrusrollen mit göttlichen Weissagungen zum Kauf an – für 300 Goldmünzen. Ein Vermögen. Der König lachte Amalthea aus und lehnte dankend ab. Da verbrannte sie drei Rollen und bot dem König die verbliebenen sechs zum gleichen Preis an. Tarquiniuslachte noch immer. Also verbrannte Amalthea weitere drei Rollen und bot ihm den Rest erneut für 300 Goldmünzen an. Diesmal lachte Tarquinius nicht mehr. Er kaufte.
Vernebeln. Die Macht der Demut wird in Verhandlungen oft unterschätzt. Erst recht, wenn sie von Mächtigen genutzt wird – wie etwa von Heinrich II. Seit er im Juli 1002 zum ostfränkischen König gekrönt worden war, wollte er in Bamberg ein eigenes Bistum gründen. Bischof Heinrich von Würzburg sah dadurch jedoch seine Macht bedroht und setzte alles daran, den Plan zu vereiteln. Bei der entscheidenden Kirchensynode 1007 warf sich Heinrich II. vor den versammelten Mitgliedern sofort auf den Boden, bis ihm der Erzbischof aufhalf, um die Versammlung eröffnen zu können. Jedes Mal, wenn seine Gegner in der Sache gute Argumente vorbrachten, warf sich Heinrich erneut zu Boden. Die Rhetorik der Widersacher verpuffte, die Leute sahen nur noch Heinrichs demütige Geste – und er bekam sein Bistum.
    Sie merken schon, Verhandlungstaktik ist wahrlich keine Geheimwissenschaft. Oft ist sie nur angewandtes Wissen über die menschliche Natur. Argumente können Sie sich dabei so gut wie immer schenken. Schließlich gibt es beim Verhandeln keinen neutralen Dritten, der darüber entscheidet, wer recht hat und wer nicht. Ob Sie überzeugen, entscheidet allein Ihr Gegenüber. Und wenn der- oder diejenige nicht will, hilft nur kreative Gesprächsführung. Was zulässig ist, schließlich kann der Unwille ja ebenfalls ein Manipulationsversuch sein.
    Hauptsache, Sie bleiben stets aktiv und behalten die Gesprächsführung. Wer reagiert, verliert, sagen Profis. Im Einzelfall kann das bedeuten, dass Sie stoisch immer wieder dieselbe Forderung stellen – egal, was der andere auch anbietet. Oder dass Sie gar nichts tun und schweigen. Die meisten Menschen suchen nun mal den kurzfristigen Triumph, das Gefühl, intelligent verhandelt zu haben. Schweigen Sie

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