Die Burg
im Taubenschlag. Und er hatte die neugierigen, teils auch belustigten Blicke der anderen durchaus bemerkt, aber es war ihm seltsamerweise egal.
Penny lachte ihn an und nahm seine Hand. «Sieh das doch mal so: Unter anderen Umständen hätten wir uns überhaupt nicht kennengelernt.»
Cox bekam weiche Knie und verflocht seine Finger mit ihren. «Auch wieder wahr. Ich habe keine Ahnung, wann ich heute Abend hier wegkomme, aber …»
«Hast du einen Motorradhelm?», unterbrach sie ihn mit leuchtenden Augen. «Oder kannst du dir einen besorgen?»
«Bestimmt …»
«Lass uns doch eine nächtliche Spritztour machen.»
«Schöne Idee.» Etwas anderes fiel ihm nicht ein.
«Nicht wahr? Für den Anfang …», sagte sie lachend, zog ihre Hand weg und griff nach dem Foto, das Cox neben den Aschenbecher gelegt hatte. «Was ist das?»
«Eine der Spuren, die wir gesichert haben. Ich zeige es im Moment überall herum, aber bisher kann mir keiner sagen, was das für ein Ding sein soll.»
Penny schaute sich die ovale Scheibe an. «Das ist ein Stück von der Pulverpfanne an einer Muskete.»
«Wie ernüchternd», brummte Cox. «Bis auf die Handys, die wir gefunden haben, war das hier bis jetzt das einzig Interessante.»
«Ja, ich hab’s gesehen, ziemlich viel unbrauchbarer Müll. Aber immerhin habt ihr einen Herrenschuh, eine hässliche Pelzkappe und einen Schal.»
«Spur 309, 67 und 128», bestätigte Cox, «und die Fotos kommen morgen in die Zeitung, damit sich die Besitzer bei uns melden.»
«Na ja», überlegte sie, «wenn ich der Attentäter wäre und meinen Schuh verloren hätte, würde ich mich ganz bestimmt nicht bei der Polizei melden.»
«Eben», antwortete Cox, «wenn wir eins von diesen Dingen niemandem zuordnen können, wird endlich eine echte Spur daraus.»
Er schaute auf die Uhr. «Schade, ich muss los.»
«Ich auch, ich will ins Lager. Vielleicht haben die Hunde inzwischen etwas erschnüffelt.»
Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste ihn auf den Mundwinkel. «Bis spätestens um Mitternacht.»
Toppe hatte ein unerfreuliches Telefonat mit dem Innenminister hinter sich. Inzwischen hatte wohl jeder Fernsehsender das Bombenattentat von Kleve wieder und wieder als Topmeldung gebracht, und die Sensationsblätter reservierten die erste Seite für den «Burgbomber». Für Düsseldorf war Toppe in seiner neuen Position ein unbeschriebenes Blatt, und so hatte der Minister sich gar nicht erst an den Landrat gewandt, was der normale Weg gewesen wäre, sondern Toppe direkt angerufen. Er hatte sich recht barsch nach ersten Ermittlungsergebnissen erkundigt und sich dann in Plattitüden über die berühmten achtundvierzig Stunden und die internationale Reputation der deutschen Polizei ergangen. Toppe hatte sich den Sermon nur kurz angehört und dann bestimmt und, wie er hoffte, freundlich darauf hingewiesen, dass sämtliche Ermittlungsergebnisse umgehend dem Landrat mitgeteilt wurden und dort jederzeit für den Minister abrufbereit waren. Seine Laune war immer noch auf dem Tiefpunkt, als Norbert van Appeldorn kam, und er seufzte innerlich, als er das blasse, angespannte Gesicht sah.
«Komm», sagte er, «ich brauche frische Luft. Lass uns ein paar Schritte gehen.»
Van Appeldorn schien das nicht weiter zu wundern. Er ging neben Toppe die Treppe hinunter vor die Tür und spulte wie ein Automat seinen Bericht herunter: «Sven Jäger hat alles eingeladen, was Rang und Namen hat, die gesamte Stadtspitze, den Landrat, alle. Er sagt, es sei ein ziemliches Durcheinander gewesen, er hätte Zusagen bekommen, die dann auf einmal doch noch Absagen wurden, von manchen hätte er gar nichts gehört. Zum Schluss war es ihm eigentlich nur noch wichtig, dass Pannier kommen und die Veranstaltung eröffnen würde und dass James Connor dabei war. Nach den sicheren Zusagen hatte er dann grob überschlagen, wie viele ungefähr da sein würden, und ein Podium für zwölf Personen bestellt.»
«Es waren aber nur neun … Er muss doch Unterlagen darüber haben, wen er eingeladen hat und wer letztendlich kommen wollte.»
«Er meinte, ich könnte gern die Zettelwirtschaft auf seinem Schreibtisch durchforsten, vielleicht würde ich ja etwas finden. Büroarbeit wäre nicht seine starke Seite.»
Toppe erinnerte sich, dass er vor einer Weile etwas über Sven Jäger in der Zeitung gelesen hatte. Er war erst vor ein paar Monaten Stadtmanager geworden und mit Anfang dreißig ungewöhnlich jung für einen solchen Posten. Die
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