Die Buße - Gardiner, M: Buße - The Liar's Lullaby
Wangen gelaufen. Ihr weißer Lippenstift war verschmiert. Als die Zigarettenglut ihre Haut erreichte, fuhr sie zusammen. Warf die Kippe auf den Boden, trat sie mit der nackten Ferse aus, saugte an ihrem Finger. »Sie haben sie erschossen. Was machen wir jetzt?«
»Du weißt genau, was wir jetzt machen.«
Auf dem Küchentisch lagen die Desert-Eagle-Pistole, die er auf einem Waffenmarkt in Yuma gekauft hatte, sowie die MAC-10-Maschinenpistole und die Glock, die er und Ivory der Frau eines Drogenhändlers abgenommen hatten, als sie ihr Haus bei El Paso ausraubten. Alles zuverlässige Waffen, alle ungemeldet, alle einsatzbereit.
Ivory trat ans Fenster und schob die Jalousie einen Spalt auf, um hinauszuspähen. Rissiger Beton, ein toter Yuccabaum und der Maschendrahtzaun. Wie lang noch, bis die Bullen aufkreuzten?
»Sie haben sie abgeknallt, Keyes.«
»Hör endlich auf damit.«
»Eine Kugel haben sie ihr in den Kopf gejagt. Und ich bin die Nächste.«
Keyes durchquerte das Zimmer und packte sie am Arm. »Halt den Mund, du bist hysterisch.«
Sie riss seine Hand von ihrem Arm. »Natürlich. Schließlich war sie meine Schwester.«
Sie stieß ihn weg und fuhr sich wieder mit den Fingern durchs Haar, während sie durch den Raum stapfte. »Was soll ich denn jetzt machen? Meine ganzen Unterlagen laufen auf ihren Namen. Führerschein, Arbeitspapiere, die verdammte Kabel-TV-Rechnung - überall steht Noel Michael Petty drauf.« Sie drehte sich um.
Keyes’ Augen blieben stumpf. Er wusste, dass sie in der Klemme saßen. Er konnte es nicht abstreiten.
»Die von Blue Eagle werden in den Nachrichten ihren Namen hören und sich fragen, warum es der gleiche ist wie bei einer von ihren Fahrerinnen, und dann werden sie mich anrufen, und wenn ich nicht antworte, holen sie die Polizei.«
In der Arbeit dachten alle, dass Ivory nur ein Spitzname war. Sie hatten keine Ahnung, dass die Identität der schneeweißen Fahrerin von ihrer durchgeknallten Schwester Noel Michael Petty stammte. Ihre Schwester, die sich nur für Countrymusik interessierte, ihre Schwester mit dem Geld aus dem Vergleich nach dem Arbeitsunfall, die ihr keinen Cent abgeben wollte, obwohl Ivory gerade aus dem Gefängnis entlassen worden war und dringend Kohle brauchte. Ihre Schwester Noel, die keinen Hauch von Gnade verdient hatte.
»Mein Gott, sie haben sie erschossen. Eine Kugel in den Kopf.«
»Und sie war eine von den Nachtwürmern. Eine Spinnerin.«
»Scheißegal, sie war meine Schwester!« Ivory fixierte ihn. »Setz dich mit Paine in Verbindung.«
Sie starrten sich an. Das war seine letzte Chance für einen Rückzieher.
»›Entweder wir bleiben zusammen, oder wir bleiben einzeln auf der Strecke‹ - Benjamin Franklin. Bist du dabei?«
Einen langen Moment verharrte er reglos. Dann schob er sich an ihr vorbei und setzte sich an den Computer. Er loggte sich in die Webmail-Site ein, die Paine für ihn eingerichtet hatte, und schrieb eine Nachricht.
»Willst du das Zitat benutzen?«, fragte sie.
»Nein, jemand anders, der es ernst gemeint hat.«
Ivory beugte sich über seine Schulter. Er tippte: Ist es nicht beängstigend, dass ein Einzelner so eine Verwüstung anrichten kann?
Timothy McVeigh. Sie glitt auf die Knie, krallte die Finger in Keyes’ Hemd und küsste ihn dankbar auf den Nacken. In ihrem Herzen brannte Entschlossenheit.
KAPITEL 45
Jo lief in der Lobby von Waymire & Fong auf und ab. Der Arbeitstag neigte sich dem Ende zu, und der Empfang war unbesetzt. Sie starrte auf die Drucke von Wyeth an der Wand. Freundlich plaudernd kamen zwei Anwälte vorbei, die ihr keine Beachtung schenkten.
Sie konnten es ihr auch nicht ansehen. Wahrscheinlich hinterließ es keine Spuren, wenn man vom Stabschef des Weißen Hauses telefonisch zur Schnecke gemacht wurde.
Sie drehte sich um und schritt an den Fenstern entlang. Versuchte zu überlegen, was sie Vienna Hicks erzählen sollte. Draußen auf dem Fensterbrett landete ein Spatz und legte die Flügel an.
Da flog die Tür hinter dem Schreibtisch der Empfangsdame auf, und Vienna fegte heraus. Ihr Gesicht war gerötet. Der golden-schwarze Schal um ihren Hals verlieh ihr das Aussehen eines riesigen, wilden Monarchfalters.
Sie breitete die Arme aus. »Kommen Sie, lassen Sie sich drücken.«
Bestürzt sträubte sich Jo, als sie an einen großen neonhellen Busen gezogen wurde.
»Mein Gott, es muss furchtbar gewesen sein.« Vienna hielt sie fest umschlungen. »Sie haben alles getan, Jo. Sie haben versucht,
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