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Die Champagnerkönigin

Die Champagnerkönigin

Titel: Die Champagnerkönigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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Kinder Fangen, und die Jugend warf sich verliebte, verschämte Blicke zu. Jung und Alt, Arm und Reich – in den nächsten Wochen würden sie alle Tag und Nacht arbeiten, Stunde um Stunde Trauben schneiden, in schweren Körben zu den Wagen schleppen, von dort abladen und in die Keltern tragen. Sie würden Wind und Wetter, den Schwielen an den Händen und den schmerzenden Schultern trotzen. Die Traubenernte sicherte ihrer aller Einkommen, und ihr unterwarf man jeden persönlichen Plan, jeden Komfort. Doch der heutige Tag gehörte noch dem Frohsinn und der Freiheit, und so war die lebensfrohe Stimmung so überschäumend wie der Champagner, den die Winzer für dieses Fest spendiert hatten.
    Auch Isabelle spürte tief drinnen eine lange vermisste Leichtigkeit. Arm in Arm mit Micheline spazierte sie auf einen der Tische zu, an dem Ghislaine die letzten Handgriffe an den Speisen verrichtete. Heute sollte alles nicht nur bestens schmecken, sondern auch perfekt aussehen!
    Morcheln in Champagnerrahmsoße, in Champagner pochierter Lachs, Schnecken, gegart in einem Champagner-Knoblauchsud, Kalbsbäckchen, verschiedene goldgebackene, würzige Tartes – fassungslos starrte Isabelle auf die unzähligen Töpfe, Terrinen und Platten, die sich auf der langen Tafel aneinanderreihten.
    »Wer hat das denn alles zubereitet?«
    »Na, wer wohl?«, sagte Ghislaine grinsend und klopfte auf einen der Stühle neben sich als Zeichen dafür, dass Isabelle Platz nehmen sollte. »Meine Köchinnen und ich, einige der Winzerfrauen haben auch geholfen. Wie wär’s, wenn du nächstes Jahr auch etwas beisteuerst? Andouillette zum Beispiel, die magst du doch besonders gern.«
    Isabelle stöhnte. »Erinnere mich bloß nicht daran.« Sie schaute misstrauisch in einen der Töpfe, in denen Würste in einem Sud schwammen. »Das sind doch hoffentlich keine?«
    »Wer weiß? Vielleicht sollte ich dir wirklich einmal wieder welche servieren.« Ghislaines Grinsen wurde noch breiter. »Wie schade, dass deine Freundinnen schon abreisen mussten, dieses Fest hätte ihnen bestimmt auch gefallen.«
    Ihnen und Leon, dachte Isabelle traurig. Im Geiste sah sie ihn neben sich sitzen und Reden schwingen. Ihr Leon – mit seinem Charme und Witz war er ein gern gesehener Gast auf jedem Fest gewesen.
    Bevor sie in Schwermut verfallen konnte, wurde sie von Micheline, die ihr gegenübersaß, angetippt. Mit einem mütterlichen Lächeln zeigte die ältere Freundin auf eine Platte mit kaltem Braten, der mit pochierten Artischockenherzen garniert worden war. »Der ist von mir – mögen Sie?«
    »Sehr gern«, erwiderte Isabelle dankbar. Aus dem Augenwinkel bemerkte sie, dass sich Daniel zwischen Ghislaine und ihr niederließ. Die Schneiderin Blanche war nicht mehr an seiner Seite. Gut, so würde sie sich endlich bei ihm bedanken können, wofür auch immer. Erst jetzt sah sie, dass Daniel nicht allein gekommen war – er hatte Raymond Dupont dabei.
    Schüchtern lächelte Isabelle den Champagnerhändler aus Reims an. Auch bei ihm galt es, sich zu bedanken, für die vielen aufmunternden Karten, die er ihr in den letzten Monaten gesandt und die sie bis vor kurzem ignoriert hatte. Und natürlich für den Champagner, den er ihr geschickt hatte.
    »Du auch, Daniel?«, fragte Micheline und wollte ein Gericht über den Tisch hinweg an ihn weiterreichen. Mit leicht zitternder Hand nahm Isabelle ihrer Nachbarin die Fleischplatte ab. »Darf ich Ihnen davon etwas auftun?«
    »Ihr beide seid immer noch nicht per Du?«, rief Ghislaine im selben Moment entsetzt. »Höchste Zeit, das zu ändern. Daniel, darf ich vorstellen – meine Freundin Isabelle. Isabelle, darf ich vorstellen, mein Bruder Daniel«, sagte sie und untermalte ihre Worte gestenreich mit beiden Händen.
    Isabelle biss sich auf die Unterlippe. »Von mir aus … Isabelle!« Sie reichte Daniel die Hand.
    »Daniel. Solange du mich nicht wieder einen Saboteur schimpfst …«
    Isabelle verdrehte die Augen. »Erst Ghislaine mit ihren andou­illette , nun du – muss mich heute jeder an meine alten Sünden erinnern?«
    Sein Händedruck war fest, und das Lächeln, das er ihr schenkte, warm. Ob er sie nun küssen würde? Sie hielt den Atem an. Wie kannst du nur an so etwas denken?, schimpfte sie im selben Moment stumm mit sich.
    »Daniel, was meinst du, bekommen wir dieses Jahr einen Traumjahrgang, wie wir ihn 1889 hatten?«, wechselte nun Micheline das Thema. »Oder müssen wir uns wieder mit einer mittelmäßigen Ernte begnügen wie in

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