Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Chaosschwestern legen los - Mueller, D: Chaosschwestern legen los

Titel: Die Chaosschwestern legen los - Mueller, D: Chaosschwestern legen los Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dagmar H. Mueller
Vom Netzwerk:
Moment bin ich mit ganz anderen Dingen beschäftigt. »Mach dir keine Sorgen, das kriege ich schon alleine hin.«
    »Sicher?«

    »Klar.«
    Ich werde mir doch den Tag nicht versauen lassen, bloß weil meine Freunde mein T-Shirt nicht schön finden!
    Nach dem Essen hocke ich mich allein nach draußen in den Garten auf den Rasen und starre die Obstbäume hinten am Zaun an und denke so ein bisschen. Oben im Haus höre ich Kenny mit Bonbon-Bentje rumoren.
    Bonbon-Bentje, den Namen hat Kennys Freundin von Livi, und das war mal eine echt gute Idee von ihr. Weil Bonbon-Bentje nämlich immer in Bonbonfarben rumläuft.
    Ein Glück toben die Kleinen nicht hier unten im Garten rum. Ich brauche dringend einen Moment für mich.
    Vor einem der Apfelbäume steht Aurora und pickt und pickt, als gäbe es auf der Welt nichts Wichtigeres zu tun. Ganz schön beruhigend so ein Huhn, finde ich.
    Ich bleibe ganz still sitzen und gucke nur immer weiter. Und Aurora pickt und geht zwei Schritte und pickt und geht zwei Schritte und kommt so ganz langsam Stück für Stück näher auf mich zu.
    Nun ist sie kaum noch einen Meter entfernt. Ich rühre mich immer noch nicht. Aurora hört auf zu picken und sieht mich aus ihren schwarzen Hühneraugen prüfend an. Dann legt sie den Kopf schief.
    Hm, entweder sie hat was im Ohr oder sie denkt nach. Haben Hühner Ohren? Ich kann keine sehen.
    »Na Aurora?«, flüstere ich, um sie nicht zu erschrecken. »Wie geht’s dir so?« Und ich merke dabei, dass es mir immer noch nicht besonders gut geht.
    »Toooook-tock-tock«, macht Aurora voller Mitgefühl. Ach, Hühner sind doch irgendwie nette Tiere.
    »Tock-tock«, sagt Aurora dann etwas ernsthafter und rückt ihren Kopf wieder hoch und sehr gerade.

    Das ermutigt mich, ein bisschen mit ihr zu plaudern.
    »Weißt du, Aurora«, sage ich und hebe meinen Kopf ebenfalls hoch, um sie anzuschauen, »ich weiß nicht, ob dir das schon aufgefallen ist, aber es ist wirklich ganz merkwürdig. Manchmal findet man bestimmte Dinge schön, sogar sehr schön. Doch in dem Moment, wo andere sie hässlich finden, da scheinen sie tatsächlich hässlich zu werden. Hast du das schon mal erlebt?«
    Ich mache eine Pause, um über das, was ich eben gesagt habe, nachzudenken.
    Aurora legt ihren Kopf wieder schief, erst auf die eine Seite, dann auf die andere, und sieht so aus, als könne sie keinen richtigen Sinn darin entdecken.
    »Also ich meine«, fahre ich fort, »ist etwas hässlich oder schlecht, weil andere es hässlich oder schlecht finden? Oder ist es hässlich oder schlecht, weil es tatsächlich hässlich oder schlecht IST und du das nur vorher nicht bemerkt hast? Kapierst du, was ich meine?«
    Aurora scheint doch nicht so intelligent zu sein, wie ich gehofft hatte. Sie wird immer ratloser und dreht und reckt und wendet ihren Hals immer schneller. Und nun flattert sie auch noch mit den Flügeln. Doch nach einer Weile beruhigt sie sich wieder.
    »Toooock«, macht sie noch einmal. Dann sieht sie mich wieder aufmerksam an.
    Soll ich jetzt weiterreden? Ich meine, ich möchte sie nicht überfordern.
    »Also die Sache ist die, Aurora. Was genau ist es, das etwas gut oder hübsch macht? Und was genau ist es, das es schlecht oder hässlich macht?« Ich sehe Aurora durchdringend und fast verschwörerisch an und flüstere jetzt. »Ich meine, IST mein Shirt WIRKLICH hässlich und ich
bin nur blind? Oder ist es tatsächlich wunderschön und die anderen haben bloß ein Rad ab?«
    »Tock-tock-tock!«, meint Aurora und verschluckt sich fast vor Aufregung. Deshalb muss sie gleich noch mal ihren Kopf hektisch hierhin und dorthin recken.
    »DU findest mein Shirt hübsch?«
    »Tock!«, macht Aurora und hält ihren Kopf nun wieder ganz ruhig.
    »Tooock!«, macht sie noch einmal sehr laut und sehr sicher.
    Ich muss lächeln und irgendwie habe ich Aurora in diesem Moment richtig lieb. Das Lächeln kann man kaum sehen, aber es sitzt ganz tief und warm in meinem Bauch.
    »Danke, Aurora.« Ich stehe auf und streiche mein meerwasserfarbenes Designer-Shirt glatt. »Danke, ich finde es auch wunderschön. Wirklich. Und Geschmack ist eben verschieden, nicht? Davon darf man sich nicht beeinflussen lassen. Auch wenn das nicht immer einfach ist.«
    »Tock«, stimmt mir Aurora zu.
    Und dann widmet sie sich wieder dem regelmäßigen Aufpicken von Würmern, Fliegen oder irgendwelchen Körnern. Denn als Huhn sollte man das Fressen natürlich nie vergessen. Und wenn es noch so viele Aufregungen oder

Weitere Kostenlose Bücher