Die Chroniken des Paladins 01. Tharador - Bellem, S: Chroniken des Paladins 1 Tharador
runden Turm bringen und dann zwei Wachen vor der Tür stehen lassen. Hast du mich verstanden?« Bei den letzten Worten beugte er sich bedrohlich über den Ork, den er um gut einen Kopf überragte. Wantoi war einer der ersten Häuptlinge gewesen, die Ul‘goth unterworfen und unter sein Banner gezwungen hatte. Der stämmige Häuptling nickte widerwillig und winkte sogleich zwei seiner Orkkrieger herbei. Kurze Zeit später waren sie mit Xandor unterwegs zum Arkanum.
Auf Ul‘goths Stirn zeichnete sich bereits seit dem Eintreffen des Magiers jene bezeichnende tiefe Falte ab. Er war alles andere als glücklich über die Entwicklung der Ereignisse. Was war nur geschehen, dass ihm so plötzlich alles aus der Hand genommen wurde?
Ursprünglich hatte er diesen Krieg gar nicht anzetteln wollen, besann er sich. Sein eigentlicher Plan hatte darin bestanden, sein Volk zu einen, die inneren Streitigkeiten beizulegen und dann mit den Menschen zu verhandeln. Ul‘goth war ein ungewöhnlicher Ork und tatsächlich um einiges gebildeter als viele Menschen. Er wollte sein Volk lediglich in ein fruchtbareres Land führen und zu seinem früheren Stammesleben nach alter Tradition der Orks verhelfen.
Dies war der große Plan gewesen, den er und Gallak verfolgt hatten. Der Plan, von dem er Grunduul erzählt hatte. Der alte Schamane hatte ihm häufig mit weisem Rat beigestanden. In letzter Zeit allerdings schien er auffallend selten zu sprechen. Er verbarg sich mit den anderen Schamanen in einem großen Stall, den niemand unangemeldet betreten durfte. Früher hatte Grunduul ihn stets beraten und seine Vorstellung von einer besseren Zukunft geteilt.
Und was war nun daraus geworden? Ul‘goth stand mitten in einer vom Krieg gezeichneten Stadt mit Rebellen im Untergrund und würde schon sehr bald von mächtigen Feinden herausgefordert werden.
Die Rebellen bereiteten ihm weniger Sorgen, denn die Ausgänge der Kanäle wurden mittlerweile allesamt streng bewacht. Allerdings bescherte ihm die Aussicht auf den kommenden Krieg mit den südlichen Reichen herbes Kopfzerbrechen. Mit der neuerlichen Hilfe dieses Hexers schien ein weiterer Sieg durchaus möglich, doch zu welchem Preis? Der dämonische Greis würde zweifellos ungeheuerliche Gegenleistungen fordern.
Ul‘goth erschauderte beim Gedanken an ihre erste Begegnung vergangene Nacht. Dieser mickrige Mensch hätte ihn ohne weiteres zu töten vermocht. Sein Leben lag in der Hand dieses knorrigen alten Mannes.
Der Orkhäuptling stieß ein tiefes Seufzen über seine missliche Lage aus.
»Was ist, großer Bezwinger?«, fragte Gallak, der neben ihm stand und ihn schon längere Zeit beobachtete.
»Nichts«, entgegnete Ul‘goth barsch und wischte seine dunklen Gedanken mit einer Handbewegung beiseite. »Die Menschen aus dem Süden werden uns bald angreifen, Gallak. Ich spüre es. Vielleicht nicht mehr vor diesem Winter, aber im folgenden Frühjahr bestimmt«, meinte er in sorgenvollem Tonfall.
»Dann werden wir sie zerschmettern!«, stieß Gallak zuversichtlich hervor.
»Ich muss darüber nachdenken«, lautete Ul‘goths einzige Erwiderung. Damit drehte er sich um und begab sich in sein Schlafgemach, wo er sich auf den Fellhaufen fallen ließ und das Kinn schwer in die Hand stützte.
Wie hatte er nur in diese Lage geraten können?
* * *
Xandor überraschte der Zustand der Stadt. Die Orks ließen die Gebäude größtenteils instand. Tatsächlich drängte sich dem Magier beinah der Eindruck auf, als versuchten sie, ein menschliches Leben zu führen. Er wusste wenig über das Volk der Orks, doch was er hier sah, ließ diese grobschlächtigen Krieger in einem völlig anderen Licht erscheinen. Waren sie am Ende gar kein so durchtriebenes, böses Volk, wie man sich landläufig erzählte? Wenn dem so war, konnte er sie dafür noch weniger leiden, als er es sowieso schon tat.
Er verdrängte die grünen Ungetüme aus den Gedanken und widmete sich wichtigeren Belangen. Er musste einen Hinweis auf Tharador Suldras finden – einen Hinweis darauf, weshalb Gordan alles für ihn aufs Spiel gesetzt hatte. Xandor hegte einen beunruhigenden Verdacht, der sich hoffentlich nicht bestätigen würde.
Mit schnellen Schritten ging er in die große Bibliothek, um dort umfangreiche Nachforschungen anzustellen.
Er wurde von Grunduul aufgehalten. Der alte Schamane war ohne Vorwarnung aufgetaucht und versperrte ihm den Weg.
»Geh zur Seite, du Wurm«, forderte Xandor ihn ohne Umschweife auf. Er hatte Grunduul
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