Die Chroniken des Paladins 01. Tharador - Bellem, S: Chroniken des Paladins 1 Tharador
bekunde«, sagte Dergeron und bemühte sich, Mitgefühl in seine Stimme zu legen. Das Los des Grafen kümmerte ihn nicht im Geringsten, doch er spürte, dass Mitleid der Schlüssel zur Unterstützung des Adeligen war.
Der Graf zeigte sich gerührt und plötzlich wesentlich redseliger: »Sie war schwer krank. Ich ließ nach einem Heiltrank schicken. Ein mächtiges Gebräu, wie es nur die meisterlichsten Magier zu mischen verstehen. All mein Gold habe ich dafür geopfert, doch der Trank kam zu spät, sie war bereits tot.«
»Es betrübt mich, das zu hören.«
»Ich danke Euch für Eure Anteilnahme«, sagte der Graf und schien die Erinnerungen wieder sorgfältig in sich zu verschließen. »Ich werde die Beschreibung dieses Tharador Suldras an meine Soldaten weiterreichen. Allerdings kann ich Euch nicht versprechen, dass wir ihn finden. Totenfels scheint mir als Ort für jemanden, der sich verstecken möchte, etwas zu klein zu sein. Ich gebe es nur ungern zu, aber meine Grafschaft ist bei Weitem nicht die größte. Möglicherweise ist er nach Berenth weitergezogen.«
»Das Königreich am Berentir«, fügte Dergeron hinzu. »Surdan unterhält ausgedehnte Handelsbeziehungen mit Berenth.«
»In Berenth treibt sich vielerlei Gesindel herum. Landstreicher und Bettler, Mörder und Diebe. Dort kann er leicht untertauchen und der Obrigkeit auf lange Zeit entgehen.« Der Graf richtete sich an seinen Untergebenen, der noch immer die Tür bewachte: »Salvas, wann verlässt die nächste Handelskarawane Totenfels?«
»In zwei Tagen, Herr«, antwortete der Soldat tonlos.
Dergeron schätzte die offene Hilfe des Grafen, verstand aber auch die Doppeldeutigkeit der Geste. Er war in Totenfels nicht willkommen. Für den Grafen bedeutete seine Anwesenheit Ärger, den er unter allen Umständen vermeiden wollte. Dennoch bedankte Dergeron sich förmlich, und der Graf versicherte ihm, einen Boten zu den Händlern zu schicken, der sie anweisen würde, einen Gast des Grafen nach Berenth zu bringen.
* * *
»Schon wieder leer?«, schrie Crezik seinem Späher ins Gesicht, wobei einige Reste des Mittagessens den Weg aus Creziks Mund fanden.
»Ich kann nichts dafür!«, protestierte der Späher lautstark, zog jedoch sofort den Kopf ein, als er merkte, wie sehr er den Großen Goblin verärgerte. »Die haben das Dorf genau so schnell verlassen wie die davor auch«, fügte er eilig hinzu, um das Gespräch von sich abzulenken.
Crezik schickte ihn mit einer wegwerfenden Handbewegung fort, um seine Gedanken ordnen zu können.
Das war bereits das dritte Dorf, durch das sie marschiert waren, ohne auch nur auf einen einzigen Menschen zu treffen. Immer waren die Bewohner verschwunden, hatten alles stehen und liegen gelassen und waren geflohen.
Der Goblin erinnerte sich dunkel daran, dass Ul‘goth einige Flüchtlinge aus der großen Stadt erwähnt hatte. Sie waren durch die Kanalisation entkommen. Diese Feiglinge hatten sich der Abschlachtung entzogen, offenbar sofort den Weg nach Süden eingeschlagen und jeden an der Strasse nach Ma‘vol gewarnt.
Der Goblin war stolz darauf, eine so kluge Schlussfolgerung gezogen zu haben. Deshalb war er der Große Goblin, denn er war nicht nur der stärkste, sondern auch der klügste von ihnen.
Allerdings würde diese Schlussfolgerung auch bedeuten, dass die Menschen im Süden nicht nur gewarnt waren, sondern sich auf ihren Angriff vorbereiten konnten. Vielleicht hatten sich die Menschen schon in ihrer Stadt verschanzt. Der Große Goblin geriet ins Grübeln. Das Unterfangen schien gar nicht mehr so einfach –er würde sich etwas einfallen lassen müssen.
Crezik blickte sich um. Es wimmelte in der Gegend nur so von kleinen Wäldchen.
»Krotz! Komm her! Ich habe eine Idee!«, schrie er in die Menge, und ein kräftiger Goblin mit verbeultem Eisenhelm eilte zu ihm, während unter den Kämpfern der Befehl zum Halten gegeben wurde.
Kurze Zeit später hatten sie ein Lager errichtet und begonnen, einige Bäume zu fällen.
* * *
Angespannt saß sie auf dem Bett ihres kleines Zimmers und wartete darauf, dass die Sonne endlich hinter dem Horizont verschwand und die schützende Dunkelheit der Nacht sich über der Stadt ausbreitete. Mit einer Mischung aus Trauer und Vorfreude blickte sie sich in dem Raum um, der lange Jahre ihr Zuhause dargestellt hatte. Am nächsten Morgen würde sie Totenfels hinter sich lassen und ein neues Leben beginnen. Und nach dieser Nacht würde sie auch das nötige Gold dafür
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