Die Chroniken von Araluen - Die Belagerung: Band 6 (German Edition)
war, den Schild erneut mit beiden Händen zu packen, um sich damit zu schützen. Buttle ging mit aller Kraft auf Horace los, stieß und schlug und suchte nach einer Schwäche in seiner Abwehr.
In einer solchen Lage hätten die meisten wohl aufgegeben und wären geflohen. Doch nicht Horace. Er weigerte sich, eine Niederlage hinzunehmen. Das war eine der Eigenschaften, die ihn zu dem großen Krieger machten, der er war.
Während er Buttles Schwerthiebe parierte, suchte er fieberhaft nach einer Möglichkeit, den Gegner zu besiegen.
Wenn er den Schild wieder über den linken Arm ziehen und seinen Dolch greifen könnte … Aber Buttle würde ihm nie die Zeit lassen, die er dafür benötigte.
Er überlegte, ob er den Schild vielleicht nach Buttle werfen sollte, wie eine riesige Wurfscheibe, um dann mit dem Dolch nachzusetzen, wenn sein Gegner dem Schild auswich. Aber Buttle war schnell und ein solcher Versuch war wohl der letzte Ausweg.
Horace wehrte noch zwei weitere Schwertstreiche ab. Ja, Buttle war schnell, aber er war kein besonders geübter oder einfallsreicher Schwertkämpfer. Dennoch wusste Horace, dass er keinen Fehler machen durfte, denn das würde Buttle sofort ausnutzen.
Das Schwert traf auf den Rand des Schildes und hing dort für ein paar Sekunden fest, während jeder der beiden Gegner versuchte, den Griff des anderen zu brechen. Schließlich rutschte das Schwert heraus und Buttle stolperte mit erhobener Waffe.
Horace kniff die Augen zusammen. Wenn das wieder passierte, könnte er vielleicht eine Sekunde dagegenhalten und dann den Schild loslassen. Wenn Buttle zurückstolperte, während der Schild die Schwertklinge niederdrückte, hätte Horace die Gelegenheit, mit seinem Dolch nachzusetzen. Er umkreiste Buttle gebückt und wartete auf den nächsten Hieb. Jetzt, da er einen Plan hatte, überkam ihn eine seltsame Gelassenheit. Er
erinnerte sich, dass er vor Jahren ebenso empfunden hatte, ehe er vor Morgaraths Schlachtross gesprungen war, damit dieses den Kriegsherrn abwarf.
Buttle sah den ruhigen Blick seines Gegners und bekam es mit der Angst zu tun. Ein Mann, der nur mit einem Schild bewaffnet war, sollte nicht so viel Selbstvertrauen ausstrahlen, wenn er einem Schwertkämpfer gegenüberstand. Irgendwie ahnte er, dass Horace ein Ende dieses Kampfes plante – ein Ende, wo Buttle geschlagen wäre. Wütend täuschte er einen Schlag an, doch Horace wehrte ihn gelassen ab.
Buttle verzog das Gesicht. Anders als Horace fiel ihm nichts weiter ein, als einfach draufloszuschlagen und zu versuchen, den jungen Ritter mit einem Schwerthieb zu töten. Doch bislang war er noch nicht dazu gekommen, einen Treffer anzubringen. Und mittlerweile hatte Buttle auch den schweren Dolch gesehen, der an Horace’ rechter Seite hing.
Die beiden sahen einander an und umkreisten sich.
Plötzlich änderte sich die Lage. Aus den Augenwinkeln sah Horace eine hünenhafte Gestalt über eine der Sturmleitern steigen. Trobar stand einen Moment lang da und sah sich um. Dann entdeckte er Buttle und kam mit einer riesigen Holzkeule auf ihn zu. Ohne zu zögern, schwang er die Keule in großem Bogen und griff den Mann an, der versucht hatte, Shadow zu töten. Buttle sprang zurück, duckte sich und wich zur Seite aus, um der Keule zu entgehen. Trobar verfolgte ihn und trieb ihn vor sich her. Die Keule donnerte voller
Wucht gegen die Mauern und auf den Holzboden. Schon splitterte ein ganzes Stück dabei ab.
Und doch reichten der Mut und der Wunsch nach Rache nicht aus. Trotz seiner beeindruckenden Körpergröße war Trobar völlig ungeübt, was Waffen und Kampf betraf. Seine mächtigen, aber zugleich unbeholfenen Schläge waren nur der Ausdruck seiner Wut. Allmählich würde seine Aufmerksamkeit nachlassen und er würde angreifbarer werden.
Horace wusste, wie der Kampf enden würde. Er rannte los, um sein eigenes Schwert zu holen – während des Kampfes mit Buttle hatte er sich noch weiter davon entfernt. Gerade als seine Finger sich um den vertrauten Griff schlossen, hörte er hinter sich einen Schmerzensschrei. Er drehte sich um und sah, wie Trobar die Keule aus der Hand fiel, während Buttle das Schwert zurückzog, mit dem er Trobar eine Wunde an der Seite zugefügt hatte.
Trobar griff nach der schmerzenden Stelle und spürte das Blut über seine Finger laufen. Nur seine unglaubliche Kraft ließ ihn noch aufrecht stehen. Verständnislos starrte er an sich hinab, dahin, wo das Schwert ihn getroffen hatte. So muss Shadow sich
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