Die Chronistin
geneigt stimmen, wenn sie nur richtig vorgehe. Freilich sei mehr vonnöten als Kohle, Gerste, Salz und Hufnägel, wie sie die einfachen Bauernmädchen dem Teufel hinstreuten, auf dass er ihnen den Liebsten zuführte. Geschickter müsse man vorgehen – dann würde es den Mann schon anlocken wie das grelle Licht die Mücken und Motten.
»Ich wusste ja, dass Théodore mein Bruder ist«, fuhr Cathérine fort, »nie könnte er mein Mann und Liebster sein. Aber ich dachte, wenn ich ihn locke, so muss er kommen... und wenn er erst hier ist – was zählte dann der Grund dafür? Ich brauche keinen Gatten – ich dachte, ich könnte als seine unschuldige Schwester bei ihm leben, nicht das Bett mit ihm teilen, aber ihm ein behagliches Leben bieten. Ein Leben, für das Ihr niemals einen Sinn hattet. Oh, es war so kalt in unserem Haus! Aber ich habe es ihm warm und wohlig bereitet – und so sollte er wieder dorthin zurückkehren.«
Aufschluchzend benannte sie nun ihre Methoden.
Zuerst hatte sie Tränke aus Eisenkraut gebraut – das einfachste und weitläufigste Mittel. Später hatte sie nach dem Messgang die Kommunion im Mund behalten – denn wenn man jene nicht schluckte, jedoch den Namen des Liebsten flüstert, während sie noch im Gaumen klebte, so überkäme diesen die Gier, das solcherart zaubernde Mägdelein zu küssen.
»Und darum bist du so oft zur Kirche gerannt?«, warf Sophia ein und verstand nun erst die Anwandlungen vermeintlicher Frömmigkeit.
»Oh, es hat dies alles nichts gewirkt!«, rief Cathérine, ohne zu antworten. »Wie sollte ein Liebeszauber bei Théodore fruchten, wo Ihr ihn so kalt gemacht habt? Dass es schwer werden würde, hatte mir auch Isidora gesagt. Sie hat mir eine schauerliche Mär erzählt, von einem Novizen, den der Teufel küsst, welcher kalkweiß ist im Gesicht, schwarze Augen hat und eisige Lippen. Ob dieser Berührung schwinden dem Novizen alle Erinnerungen an den Glauben... und genau so habt Ihr Théodore alle Wärme, alle Liebe, alles Gute ausgetrieben!«
Dummes Weib!, ging es Sophia erneut durch den Kopf, und kurz war sie geneigt, die Tochter wie vorhin zu packen, an den Schultern zu rütteln, alle Dummheit aus ihr herauszuprügeln.
Es war doch keine Zeit für ihr wüstes Geplapper, wenn Théodore aberwitzige Pläne spann und Paris verlassen wollte. Hatte Cathérine denn keinen Sinn für die Eile, die nun geboten war?
»Isidora hat mir also vorgeworfen, dass ich der kalte Teufel wäre – und doch hast du dir von ihr raten lassen, Théodore gerade mit dessen Hilfe zu bestechen?«, versuchte sie die Tochter mit Hohn zu bremsen. »Hast du dir stattdessen nicht einfach vorstellen wollen, dass dieses alte Weib bösartig und rachsüchtig war?«
Cathérine gab keine Antwort, sondern fuhr aufgeregt fort.
Kleine Figuren aus Lehm habe sie geformt und ins Feuer gehalten, auf dass Théodore entflammen möge, habe schließlich die Haare und Nägel und das Blut eines Toten mit Speichel und Wachs vermengt und jene dem Teufel geschenkt, weil ihm solcherart die Seele des Gehenkten zufallen möge und er ihr etwas schuldig sei.
»Nun gut«, brach Sophia die grausige Erzählung ab, von der sie alsbald nichts mehr hören wollte. »Und schließlich hast du mit alldem gewonnen, und Théodore ist heimgekehrt. Was flennst du aber nun, dass deine Seele verloren ist? Dann sieh eben zu, dass du ihm jetzt das behagliche Heim bereitest, und sperr ihn darin ein!«
»Ich habe ihn nie zu meinem Liebsten machen wollen, niemals!«, entgegnete Cathérine, und ihre Stimme wurde wieder schriller. »Ich wusste, er ist mein Bruder, ich darf ihn nicht lieben wie einen Mann. Nur anlocken hätte es ihn sollen, ihn zu mir führen – und dann, so habe ich bei Gott geschworen, würde ich den Gegenzauber sprechen, und alles wäre vergessen, und der Teufel hätte keine Macht mehr über mich... Eines Tages freilich dachte ich, dass er meinem Ruf niemals folgen würde, solange er noch weiß, dass ich nur Schwester bin. Was hülfe es, wenn er dem Zauber erliegt, jedoch in sich drinnen die Stimme hört: Es ist doch nur die kleine Cathérine. Und dann...«
Erneut streckte sie ihre zähen, kleinen Hände nach Sophia aus. Sie packte sie an den Handgelenken und bohrte ihre Fingernägel hinein.
»Dann habe ich eines Tages das Kruzifix genommen und habe es umgedreht, damit ich mit dem Teufel selbst sprechen konnte. Es stank alsbald im Zimmer nach gelbem Schwefel und stickigem Höllenqualm. Und ich sagte ihm, er könne sich
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