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Die Company

Die Company

Titel: Die Company Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Littell
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internationalen Bankwesen mitzumischen.« Jewgeni nahm sich einen Kräcker mit Hering darauf und spülte ihn mit Wodka hinunter. »Aber jetzt erzähl mal, wie es dir ergangen ist, Leo.«
    Leo lachte spöttisch auf. »Da gibt es nicht viel zu erzählen. Nach meiner Ankunft hat die Zentrale mich mehrere Jahre auf Eis gelegt. Die Adresse in Gorki war fingiert – sie sollte die CIA in die Irre führen, falls sie mich suchen ließ, was sie natürlich nicht gemacht hat. Der KGB hat mich mit Fragen gelöchert, man wollte meine Einschätzung zu Mitgliedern des Senats oder des Repräsentantenhauses hören, und wenn der Präsident eine Rede hielt, sollte ich zwischen den Zeilen lesen. Erst als mit Gorbatschow Informationen freier zugänglich wurden, haben sie das Interesse an meiner Meinung verloren –«
    »Und die CIA hat nie zugegeben, dass du ein Maulwurf gewesen bist?«
    Leo schüttelte den Kopf. »Damit hätten sie nichts gewonnen, sondern alles verloren. Für die Presse wäre das ein gefundenes Fressen gewesen, Köpfe wären gerollt, der Etat wäre gekürzt worden, vielleicht wäre die CIA sogar aufgelöst worden.«
    »Hörst du ab und zu was von deiner Familie?«
    Leo antwortete zunächst nicht. »Entschuldigung – was hast du gesagt?«
    »Deine Familie, die Zwillinge – hast du noch Kontakt zu ihnen?«
    »Die beiden Mädchen haben die Company verlassen nach meinem … Ausscheiden. Meine Exfrau ist dem Alkohol verfallen – an einem Winterabend hat sie sich sinnlos betrunken, und ein Farmer hat am nächsten Morgen ihre schneebedeckte Leiche auf einem Hügel in Maryland gefunden, nicht weit von der Stelle, wo wir an dem Tag, als wir uns kennen lernten, meinen Hund und ihre Katze begraben hatten. Vanessa gibt mir für alles die Schuld, was in gewisser Weise auch stimmt, und sie hat geschworen, mich nie wieder zu sehen. Sie hat geheiratet und einen kleinen Sohn, womit ich Großvater wäre. Ich habe ihr geschrieben und ihr gratuliert, aber sie hat nicht geantwortet. Tessa schreibt in Washington für Newsweek über Geheimdienste. Sie hat einen Journalisten geheiratet und sich nach drei Jahren wieder scheiden lassen. Sie schreibt mir etwa einmal im Monat und hält mich auf dem Laufenden. Ich habe sie gebeten, mich zu besuchen, aber sie sagt, sie ist noch nicht so weit. Ich hoffe, dass sie eines Tages vor meiner Tür steht.« Leo schnappte nach Luft. »Ich vermisse die beiden …«
    Sie konzentrierten sich auf die zakuski. Jewgeni füllte die Gläser erneut mit Wodka. »Wie sieht dein Privatleben aus?«, fragte er Leo.
    »Ich lese viel. Ich habe mich mit einer Frau angefreundet, die Kinderbücher illustriert – sie ist Witwe. Wir unternehmen viel zusammen. Bei schönem Wetter machen wir lange Spaziergänge. Ich kenne Moskau inzwischen sehr gut. Ich lese jeden Tag die Prawda und informiere mich, was Gorbatschow sich wieder Neues ausgedacht hat.«
    »Was hältst du von ihm?«
    »Gorbatschow?« Leo dachte einen Moment lang nach. »Er hat allerhand bewirkt – schließlich hat er als Erster das kommunistische Establishment kritisiert, die Macht der Partei eingeschränkt und demokratische Institutionen geschaffen. Aber mir ist nicht ganz klar, ob er die Partei auf lange Sicht reformieren oder abschaffen will.«
    »Die Parteibonzen wollen, dass so lange alles beim Alten bleibt, bis sie den Ruhestand antreten«, sagte Jewgeni. »Die brauchen ein Büro, in das sie morgens gehen können.«
    »Wenn Gorbatschow bloß ein besserer Menschenkenner wäre« sagte Leo. »Er umgibt sich mit reformfeindlichen Leuten, denen ich nicht traue – zum Beispiel dem KGB-Vorsitzenden Krjutschkow.«
    »Verteidigungsminister Jasow, Innenminister Pugo – denen würde ich auch nicht über den Weg trauen«, sagte Jewgeni. »Für mich, für die neue Unternehmerschicht ist Gorbatschow der Garant für wirtschaftliche Reformen. Wenn er gestürzt wird, wirft das Russland um fünfzig Jahre zurück.«
    »Jemand sollte ihn warnen –«
    »Er ist gewarnt worden. Ich habe gehört, dass Boris Jelzin ihn ausdrücklich auf die Möglichkeit eines Staatsstreiches hingewiesen hat, aber Gorbatschow kann Jelzin nicht ausstehen und glaubt nichts, was von ihm kommt.«
    »Gorbatschow weiß nicht, wer seine wirklichen Freunde sind«, sagte Leo.
    »Tja, man kann nicht gerade behaupten, dass wir nicht in faszinierenden Zeiten leben«, erklärte Jewgeni leise lachend. Er hob sein Glas und stieß mit Leo an. » Sa uspech naschego besnadjoshnogo dela! «
    Leo lächelte. Einen

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