Die Comtessa
fertig.
»
Maistre
Peire Rogier wird die besten Geister an meinen Hof rufen. Dichter, Sänger und andere kluge Leute.«
Rogier klatschte in die Hände. »Eine große Ehre,
Midomna.
«
»Lacht nicht. Ich meine es ernst. Unser lieber Raimon hier, dem wir den guten Handel zu verdanken haben, wird das vizegräfliche Vermögen verwalten und die Beziehungen zu den Kaufleuten pflegen. Und Severin wird mein Leibwächter.«
Nun grinste auch Severin von Ohr zu Ohr.
»Und wann hast du dir diesen Unsinn ausgedacht?«, fragte Felipe. Trotz seines Lachens lag in der Frage ein gereizter Unterton.
»Heute Morgen, als ich euch alle beim Morgenmahl vor Augen hatte. Ihr seid doch meine Getreuen. Die Einzigen, die ich habe.«
»Mich hast du aber ausgelassen.«
»Keineswegs«, erwiderte sie und lächelte ihn schelmisch an. »Du, der du immerfort den Adel schlechtmachst und ihn entmachten willst, du wirst dich um gute Beziehungen zu den adeligen Häusern der Vizegrafschaft kümmern.«
»Dazu wäre ich doch wohl kaum geeignet.«
»Ich denke doch. Du bist selbst von hohem Adel, und sie werden dich achten. Deshalb bist du der beste Mann, sie von deinen Vorstellungen zu überzeugen. Aber auf friedliche Weise. Wir wollen doch kein Blutvergießen, oder?«
Darauf wusste Felipe nichts zu sagen. Er starrte sie nur entgeistert an, so dass
Fraire
Aimar über seinen Gesichtsausdruck lachen musste. »Unsere
domina,
Felipe, obwohl noch jung an Jahren, ist klüger, als wir alle denken.«
»Aber …«, murmelte Felipe, sprach jedoch nicht weiter. Stattdessen zog er grinsend die Schultern hoch. »Wenn du es so wünschst. Dann werd ich ihnen aber Beine machen, darauf kannst du dich verlassen.«
Sie lachten und vergaßen für einen Augenblick den Wind und die bittere Morgenkälte.
»Und ich?«, fragte Jori schüchtern. »Mich habt Ihr wohl vergessen.«
Ermengarda lächelte. »Wenn du alles lernst, was Severin imstande ist, dir beizubringen, Jori, dann darfst du dich um meine Lieblingspferde kümmern.«
Arnaut sah, wie glücklich sie den Jungen gemacht hatte. In den wenigen Tagen seit der Flucht kam es ihm vor, als sei sie an Statur gewachsen. Es war, als ginge eine seltsame Zauberkraft von ihr aus. Niemand, der sie sah oder mit ihr sprach, blieb davon unberührt. Wer würde sich nicht für sie in Stücke hauen lassen? Er wollte nicht über seine wirren Gefühle nachdenken, aber zum ersten Mal dämmerte ihm, was die Dichter meinten, wenn sie von der hohen Liebe sangen.
Etwas benommen stieg er in den Sattel und gab dem Wildhüter das Zeichen zum Aufbruch.
***
Mit seiner Warnung vor herabfallenden Ästen hatte der einäugige Waidmann nicht übertrieben. Seit Stunden jammerte, brauste und brüllte der Wind durch die Baumkronen, die sich immer wieder über weite Flächen tief nach unten bogen, als sei eine tosende Welle über sie hinweggedonnert, dann wieder zurückschnellten, um dem nächsten Ansturm zu trotzen.
Goldgelbe und braune Blätter wirbelten durch die Luft, sammelten sich in flüchtigen Haufen und zerstoben alsbald wieder. Das gewaltige Rauschen und irre Heulen des Windes übertönten alles außer einem gelegentlichen Krachen brechender Äste oder stürzender Stämme.
Arnaut, der um Ermengardas Sicherheit bangte, hatte sie gebeten, umzukehren. Aber davon wollte sie nichts wissen. Niemals mehr würde sie einen Fuß in diese Burg setzen, hatte sie geschworen. Und das spöttische Grinsen des Wildhüters trug dazu bei, dass niemand vor ein bisschen Wind Reißaus nehmen wollte.
An freien Hängen, die von niedrigem Gesträuch und Kräutern bewachsen waren, traf sie die volle Wucht des Sturms. Arnaut hatte Ermengarda genötigt, einen Schafspelz unter ihrem Umhang zu tragen, denn der Wind war bitterkalt und biss in die geröteten Wangen der Reiter. Auch seine schweren, eisenbewehrten Kampfhandschuhe hatte er ihr aufgedrängt.
Wie zuvor hatten sie sich in Vorhut und Haupttrupp aufgeteilt, sehr zum Unmut des Wildhüters, der vorausritt und immer wieder ärgerlich winkte, dass die Trödler, wie er sie nannte, endlich zu ihm aufschließen sollten. Im Augenblick leisteten ihm
Fraire
Aimar und der Sänger Rogier an der Spitze des Zuges Gesellschaft. Ein kurzes Stück dahinter folgten die anderen, angeführt von Felipe und Raimon, der sich nur mühsam im Sattel hielt.
Severin hatte sich geweigert, ganz allein die Verantwortung für Ermengardas Geld zu übernehmen. Aimar trug daher immer noch den Schuldschein des Abtes bei sich, während die
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