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Die Comtessa

Die Comtessa

Titel: Die Comtessa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Schiewe
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Verzweiflung anstellen würde, um sich zu retten? Er gab den Befehl, irgendwo einen Rammbock aufzutreiben, um das Tor aufzubrechen. In der Zwischenzeit konnte er nur beten, dass Felipe nichts zustoßen würde.
    ***
    Im Innenhof des Palastes hallte es von Flüchen und Schmerzensschreien, erregtem Gebrüll und dem schrillen Wiehern überreizter Gäule, die mit den Hufen gegen die Stallwände schlugen. Die Katalanen hatten sich noch weiter zur Treppe hin zurückgezogen. Immer wieder wurden sie bedrängt, aber sie standen eng zusammen in zwei Gliedern und verteidigten verbissen jeden Fußbreit.
    Ermengarda war an Arnaut vorbei auf die Treppe zugeeilt und nahm die ersten Stufen vor allen anderen. An Gefahr dachte sie nicht. Es war, als hätte sie plötzlich ein Rausch erfasst, als müsste sie als Erste die Quartiere der Vizegräfin erreichen. Da packte eine eiserne Faust sie bei der Schulter und riss sie herum.
    Vor ihr Arnaut, blutbespritzt und heftig atmend. Ängstlich zuckte sie vor ihm zurück, denn er schien kaum noch er selbst zu sein. Wie der rächende Achilles sah er aus oder der Kriegsgott Mars in Person, schildbewehrt, mit bluttriefendem Schwert in der Faust, gebleckten Zähnen und wilden Augen, die unter dem Helm hervorstarrten, als wollten sie sie durchbohren.
    »Halt dich, zum Teufel, hinter uns und in sicherem Abstand«, brüllte er außer sich vor Wut. Wie konnte sie den Angriff und sich selbst so leichtsinnig in Gefahr bringen? »Und zieh dein verdammtes Schwert. Wozu hast du es?«
    Schon stürmte er an ihr vorbei die Treppe hinauf. Die anderen folgten ihm. Kaum war er oben auf dem überdachten Wandelgang angelangt, der entlang der Innenseite des Gebäudes verlief, da stellte sich ihm, mehr erschrocken als mutig, ein Wachmann mit der blanken Waffe entgegen. Arnaut schlug ihm den schweren Schild unters Kinn und drängte ihn an die steinerne Brüstung.
    Ein
soudadier
hinter ihm stach zu, der Mann griff sich an die Brust, und als Arnaut zurücktrat, verlor er das Gleichgewicht und stürzte mit einem Aufschrei rücklings über das Geländer in den Hof. Arnaut rannte weiter, gefolgt von seinen Männern, und machte sich daran, zum nächsten Stockwerk aufzusteigen.
    Ermengarda war entschlossen, ihm zu folgen. Sie zog ihr Schwert aus der Scheide und starrte auf die polierte Klinge. Wie seltsam, eine Waffe in der Hand zu halten. Dann beeilte sie sich, nicht den Anschluss zu verlieren.
    Severin war indes nicht von ihrer Seite gewichen, denn ein unbestimmtes Gefühl sagte ihm, dass in diesem Durcheinander sein Platz eher bei ihr als bei Arnaut war. Der würde schon selbst auf sich achten können.
    In seinen Gemächern war Tibaut de Malvesiz durch das unverhoffte Getöse im Innenhof aufgeschreckt worden. Er war noch nicht entkleidet gewesen und hatte sofort begriffen, was da unten vor sich ging. Es konnte niemand anders als Ermengardas Reiterschwadron sein, die hier auf eine ihm unverständliche Weise eingedrungen war. Rasch zerrte er sich
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und Kettenpanzer über den Kopf, gürtete sein Schwert und stülpte sich den Helm auf. Auch sein geheimer Schatten war vom Lager aufgefahren und hatte sich einen Umhang umgeworfen.
    Tibaut hegte keinen Zweifel, dass es ihm schlecht ergehen würde, wenn Ermengardas Männer ihn zu fassen bekämen. Er kramte fieberhaft in einer Truhe nach Geldbörsen voller Silber, die er in eine lederne Tasche stopfte. Eine andere enthielt seine wichtigsten geheimen Dokumente. Beide hing er sich über die Schulter und zog sein Schwert. Dann stürzten sie aus seinen Gemächern.
    Sie hasteten den Korridor entlang, der zum Wandelgang führte, um von dort die rückwärtigen Bereiche des Palastes zu erreichen, wo sie hofften, im Dunkeln über Hintertreppen zu entkommen. Tibaut erreichte als Erster den Wandelgang, als plötzlich Ermengarda vor ihm auftauchte. Sie bemerkte aus den Augenwinkeln einen drohenden Schatten auf sich zurennen. Schreckstarr und wie gelähmt stand sie da. Wo war Arnaut, um sie zu schützen?
    Tibaut erkannte sie nicht in ihrer Rüstung. Im flackernden Licht der wenigen Fackeln gewahrte er nur diesen kleinwüchsigen Krieger, der ihm den Weg verstellte, hob das Schwert und schlug hart zu.
    Severin sah den Hieb auf sie niederfahren und warf sich ohne Zögern dazwischen. Er hatte nicht einmal Zeit, den Schild hochzureißen, da traf die schwere Klinge mit voller Wucht seine Schulter. Ihm wurde schwarz vor Augen, er spürte etwas knirschen, und sein Schildarm war von einem

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