Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Comtessa

Die Comtessa

Titel: Die Comtessa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Schiewe
Vom Netzwerk:
Vertreter der Bürgerschaft. Jeder der drei erhielt eine Abschrift.
    »Im Namen Gottes«,
begann Montbrun, den Inhalt der Urkunde vorzutragen, wobei er sorgfältig jede Silbe betonte.
»Es möge jedermann an diesem Tag und in alle Zukunft wissen, dass ich, Ermengarda, Vizegräfin von Narbona, dich, Alfons, zum Gemahl begehre …«
    Das bittere Lachen der
vescomtessa
unterbrach seinen Vortrag.
    »Ich muss dich doch sehr bitten«, sagte der Erzbischof, aber Ermessenda lachte immer noch. Dann hörte sie abrupt auf.
    »Ich hatte nicht den Eindruck, dass sie dich begehrt«, sagte sie höhnisch zu Alfons. »Wenn ich mich recht erinnere, klang das doch sehr anders.« Sie musste noch einmal lachen.
    Alfons wurde rot. »Nun ja. Wir alle wissen, was gemeint ist.«
    »So. Wissen wir das? Und warum steht da Ermengarda Vizegräfin?«, regte sie sich jetzt auf. »Denn noch bin ich die Vizegräfin.«
    »Mit der Eheschließung erhält sie den Titel. Das vereinfacht die Bestimmungen zur Besitzregelung«, belehrte der Erzbischof sie schroff. »Außerdem ist es üblich.«
    »So, ist es das?«, erwiderte sie schrill. »Und was ist mit mir?«
    »Du wirst Regentin, wie versprochen«, beeilte sich Alfons ihr zu versichern. Wieder wollte er ihre Hand berühren, aber sie entzog sich ihm ruckartig.
    »Zu alldem kommen wir später«, knurrte Erzbischof Leveson. Missmutig bedeutete er dem Domdechant, weiterzulesen.
    »… dich, Alfons, zum Gemahl begehre und dir hiermit meine Hand reiche als dein getreues Eheweib.«
    Da unterbrach la Bela ein weiteres Mal. »Was soll das? Sie ist mein Mündel. Nur ich kann die Hand der Braut anbieten, niemals sie selbst.«
    Leveson holte tief Luft und verdrehte dabei ärgerlich die Augen. »So ist es aber besser«, zischte er ungeduldig. »So kann später niemand sagen, sie sei nicht einverstanden gewesen.«
    Ermessenda kniff die Lippen zusammen und schwieg. Auf ein erneutes Zeichen seines Herrn fuhr der Domdechant fort:
»Mit gleichem Akt übergebe ich dir in Gänze und ohne Trug die Stadt Narbona mit all dem, was dazugehört, und allem, was ich darin besitze oder zukünftig besitzen möge, gleich welcher Art.«
    Arnaut de Leveson beobachtete mit grimmer Freude, wie Ermessenda den Kopf wandte und wütend an die Wand starrte, um niemandem in die Augen sehen zu müssen. Aber sie unterbrach nicht weiter. Das Weib windet sich und faucht wie eine Katze, dachte er befriedigt, aber es nützt ihr nichts. Sie wird die bittere Medizin schlucken, ob es ihr gefällt oder nicht.
    »Das Genannte gebe ich dir unter diesen Bedingungen«,
ließ sich die monotone Stimme Montbruns vernehmen,
»dass wir es gemeinsam nutzen und besitzen, solange wir leben, und dass es nach unserem Tode übergehe auf die Kinder, die wir gemeinsam gezeugt haben, sollten diese uns überleben.«
    An diesen Worten war nichts auszusetzen. So war das Recht. Aber Ermessenda biss sich auf die Lippen, dass es schmerzte, denn dies bedeutete, dass nicht nur sie selbst, sondern auch ihre Linie, ihre Nina und deren Nachkommen für immer von der Erbfolge ausgeschlossen waren. Die Hände auf dem Schoß ballte sie zu Fäusten, aber den Mund hielt sie geschlossen, auch wenn es schwerfiel. Die Erniedrigung war schlimm genug. Vor den Versammelten wollte sie sich nicht auch noch zum Gespött machen.
    »Und sollte keines unserer Kinder uns überleben«,
tönte Montbruns Stimme weiter,
»aber du, Alfons, Graf und mein Gemahl, mich überleben, so sollst du die genannte Stadt Narbona besitzen, mit all dem, was zu ihr gehört, solange du lebst.«
    Plötzlich horchte la Bela auf. Ja, eine gute Frage. Was würde nach Ermengardas Tod geschehen, wenn es keine Kinder aus dieser elenden Verbindung gäbe?
    »Was geschieht in diesem Fall nach Alfons’ Tod?«, platzte sie heraus ohne die kleinste Bemühung um höfliche Umschreibung.
    Alfons schob die Unterlippe vor, enthielt sich aber jeder Bemerkung, während der Erzbischof Montbrun zunickte, die Frage zu beantworten.
    »Nun,
Domina,
dies ist gleich im Anschluss geregelt«, sagte dieser mit einer kleinen Verbeugung in Ermessendas Richtung und deutete auf den letzten Abschnitt der Urkunde. »Und nach deinem eigenen Tode«, las er vor,
»soll dann die Stadt mit all dem, was zu ihr gehört, zurückfallen auf den nächsten meiner Verwandten.«
    Die Worte hallten in ihrem Kopf.
Den nächsten meiner Verwandten.
Das kann nur Nina sein, dachte sie, andere gibt es nicht. Zumindest keine, die Ermengarda näherstünden. Man müsste

Weitere Kostenlose Bücher