Die Comtessa
hatten jedoch ihre Neugierde geweckt. Es war der gleiche Bursche gewesen, der ihn am Vortag zum Palast der Menerbas geführt hatte, doch diesmal sollten sie sich zu einer geheimen Zusammenkunft einfinden.
Es sei eilig, aber angesagt, sich möglichst unauffällig zu verhalten. Mehr war aus ihm nicht herauszubekommen gewesen, bevor er wortlos verschwunden war.
Durch die mächtigen Kirchenmauern drang nur schwach der Chor der Mönche, die sich zum
nonus
versammelt hatten, dem nachmittäglichem Gebet in Gedenken an die Sterbestunde Unseres Herrn Jesu.
Langsam wurde es Arnaut unbequem, sie verharrten nun schon eine ganze Weile an diesem Ort, ohne dass sich etwas tat.
»Hör auf zu zappeln«, sagte er, denn Severin steckte alle Augenblicke den Kopf aus dem Torbogen, um links und rechts die schmale Gasse entlangzuspähen, die an die Stadtmauer angrenzte. Doch außer ein paar Tauben und einem neugierigen Straßenköter regte sich nichts.
Zeitverschwendung, dachte Arnaut. In Gedanken befand er sich schon wieder in Rocafort und dem Dorf zu Füßen der Burg. Nicht zu vergleichen mit dem Trubel einer großen Stadt. Dort gab es keine Fürsten, keine Bischöfe. Und Politik, die beschränkte sich auf Streit um heimlich versetzte Grenzsteine, ein paar entlaufene Kühe oder die Höhe des jährlichen Klosterzehnten. Eine etwas langweilige Welt. Und doch so vertraut. Im Frühjahr würden sie aufbrechen. Nach Spanien.
Severin stieß ihm in die Rippen.
»Er ist da!«
Arnaut lugte um die Ecke und tatsächlich, die Pforte zur Sakristei stand halb offen, und Felipe füllte den Türrahmen und winkte sie ungeduldig heran, nachdem er sich vergewissert hatte, dass sie niemand beobachtete.
»Danke, dass ihr gekommen seid«, flüsterte er. Und zu Severin gewandt: »Würdest du vielleicht draußen Wache halten? Wenn Soldaten kommen, klopfst du dreimal an die Pforte.«
Severin machte ein enttäuschtes Gesicht, schickte sich aber. Arnaut folgte Felipe in die Sakristei. Hier war der Gesang der Mönche deutlicher zu vernehmen. Als sich die Pforte hinter ihm geschlossen hatte, fragte er, um was es ginge, doch Felipe legte nur den Finger auf die Lippen und sagte, man müsse warten. Er sah besorgt aus und begann, unruhig auf und ab zu wandern.
Arnaut setzte sich stirnrunzelnd auf einen der hohen Hocker, die vor dem abgenutzten Schreibpult standen.
Ein Wasserbecken zum Reinigen sakraler Gegenstände war in die unverputzte Außenwand gemauert, an die übrigen Wände reihten sich altersdunkle, an der Vorderseite vergitterte Schrankkästen für Gewänder, Kelche, Hostienschalen und anderes heiliges Gerät. In der Mitte ein breiter Eichentisch, auf dem achtlos dahingeworfen eine
casula
lag, das liturgische Obergewand des Priesters. Der Raum roch ein wenig muffig.
Lange mussten sie nicht ausharren, da flog die Tür zum Kirchenraum auf, und herein trat Ermengarda. Einen Augenblick lang blieb sie auf der Schwelle stehen, ihre Haltung angespannt, das Gesicht halb im Schleier verborgen.
»
Mercé de Dieu,
du bist gekommen«, sagte sie aufgeregt und eilte auf Felipe zu, der auf sein Knie fiel und die ihm dargebotene Hand küsste. Während der Abt, der ihr gefolgt war, eilig die Tür hinter sich schloss und mit einem Riegel versperrte, warf Ermengarda einen Blick auf Arnaut. »Auch Ihr,
Cavalier?
Ich danke Euch von ganzem Herzen.«
Arnaut fühlte sich überrumpelt. Sie weiß nicht, dass ich nicht mitmachen werde, dachte er. Aber ihm fiel auf die Schnelle nichts anderes ein, als verlegen das Haupt zu beugen und ebenfalls einen Kniefall zu machen, insgeheim wütend auf Felipe, der ihn in diese Lage gebracht hatte. Als er aufblickte, hatte sie den Schleier zurückgeschlagen, und er erschrak über die Verwüstungen auf Braue und Wangen.
»Um Himmels willen! Was ist Euch geschehen?«
Ihre Hand flog an ihr Gesicht, als schäme sie sich der Wunden. Dann ließ sie die Hand wieder sinken. »Es ist nicht mehr so schlimm.«
Flüchtig und ohne Einzelheiten erwähnte sie den Streit mit der Stiefmutter. Es schienen sie jedoch weniger die Verletzungen als die rüde erzwungene Trauung zu bewegen.
»Wir können nicht lange reden«, sagte sie atemlos, »sonst wird
Domna
Anhes misstrauisch.«
Abt Imbert räumte die
casula
vom Tisch, Felipe zog Stühle heran, und alle setzten sich. Ermengarda verzog leicht das Gesicht vor Schmerz, als sie sich niederließ. Die Rippen machten ihr zu schaffen.
»Weiß Arnaut …?«, fragte sie.
Felipe nickte ernst. »Er ist
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