Die Daemonenseherin
»So wie es aussieht, wusste mein Bruder tatsächlich nichts davon.«
Schweigen folgte auf seinen Bericht.
»Scheiße, Logan«, rief Morgan plötzlich in die Stille hinein. »Hör auf, mich zu verarschen!«
»Wenn du mir nicht glaubst, ruf in der Gemeinschaft an. Ich schätze, mein Besuch dürfte sich inzwischen herumgesprochen haben.«
Morgan stieß langsam den Atem aus. »Du hast es tatsächlich geschafft«, sagte er ungläubig. »Du hast dieses verdammte Labor hochgehen lassen. Allein dafür sollten sie dir einen Orden verpassen!«
»Danke, ich verzichte.«
Der Bulle lachte kurz auf, wurde aber sofort wieder ernst. »Was ist mit deiner Dämonenseherin?«
Vermutlich hätte er gerne gehört, dass Alessa zusammen mit Susannah gestorben war, doch den Gefallen konnte er Morgan nicht tun. Der Bulle würde sich daran gewöhnen müssen, dass es sie gab und dass sie hier bei Logan war. »Sie ist in Sicherheit.«
»Das freut mich.« Die Worte klangen wenig überzeugend und die Lüge dahinter war so deutlich greifbar, dass sich Logan fragte, ob diese Freundschaft noch zu retten war. Womöglich würde Morgan niemals akzeptieren, dass Alessa jetzt zu ihm gehörte. Vielleicht konnte er das gar nicht nach dem, was seiner eigenen Frau zugestoßen war. Wenn ihre Freundschaft daran zerbrechen sollte, war das mehr als nur bedauerlich, trotzdem hatte Logan nicht vor, Alessa aus seinem Leben zu verbannen. Das konnte und wollte er nicht.
»Hör mal, ich fahre jetzt zum Anwesen.«
»Mit ihr?«
»Nein. Avery kommt und passt auf sie auf.« Er dachte einen Moment nach, dann sagte er: »Wie wäre es, wenn wir heute Abend noch mal in Ruhe über alles sprechen?«
»Salami?«
»Wie üblich«, grinste Logan. Dann legte er auf.
Kurz darauf kam Avery mit den versprochenen Brötchen. »Ich hoffe, du hast Marmelade im Haus«, meinte er und schlug den direkten Weg zur Kaffeemaschine ein.
Logan legte sein Schulterholster an, schlüpfte in die Lederjacke und ging ins Schlafzimmer, um sich von Alessa zu verabschieden. Als er ins Zimmer kam, öffnete sie die Augen und sah ihn an.
»Du willst weg?« Sie klang noch immer matt, doch zumindest gelang es ihr inzwischen, die Augen offen zu halten.
»Avery ist nebenan, falls du etwas brauchst. Er hat sogar Frühstück mitgebracht. Ich muss noch mal zum Anwesen zurück, um einiges mit Devon zu klären.« Er setzte sich zu ihr auf die Bettkante und griff nach ihrer Hand. »Wie fühlst du dich?«
»Matschig«, stöhnte sie und setzte sich auf. »Aber ich schätze, das vergeht. Wie hast du das geschafft, Logan? Wie hast du mich gefunden?«
Im Augenblick wollte er ihr nichts von Susannahs Tod sagen und sie auch nicht mit einer langen Geschichte belasten. Dafür war später noch Zeit.
»Es war nicht wirklich schwer, sich auszumalen, wo sie dich hingebracht haben.«
Er fürchtete schon, sie würde weitere unangenehme Fragen stellen, doch statt etwas zu sagen, beugte sie sich vor und küsste ihn. Was mit einer sanften Berührung ihrer Lippen auf seinen begann, wurde schnell zu mehr. Ihre Zunge umspielte seine Mundwinkel, und als er den Mund leicht öffnete und ihr mit seiner Zunge begegnete, sie neckte und forderte, spürte er ihre Hände, die sich ihren Weg unter seinen Pullover suchten und rasch tiefer wanderten.
Die Vernunft sagte ihm, dass er ihre Hände fortschieben, aufstehen und gehen sollte, doch sein Körper sagte etwas anderes. Er schielte zur Tür, um sich zu vergewissern, dass er sie geschlossen hatte, dann drängte er Alessa in die Kissen zurück, um ihr zu geben, wonach sie sich beide sehnten.
Als er später das Haus verließ, war seine Laune blendend. Er fühlte sich so gut, dass er auf dem Weg zum Anwesen an einem kleinen Laden anhielt, um einen Blumenstrauß und eine Schachtel Pralinen zu besorgen. Nicht unbedingt einfallsreich, aber vielleicht würde es helfen, seine Schwägerin zu versöhnen.
Am Anwesen angekommen ließen ihn die Torwachen sofort passieren. Im Haupthaus meldete ihn die Frau am Empfang bei seinem Bruder an und ließ jemanden rufen, der ihn nach oben brachte.
Devon erwartete ihn in seinem Büro. Er stand mit Jackie am Fenster und küsste sie gerade, als Logan hereinkam und sich räusperte.
»Ich störe ja ungern«, meinte er, »aber das Empfangspersonal scheint hier jeden durchzuwinken.«
Ohne Jackie aus seinen Armen zu lassen, drehte sich Devon zu seinem Bruder um, ein breites Grinsen im Gesicht. »Die lassen nur die Leute herein, die auf der Liste
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