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Die deutsche Seele

Die deutsche Seele

Titel: Die deutsche Seele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thea Dorn
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altnordischen Begriffen »fifl« und »troll« setzen, die Neutra seien bei dämonischer Natur ihrer Träger, oder aber an die Namen denken, mit denen die abhängig arbeitende Klasse belegt werde wie »das Mensch« oder »das Ding« in persönlicher Bedeutung. Im ersten Falle gelange man zu einer idealistischen Auffassung: Durch den Glauben an ihre Weissagegabe hätte die Frau für den Germanen einen an dämonische Natur grenzenden Charakter erhalten, und ihr Name wäre zu »weibon« im Sinne geistiger Beweglichkeit, überirdischer Begeisterung gebildet. Für diese Auffassung und ihren spezifisch germanischen Begriffsinhalt spreche, was Tacitus in seiner Germania über die Frau anführe: »Die Germanen glauben sogar, den Frauen wohne etwas Heiliges und Seherisches inne; deshalb achten sie auf ihren Rat und hören auf ihren Bescheid.« Gegen diese Auffassung spreche, dass gerade dem Wort »Weib« seit den Anfängen seiner Bezeugung jeder Anklang an einen dämonistischen Hintergrund, ja auch der Ton besonderer Ehrfurcht abginge. Dagegen gebe es zu denken, dass »Weib« immer nur das erwachsene, voll arbeitsfähige Wesen bezeichne.
    Alles klar? Die Verwirrung, ob »Weib« nun ein Ehrentitel oder eine Schmähung ist, hat sich bis in die Gegenwart nicht gelöst. Wenn die Betriebsräte eines großen Automobilkonzerns den Personalmanager beim Lustausflug angrölen: »Wo bleiben die Weiber?«, darf man annehmen, dass es sich um keinen Ausdruck der Hochachtung handelt. Andererseits bezeichnen sich Damen, die zu barocker Körperfülle neigen, selbst gern als »Vollweiber«. Die deutsche Trivialliteratur kennt die Frau, die Kinder, Karriere und Ehemann bei stets gleichbleibend guter Laune stemmt, als »Superweib«; der Karneval feiert ausgelassen die »Weiberfastnacht«. Im Herbst 1968 gründete sich in Frankfurt am Main als Neben- und Gegengruppierung zum SDS ein »Weiberrat«, der dazu aufforderte, die »sozialistischen Eminenzen von ihren bürgerlichen Schwänzen« zu befreien. Zwanzig Jahre später gaben andere Feministinnen Das kleine Weiberlexikon heraus.
    Hinter letzteren Einfällen mag jene Strategie stecken, die unterschiedlichste Befreiungsbewegungen - bevor sie den lahmen Weg der Political Correctness einschlugen - immer wieder verfolgt haben, indem sie Schimpfwörter, mit denen die herrschende Sprache sie belegte, ironisch »enteigneten« und zur stolzen Selbstbeschreibung umkehrten.
    Das Problem ist nur, dass »Weib« - anders als beispielsweise das amerikanische »nigger« - nie ein ausschließlich verächtlich oder günstigstenfalls neutral gemeinter Ausdruck gewesen ist. Friedrich Schiller wollte die Frauen gewiss nicht herabsetzen, als er in seiner Ode An die Freude die Geschlechtsgenossen aufforderte: »Wer ein holdes Weib errungen, / Mische seinen Jubel ein!« Oder doch? Feministisches Bewusstsein sucht man beim Vize-Dichterfürsten der Weimarer Klassik vergeblich. Aber die beschränkte Sicht, die er jenseits seiner Historiendramen wie Die Jungfrau von Orleans oder Maria Stuart auf weibliche Talente und Lebensaufgaben pflegte - »Ehret die Frauen! sie flechten und weben / Himmlische Rosen ins irdische Leben« -, lässt sich anders als beim Hauptdichterfürsten Goethe, der 1801 im Taschenbuch für Damen ein launiges Konversationsstückchen mit dem Titel Die guten Frauen als Gegenbilder der bösen Weiber veröffentlichte, nirgends am Begriff festmachen.
    Interessanter ist da schon die Fährte, die der erste konsequente Verfechter der Frauenemanzipation in Deutschland, der preußische Staatsmann und Schriftsteller Theodor Gottlieb von Hippel, legte. Zwar nannte er sein Traktat von 1792 Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber, stellte darin aber sogleich klar, dass »Weiber« als Ehrenname aufzufassen sei. Und zwar nicht im Schillerschen Sinne des hold rosenflechtenden Weibes, das es zu erringen gelte - im Gegenteil äußerte der ewige Junggeselle Hippel den Verdacht, dass just jene Männer die Frauen am meisten anbeteten, die sich vor ihnen am meisten fürchteten, und säuselndes Frauenlob letztlich dem Zweck diene, die Frauen kleinzuhalten. Er selbst bescheinigte den Weibern nicht nur, zur Wissenschaft, Kunst und Politik mindestens ebenso begabt zu sein wie die Männer. Obwohl sich der Aufklärer immer noch als Pietist verstand, rühmte er gegen die biblische Tradition Eva dafür, dass sie Adam zu Fall gebracht und diesen überhaupt erst »zum Gebrauch und zur Anwendung, zum Durchbruch der Vernunft

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