Die Diagnose: Thriller (German Edition)
ich fand, es könnte nichts schaden, mehr über Greenes Tod herauszufinden. Doch im Laufe des Tages und während ich in der 6-Uhr-Bahn vom Krankenhaus nach Hause im Stehen durchgerüttelt wurde, war mir aufgegangen, dass ich mich auch auf seine Gesellschaft freute. Die meisten Leute im Episcopal wechselten − aus Verlegenheit oder Misstrauen − höchstens noch ein paar Höflichkeiten mit mir, und Rebecca hatte mich exakt in dem Augenblick verlassen, als ich sie gebraucht hätte. Die Gespräche mit denen, die sich länger mit mir unterhalten hatten – Harry, Pagonis und Duncan –, hatten mich noch mehr runtergezogen.
»Oh, gut, Besteck. Ich wusste doch, dass das hier ein zivilisierter Laden ist«, sagte er und schob sich auf die gepolsterte Bank. »Ich bin wirklich froh, dass ich hergekommen bin. Nicht dass es nicht eh eine Freude wäre, Sie zu sehen, Ben, aber meine Frau hat die ganze Aufregung satt und ist mit den Kindern zu einem Besuch zu den Großeltern gefahren, also bin ich allein.«
»Auch ich bin froh darüber. Und danke für das alles hier«, sagte ich und tat ihm ein Stück Pizza auf. »Wie geht es Ihnen?«
Das war keine müßige Frage. Felix sah müder aus als bei unserer letzten Begegnung in der Gulfstream. Sein Gesicht war aufgedunsen, und seine Haare hätten einen Schnitt nötig gehabt. Seufzend nahm er eine Gabel und spießte einen Happen Pizza auf. Er hob ihn an den Mund, ließ ihn dann aber wieder sinken, um etwas zu sagen.
»Wissen Sie was? Ich würde sagen, ich halte den Kopf über Wasser. Der Laden ist ein einziges Chaos, die beiden letzten Vorstandsvorsitzenden sind in einem Streich ausgefallen, und ich sitze den ganzen Tag in irgendwelchen Besprechungen mit Anwälten. Was stimmt nicht mit diesem Land, dass man sogar als Zeuge einen ganzen Trupp Anwälte braucht? Wenn ich mich am Ende des Tages nach Hause schleppe, werde ich mit Anrufen von Journalisten bombardiert.«
»Und was haben Sie als Zeuge tatsächlich mitbekommen, Felix?«, fragte ich.
Er kaute auf seiner Pizza herum und sah mich an, als wäre meine Direktheit taktlos, doch das war mir inzwischen egal – ich hatte keine Energie mehr für nichtige Höflichkeiten. An seiner Oberlippe hing ein wenig Tomatensoße, und einen unbehaglichen Augenblick lang erinnerte mich das Rot an das Blut auf dem Tatortfoto unter Greenes Leiche.
»Keine schöne Erinnerung, muss ich sagen. Nora rief mich am Nachmittag an. Sie war ganz außer sich und meinte, Harry sei ihr irgendwie entwischt und sie brauche Hilfe, um ihn zu suchen. Er war zwei Stunden zuvor aus der Wohnung verschwunden. Sie hatte Angst, er würde sich etwas antun. Wir hätten Sie beinahe angerufen.«
»Ich wünschte, das hätten Sie getan.«
»Es war gegen fünf Uhr. Wir haben Harry auf dem Handy und in dem Haus auf Long Island angerufen. Nichts. Gegen acht Uhr rief er aus East Hampton an. Nora war am Apparat. Es war schrecklich.« Felix schauderte es bei der Erinnerung an diesen Augenblick so sehr, dass er kurz die Augen schloss. »Eine verdammte Sauerei. Ich habe Nora hingefahren. Ich fand, sie sollte nicht allein mit allem klarkommen müssen. Als wir hinkamen, war überall Polizei, und Harry hatten sie schon weggebracht. Nora war hysterisch, sie sagte immer wieder, es sei alles ihre Schuld … Sie hätten sie gewarnt.«
»Das klingt schrecklich.« Das tat es, doch einen Trost gab es: Nora war offensichtlich bewusst, dass sie auf mich hätte hören sollen, und sie war bereit, es offen einzugestehen. Ich hoffte, dass sie sich vor mich stellen würde − ich konnte es gut gebrauchen.
Felix nahm noch einen Bissen Pizza und kaute ein oder zwei Minuten nachdenklich. »Ja, allerdings. Und wie läuft es im Krankenhaus? Ich kann mir vorstellen, dass die eine Heidenangst haben wegen der ganzen Sache. Ich hoffe doch, die unterstützen Sie.«
»Nicht unbedingt.«
»So schlimm?« Er zuckte zusammen, schob seinen Teller zur Seite und schenkte uns Wein nach.
»Ich habe ihn entlassen. Meine Unterschrift ist auf dem Entlassungsschein, und niemand will die Verantwortung mit mir teilen. Ich hoffe nur, es geht nicht vor Gericht.«
Er zuckte die Achseln und zog die Augenbrauen hoch, um anzudeuten, dass ich da wohl Pech hatte. »Ich denke, darauf sollten Sie nicht bauen. Sagen wir mal so: Ich glaube, Marcus hat Margaret geheiratet, weil sie der einzige Mensch auf der Welt war, der ihm Angst machen konnte.«
»Dann bin ich geliefert«, sagte ich düster und trank einen Schluck Wein.
»Da ist
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