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Die Differenzmaschine: Roman (German Edition)

Die Differenzmaschine: Roman (German Edition)

Titel: Die Differenzmaschine: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson , Bruce Sterling
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Querschläger in das Dach geschlagen hatten.
    »Es ist Regen«, bestätigte Mallory und leckte einen Tropfen von seiner Hand. »Regen! Wir haben gewonnen.« Donner grollte. »Selbst wenn sie uns hier umbringen«, rief Mallory, »ist es aus mit ihnen. Wenn die Londoner Luft wieder rein ist, werden sie ihre Schlupfwinkel verlieren.«
    »Mag sein, dass es regnet«, sagte Brian, »aber das sind Marinegeschütze, Zehnpfünder, vom Fluss …«
    Eine Granate durchschlug das Dach und detonierte mit einem Hagel von Schrapnell.
    »Sie haben sich eingeschossen«, rief Brian. »Um Gottes willen, geht in Deckung!« Und er begann in verzweifelter Hast, die Baumwollballen über ihre Deckung zu ziehen.
    Mallory beobachtete verblüfft, wie eine Granate nach der anderen das Dach durchschlug und explodierend Schrapnell verstreute. Glassplitter regneten herab, brennende Fetzen flogen durch die Luft.
    Binnen einer Minute war das weite Glasgewölbe zu hunderttausend scharfen Splittern zerplatzt. Brian schrie Mallory etwas zu, aber seine Stimme ging im höllischen Lärm unter. Nach den ersten Augenblicken halb betäubten Staunens bückte sich Mallory, um seinem Bruder zu helfen. Gemeinsam stemmten sie einen weiteren Baumwollballen hoch und kauerten in der engen Deckung.
    Während Mallory dasaß und wartete, das Gewehr über den Knien, wetterleuchteten die Explosionsblitze der detonierenden Granaten in der Halle. Eisenträger begannen sich unter Druck zu biegen, ihre Nieten knallten heraus wie Gewehrschüsse. Der Lärm war unerträglich, geradezu übernatürlich. Das Lagerhaus bebte und dröhnte wie eine mit Hämmern geschlagene Blechtafel.
    Brian, Tom und Fraser kauerten wie betende Moslems in der Deckung, die Hände gegen die Ohren gepresst. Brennende Stücke Holz und Stoff fielen auf die Ballen ringsumher und brannten sich schwelend in die Baumwolle hinein, wo sie liegen blieben. Der Regen war nicht stark genug, um die zahlreichen kleinen Brandherde zu löschen. Rauch und Hitze breiteten sich aus.
    Mallory zupfte Baumwolle aus einem Ballen und stopfte sie sich in die Ohren.
    Ein Teil der Dachkonstruktion stürzte ein, langsam zuerst, als die Träger aus ihren Verankerungen rissen, dann mit krachendem Getöse. Der Regen zischte in den Flammen.
    Dann hörte der Beschuss auf, aber der Lärm schien nur unwesentlich nachzulassen, denn das aufgestapelte Plünderungsgut war an vielen Stellen in Brand geraten. Schmutzige Flammenzungen schossen in großer Zahl aus dem rauchenden, dampfenden Chaos. Mallory kroch aus der Deckung und stand auf den Ballen, das Gewehr in den Händen. Mit dem Regen fegten böige Windstöße herein und fachten die Feuer an.
    Mallory trat an den Rand des Baumwollstapels. Der Beschuss hatte den gedeckten Gang der Belagerer zerfetzt. Die Feinde hatten die Flucht ergriffen.
    Am anderen Ende der Gasse, fünfzig oder sechzig Schritte entfernt, stand ein Mann zwischen qualmenden Warenstapeln. Swing! Er blickte herüber zu Mallory und schrie etwas – wiederholte es noch lauter –, aber er war eine kleine Gestalt, weit entfernt, und Mallory verstand kein Wort. Er schüttelte langsam den Kopf.
    Darauf hob Swing eine Waffe, und Mallory sah mit einem irrationalen Gefühl angenehmer Überraschung die vertrauten Umrisse eines Cutts-Maudsley-Karabiners.
    Swing zielte kurz und zog den Abzug durch. Angenehm lang gezogene, singende Geräusche umgaben Mallory und endeten mit musikalisch hellem Klang an der Wand hinter ihm. Mallory, dessen Hände sich mit unbeabsichtigter Anmut bewegten, hob das Gewehr, zielte, feuerte. Swing wurde herumgerissen und schlug aufs Gesicht. Der Maschinenkarabiner, noch in seiner Hand, fuhr mit seinem federgetriebenen Stoßen und Rütteln fort, selbst nachdem sein Trommelmagazin mit Patronen verschossen war.
    Mallory beobachtete mit lauem Interesse, wie Fraser, der mit spinnenartiger Beweglichkeit durch die Trümmer sprang, mit gezogener Pistole den gefallenen Anarchisten erreichte. Er wälzte Swing herum, legte ihm Handschellen an und hob die schlaffe Gestalt über eine Schulter. Mallorys Augen brannten. Er blickte zurück zur Stellung und sah, wie Tom einem hinkenden Brian von den Baumwollballen herunterhalf.
    Die beiden gingen hinüber zu Fraser, der energisch winkte. Lächelnd folgte Mallory seinen Brüdern. Die katastrophalen Auswirkungen des Beschusses hatten Swings Beutelager und Hauptquartier in eine brennende Trümmerwüste verwandelt. Mallory schlenderte den davoneilenden Gefährten nach und schritt

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