Die Doppelgaengerin
zum Revier zustrebte. »Hast du gerade allen Ernstes unserem Polizeichef Modetipps gegeben?«
»Es war höchste Zeit«, verteidigte ich mich. »Der arme Mann.«
»Warte nur, bis sich das rumgesprochen hat«, grummelte er vor sich hin, öffnete dabei die Beifahrertür und half mir auf den Sitz. Mein Körper schmerzte mit jeder Sekunde mehr und wurde zusehends steifer.
»Warum denn?«
Er schüttelte den Kopf. »Seit letzten Donnerstagabend spricht das ganze Revier praktisch ausschließlich über dich. Die einen glauben, ich hätte endlich meine verdiente Quittung bekommen, während mich die anderen für den tapfersten Mann auf Erden halten.«
Tja. Was sollte ich davon halten?
Als wir zu der Unfallkreuzung kamen, schloss ich unwillkürlich die Augen. Ich fragte mich, ob ich wohl jemals wieder in der Lage sein würde, an diesem Stoppschild zu halten, ohne im Geist den Unfall zu durchleben. Wyatt bog in die Straße zu meinem Haus und sagte: »Du kannst die Augen jetzt wieder aufmachen.«
Ich schüttelte die Erinnerung an kreischende Reifen ab und öffnete die Augen. Nachdem die Kreuzung hinter mir lag, sah alles ganz normal und vertraut und sicher aus. Mein Haus ragte rechts von uns auf, und Wyatt stellte den Wagen unter dem Carport ab. Ich sah mich um, weil mir wieder eingefallen war, dass mein Zauntor offen gewesen war, als der Polizist vor wenigen Tagen mein Auto heimgefahren hatte. Hatte der Typ, der an meinen Bremsen rumgepfuscht hatte – für mich war Dwayne Bailey immer noch der wahrscheinlichste Kandidat –, damals heimlich hinter den Büschen gewartet? Hatte er beobachtet, wie mein Auto abgeliefert wurde, und sich dann überlegt, dass er mich vielleicht auf eine andere Weise fertig machen konnte, nachdem er mich am Sonntag verfehlt hatte?
»Ich glaube, ich werde hier wegziehen«, sagte ich ins Blaue hinein. »Ich fühle mich hier nicht mehr sicher.«
Wyatt stieg aus und kam um den Wagen herum, um meine Tür zu öffnen und mir beim Aussteigen zu helfen. »Eine gute Idee«, sagte er. »Während du dich erholst, können wir dein Zeug zusammenpacken und in mein Haus schaffen. Welche Möbel willst du mitnehmen?«
Ich sah ihn an, als wäre er ein Außerirdischer. »Wie meinst du das, welche Möbel ich mitnehmen will? Egal, wo ich wohne, ich werde alle Möbel brauchen.«
»Ich habe genug Möbel. Mehr brauchen wir nicht.«
Ach so. Ich war ein bisschen langsam, denn erst jetzt ging mir auf, was er mir sagen wollte. »Ich habe nicht gesagt, dass ich zu dir ziehen will. Ich will einfach nur … umziehen. Die Wohnung verkaufen und mir eine neue zulegen. Ich glaube nicht, dass ich für ein richtiges Haus bereit bin. Ich hätte gar keine Zeit, mich um den Garten und um die Blumenbeete und solche Sachen zu kümmern.«
»Warum willst du zweimal statt einmal umziehen?«
Inzwischen wusste ich, auf welchem Gleis seine Gedanken sich bewegten, und konnte ihm leicht folgen. »Nur weil du Chief Gray weisgemacht hast, ich sei deine Verlobte, bin ich noch lange nicht mit dir verlobt. Du hast nicht nur den Wagen vor das Pferd gespannt, du hast auch vergessen, das arme Tier aus dem Stall zu holen. Wir hatten noch kein einziges richtiges Date, schon vergessen?«
»Wir waren seit fünf Tagen praktisch rund um die Uhr zusammen. Die Stufe mit dem Date haben wir einfach ausgelassen.«
»Du träumst wohl.« Ich blieb vor der Wohnungstür stehen und erkannte schlagartig, dass ich nicht in meine Wohnung kam. Ich hatte keine Handtasche mehr, ich hatte keinen Schlüssel, ich hatte keine Kontrolle mehr über mein Leben. Ich sah ihn mit weit aufgerissenen Augen an, ließ mich auf den Türabsatz sinken und brach in Tränen aus.
»Blair … Süße«, sagte er, fragte aber nicht, was mit mir los war. Ich glaube, sonst hätte ich auf ihn eingeprügelt. Stattdessen setzte er sich zu mir, legte den Arm um mich und zog mich an seine Seite.
»Ich komme nicht rein«, schluchzte ich. »Ich habe keinen Schlüssel mehr.«
»Siana hat einen Ersatzschlüssel, oder? Ich rufe sie an.«
»Ich will meine eigenen Schlüssel. Ich will meine Handtasche.« Nach allem, was an diesem Tag passiert war, war für mich die Tatsache, dass ich keine Handtasche mehr hatte, der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Er begriff offenbar, dass ich vernünftigen Argumenten nicht mehr zugänglich war, und hielt mich einfach fest, um mich sanft zu wiegen, während ich meinen Tränen freien Lauf ließ.
Während er mich wiegte, zog er mit der anderen Hand
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