Die Doppelgaengerin
dein Auto kurz und klein zu schlagen. Für mich hört sich das durchaus gewalttätig an.«
»Aber das war vor fünf Jahren. Und er drohte, mein Auto kurz und klein zu schlagen, wenn ich der Presse erzählen würde, dass er mich betrogen hatte. Damals kandidierte er für einen Sitz im Parlament von North Carolina und hätte das absolut nicht brauchen können. Und ich muss fairerweise hinzufügen, dass er mir erst gedroht hat, nachdem ich ihm gedroht hatte, an die Öffentlichkeit zu gehen, falls er mir in unserer Scheidungsvereinbarung nicht alles zugestand, was ich verlangte.«
Wyatt legte den Kopf zurück und sah nachdenklich zur Decke auf. »Warum überrascht mich das nicht?«
»Weil du ein Schlauberger bist«, sagte ich und tätschelte seinen Hintern.
»Na schön, hättest du sonst irgendwen in Verdacht, wenn du es für ausgeschlossen hältst, dass dein Exmann dahinter steckt – den ich trotzdem überprüfen werde?«
Ich schüttelte den Kopf. »Der Einzige, der mir einfällt, ist Dwayne Bailey.«
»Komm schon, Blair. Denk nach.«
»Ich denke ja nach!«, fuhr ich ihn ärgerlich an.
Auch er wurde zusehends ärgerlicher. Plötzlich stemmte er die Hände in die Hüften und sah auf mich herunter. »Dann streng dich an. Du warst Cheerleader; es muss Hunderte von Menschen geben, die dir den Tod wünschen.«
20
Mein empörter Aufschrei ließ das Stimmengewirr vor seiner Bürotür abrupt verstummen. »Nimm das zurück! «
»Schon gut, schon gut. Krieg dich wieder ein«, brummte er. »Scheiße. Ich nehme das zurück.«
»Nein, tust du nicht. Du hast das ernst gemeint.« Als Daumenregel sollte ein Mann, der etwas auf Anhieb zurücknimmt, nie damit durchkommen dürfen. Artikel drei, Paragraf zehn des Verhaltenskodex’ für Südstaatenfrauen besagt, dass jemand (ein Mann) dafür bezahlen muss, wenn er sich als Chauvi-Arschloch aufspielen will.
»Ich habe es ehrlich nicht so gemeint. Ich bin nur frustriert.« Er streckte die Hand nach mir aus.
Ich zuckte zurück, ehe er mich erreicht hatte, riss die Tür auf und rauschte hinaus. Genau wie ich erwartet hatte: Alle in dem geschäftigen Großraumbüro starrten uns an, teils offen, teils verhohlen. Schweigend stolzierte ich zum Aufzug, und eines steht fest, ich spürte bei jedem Schritt meine Knochen, deshalb war es ein schmerzhaftes Stolzieren. Kriechen hätte mir eher gelegen, aber Kriechen und Haltung bewahren gehen einfach nicht zusammen. Er hatte mich verletzt und sollte das spüren.
Die Aufzugtüren glitten auf, und zwei Uniformen traten heraus. Na gut, in den Uniformen steckten Menschen, aber es ist wohl klar, was ich meine. Schweigend stiegen Wyatt und ich in den Lift, und er drückte auf den Knopf.
»Ich habe es wirklich nicht so gemeint«, sagte er, sobald die Aufzugtüren zu waren.
Ich reagierte mit einem vernichtenden Blick und eisigem Schweigen.
»Innerhalb der letzten zwei Tage musste ich zweimal mitansehen, wie du um ein Haar ermordet worden wärst.« Seine Stimme klang rau. »Wenn es nicht Bailey war, dann musst du irgendwo einen Feind haben. Es muss ein Motiv geben. Du weißt irgendwas, von dem du womöglich gar nicht weißt, dass du es weißt. Ich versuche nur an Informationen zu kommen, die mir die richtige Richtung weisen könnten.«
Ich sagte: »Findest du nicht, dass du Baileys Alibi überprüfen solltest, bevor du mir an den Kopf wirfst, dass mir › Hunderte‹ den Tod wünschen?«
»Das war vielleicht ein bisschen übertrieben.«
Vielleicht? Ein bisschen übertrieben? »Ach so? Und wie viele Menschen wünschen mir deiner Meinung nach wirklich den Tod?«
Er schoss einen giftigen Blick in meine Richtung. »Selbst ich hätte dich schon ein-, zweimal am liebsten erwürgt.«
Der Lift hielt an, die Tür ging auf, wir stiegen aus. Ich erwiderte nichts auf seine letzte Bemerkung, weil ich davon ausging, dass er mich wütend zu machen versuchte, bis ich ebenfalls etwas Unbedachtes sagte und zum Beispiel behauptete, er hätte an meinen Bremsen rumgepfuscht, nachdem er ja immerhin zugegeben hatte, dass er mich umbringen wollte, sodass ich mich dann entschuldigen musste, weil er das natürlich auch nicht so gemeint hatte und ich das genau wusste. Statt mich auf dieses Duell einzulassen, spielte ich lieber schmutzig und hielt den Mund.
Als wir auf dem Parkplatz angekommen waren, fasste mich Wyatt um die Taille und drehte mich herum. »Ehrenwort, es tut mir Leid«, sagte er und küsste mich sanft auf die Stirn. »Du hast in den vergangenen Tagen
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