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Die Doppelgaengerin

Die Doppelgaengerin

Titel: Die Doppelgaengerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Howard
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umbringen wollte, beinahe so schlimm wie der eigentliche Versuch. Okay, es war nicht so schlimm; nicht einmal annähernd. Trotzdem hätte ich ihn gern gewusst. Wenn ich gewusst hätte, warum, hätte ich auch gewusst, wer.
    Eine geschäftliche Differenz konnte es nicht sein. Das war ausgeschlossen. Ich führte meine Geschäfte peinlich genau, weil ich Angst hatte, dass ich andernfalls das Finanzamt im Genick haben könnte. Für mich war das Finanzamt schlimmer als jedes andere Ungeheuer. Meist blähte ich meine Einkünfte sogar etwas auf und machte gleichzeitig nicht alle Abzüge geltend, nur um Verhandlungsspielraum zu haben, falls es je zu einer Buchprüfung kommen sollte. Ich hoffte einfach, dass die Buchprüferei ziemlich schnell zu Ende wäre, wenn sich dabei herausstellte, dass das Finanzamt mir etwas zahlen musste.
    Ich hatte noch nie jemanden rausgeworfen. Natürlich hatten einige Angestellte gekündigt und den Job gewechselt, aber in solchen Fällen hatte ich mir die Bewerber genau angesehen, weil ich mir keinesfalls eine Pappnase ins Studio holen wollte, nur um die freie Stelle zu füllen. Ich stellte fähige Leute ein und bezahlte sie gut. Keiner meiner Angestellten würde mir nach dem Leben trachten, denn wer würde dann die freiwillige Altersvorsorge bezahlen?
    Damit blieben nur persönliche Gründe. Und dazu wollte mir rein gar nichts einfallen.
    »Dass es eine Geschichte aus meiner High-School-Zeit ist, schließe ich aus«, erklärte ich Wyatt.
    Er hustete. »Das halte ich auch für ausgeschlossen, obwohl solche Teenager-Affären lange im Verborgenen schwären können. Warst du in einer Clique?«
    Wyatt und ich waren auf unterschiedliche High Schools gegangen, und er war einige Jahre älter als ich, weshalb er nichts über meine Schulzeit wusste. »Ich denke schon«, sagte ich. »Ich war immerhin Cheerleader. Ich war mit den anderen Cheerleadern zusammen, aber ich hatte auch eine Freundin, die nicht im Team war und nicht einmal zu den Spielen ging.«
    »Wer war das?«
    »Sie hieß Cleo Cleland. Versuch mal, das dreimal schnell hintereinander auszusprechen. Ihre Eltern müssen bekifft gewesen sein, als sie ihr den Namen gaben. Sie kamen aus Kalifornien, weshalb sie sich nur schwer eingewöhnte. Ihre Mutter war eine Natürliche-Schönheit-Erdmutter-Type mit ein paar feministischen Ideen, die Cleo kein Make-up und kein Plastikzeug tragen ließ. Deshalb kamen Cleo und ich immer etwas früher in die Schule, wo ich ihr mein Make-up lieh. Wir verschwanden auf die Toilette, und ich half Cleo beim Schminken, damit sich niemand über sie lustig machen konnte. Sie hatte keine Ahnung vom Schminken, als sie herkam. Es war einfach schrecklich.«
    »Ich kann es mir vorstellen«, murmelte er wenig glaubhaft.
    »Kompliziert wurde die Sache, als sie mit Jungs ausging und sich was einfallen lassen musste, wie sie sich schminken konnte, ohne dass es ihre Mutter merkte. Zum Glück hatte sie bis dahin das Schminken gelernt und brauchte meine Hilfe nicht mehr. Nur konnte sie mit dem Make-up nicht warten, bis der Junge sie abgeholt hatte, weil er sie dann ungeschminkt gesehen hätte, und das wäre eine Katastrophe gewesen.«
    »Ich weiß nicht recht. Ich finde dich ohne Make-up richtig süß.«
    »Ich bin auch keine sechzehn mehr. Mit sechzehn wäre ich lieber gestorben, als dass ich jemandem mein ungeschminktes Gesicht gezeigt hätte. In dem Alter ist jedes Mädchen überzeugt, dass nur das Make-up hübsch ist, nicht sie. Also, ich kenne jedenfalls ein paar Mädchen, die so empfunden haben. Ich gehörte nie dazu, weil ich Mom hatte. Sie zeigte uns schon in der fünften Klasse, wie man sich schminkt, deshalb war es für uns keine große Sache. Make-up ist keine Tarnung, musst du wissen; es ist eine Waffe.«
    »Will ich das wirklich wissen?«, fragte er halb laut.
    »Wahrscheinlich nicht. Die meisten Männer haben davon keine Ahnung. Aber mit sechzehn war ich verunsichert, weil ich mich so plagen musste, um mein Gewicht zu halten.«
    Er sah mich ungläubig an. »Du warst ein Pummelchen?«
    Ich schlug ihn auf den Arm. »Quatsch! Ich war Cheerleader und trainierte wie eine Blöde, aber ich war auch Flyer.«
    »Flyer.«
    »Du weißt schon. Eines von den Mädchen, die von den anderen Cheerleadern hochgeworfen werden. Die in der Pyramide ganz oben stehen. Ich bin einen Meter fünfundsechzig und damit eher groß für eine Fliegerin. Die meisten von uns sind eins fünfundfünfzig oder eins sechzig und wiegen höchstens fünfundvierzig

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