Die Doppelgaengerin
Zeitverschwendung.«
»Vielleicht, aber davon möchte ich mich selbst überzeugen.«
»Warum sprechen nicht MacInnes und Forester mit ihm? Wie finden es die beiden eigentlich, dass du dich ständig in ihren Fall einmischst?«
»Ich erspare ihnen nur etwas Arbeit, und außerdem sehen sie mir vieles nach, weil sie beide wissen, dass ich ein persönliches Interesse an dem Fall habe.«
»Waren deine Kollegen eigentlich neidisch, als du befördert wurdest?«
»Natürlich. Hör mal, sie wären keine Menschen, wenn sie nicht neidisch gewesen wären. Ich versuche, ihnen so wenig wie möglich auf die Zehen zu steigen, aber trotzdem bin ich ihr Boss, und das wissen sie.«
Und es bereitete ihm keine schlaflosen Nächte, wenn er ihnen doch mal auf die Zehen steigen musste. Er sagte das nicht, aber das war auch nicht nötig. Wyatt ließ sich generell nichts gefallen.
Ich brachte ihn in die Garage, wo er mir in der Tür einen Abschiedskuss gab. »Schmeiß bloß nichts weg, wenn du überall rumwühlst, kapiert?«
»Natürlich nicht. Solange es keine Briefe von einer alten Ex sind oder so; die könnten möglicherweise in Flammen aufgehen. Du weißt, wie brenzlig so was ist.« Das sollte er allerdings wissen; immerhin fuhr er vor allem wegen der Nachricht, die Jason auf meinem Anrufbeantworter hinterlassen hatte, zu meinem Ex, um ihn als Verdächtigen zu vernehmen.
Er grinste. »Du wirst keine Briefe finden«, versprach er und stieg ein.
Natürlich suchte ich danach. Der Tag erstreckte sich friedlich vor mir; ich musste nirgendwohin, ich hatte nichts zu tun, ich hatte niemanden zum Reden. Bei so viel freier Zeit musste ich einfach suchen. Den Schrank räumte ich trotzdem nicht um, und auch die Dosen ließ ich unsortiert, weil man sich für beides bewegen und Dinge heben musste.
Stattdessen ließ ich es mir gut gehen. Ich schaute eine Weile fern; ich schlief eine Weile. Ich packte eine Ladung Wäsche in die Maschine und schob den halbwegs erholten Busch ans Fenster, wo er etwas Sonne abbekam. Auch dazu musste ich mich bewegen und etwas heben, was schmerzvoll war, aber ich tat es dennoch, weil die Pflanze jede Hilfe brauchen konnte. Außerdem rief ich Wyatt auf dem Handy an und landete auf der Mailbox. Ich hinterließ eine Nachricht, etwas Pflanzennahrung mitzubringen.
Gegen Mittag rief er an. »Wie fühlst du dich?«
»Immer noch steif, immer noch wund, aber ansonsten okay.«
»Du hattest Recht mit Jason.«
»Ich hab’s doch gesagt.«
»Er hat ein absolut wasserdichtes Alibi: Chief Gray. Dein Ex kann unmöglich auf dich geschossen haben, weil er und der Chief am Sonntagnachmittag mit zwei anderen Gästen eine Runde auf dem Golfplatz des Little Creek Country Clubs eingelegt haben. Du weißt nicht zufällig noch jemanden, der dich gern umbringen würde?«
»Absolut niemand.« Natürlich hatte ich mir darüber den Kopf zerbrochen, aber mir war beim besten Willen niemand eingefallen. Ich war zu dem Schluss gekommen, dass mich jemand aus einem völlig unerfindlichen Grund umzubringen versuchte, und dieses Gefühl war ganz und gar nicht angenehm.
24
Als Wyatt am frühen Abend heimgefahren kam, folgte ihm ein grüner Ford Taurus. Ich ging in die Garage und rechnete fest damit, Dad aussteigen zu sehen, aber stattdessen stand mir Jenni gegenüber. »Hi«, sagte ich überrascht. »Ich dachte, Dad würde den Mietwagen herfahren.«
»Ich habe es ihm abgenommen«, sagte Jenni und strich sich die langen Haare hinters Ohr. Sie wartete ab, während mir Wyatt einen Begrüßungskuss gab. Sein Mund war warm, und er drückte mich sanft an seine Brust.
»Wie war der Tag?«, fragte er und streichelte dabei meine Wange.
»Ereignislos. Genau so, wie ich es mir gewünscht habe.« Die friedliche Atmosphäre war äußerst erholsam gewesen. Nicht ein einziges Mal hatte ich befürchten müssen, im nächsten Moment zu sterben, was zur Abwechslung sehr angenehm war. Ich lächelte Jenni an. »Komm rein und trink was. Ich habe gar nicht gemerkt, wie heiß es ist, weil ich die ganze Zeit im Haus war.«
Wyatt trat beiseite und ließ Jenni vorgehen. Sie sah sich mit unverhohlener Neugier um. »Ein wunderschönes Haus«, fand sie. »Hier drin sieht es gleichzeitig alt und modern aus. Wie viele Zimmer hat es?«
»Eine Menge«, antwortete er, wobei er aus dem Jackett schlüpfte und es über eine Stuhllehne hängte. »Vier Schlafzimmer und außerdem drei Bäder und eine Toilette. Möchtest du eine Führung?«
»Nur durchs Erdgeschoss«, antwortete
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