Die Drachenkämpferin 02 - Der Auftrag des Magiers
Verhalten eigen. Auch Raven machte sich ein Vergnügen daraus, Leute vor seinen Audienzen endlos warten zu lassen. Diese aufgeblasenen Gockel, fluchte Nihal vor sich hin.
Bis zum Abendessen blieb es im Haus so still wie auf einem Friedhof. Dann endlich rief eine Glocke zu Tisch. Sie speisten in demselben Raum, in dem Laio mit seinem Vater gesprochen hatte: Man reichte eine dünne Suppe, Schwarzbrot und Wasser. Da isst man ja in unserem Lager noch besser, dachte Nihal.
Fast die ganze Zeit über wich Pewar den Blicken seiner Gäste aus. Das lauteste Geräusch war das Klackern ihrer Löffel in den Schüsseln.
Erst als sie fertig waren, hielt es der General für angebracht, das Wort an Nihal zu richten. »Laio hat mir von der Entführung berichtet. Ich danke dir für den Dienst, den du mir mit der Befreiung meines Sohnes erwiesen hast«, erklärte er mit ernster Miene.
»Laio ist mein Freund. Dafür müsst Ihr mir nicht danken«, antwortete Nihal artig. »Lob und Anerkennung für mutige Taten gehören auch zum Soldatenwesen«, erwiderte Pewar mit starrer Miene. »Als Belohnung sollst du dir irgendeine der Waffen in dem großen Saal aussuchen. Ich selbst werde dich hinführen.«
Nihal versuchte, dass Angebot abzulehnen. »Ich bitte Euch, bringt mich nicht in Verlegenheit«, murmelte sie.
»Du wirst das Geschenk annehmen. Ich bestehe darauf. Eine Ablehnung käme für mich einer Beleidigung gleich.«
Ein Mann, der blinden Gehorsam verlangt. Laio hat wirklich recht. »Nun denn, wenn Ihr es wünscht. Ich freue mich, Euer Geschenk in Empfang nehmen zu dürfen«, antwortete Nihal und schluckte den Ärger hinunter. Sie war ja da, um Laio beizustehen, und nicht, um sich mit seinem Vater anzulegen. Aber sie hätte es sich gern erspart, nach dem eitlen Raven nun auch noch ihm die Stiefel lecken zu müssen.
Wie angekündigt begleitete Pewar sie persönlich in den Waffensaal. Armbrüste, Schwerter, Bogen, Dolche, Streitkolben und vielerlei Waffen mehr bedeckten die Wände. Nihal zweifelte nicht daran, dass der Hausherr sie alle perfekt beherrschte.
Nihal suchte sich einen schlichten, ganz alltäglichen Dolch aus, und Pewar zeigte sich mit der Wahl zufrieden, ein Beleg, dass seine pathetischen Dankesworte nur Ausdruck formaler Höflichkeit waren.
»Es ist spät geworden, ihr werdet müde sein von der Reise«, sagte Pewar, als er sie aus dem Saal führte.
Nihal stutzte. Spät? Die Sonne war wohl kaum untergegangen.
»Zieht euch also in eure Zimmer zurück«, verabschiedete er sie knapp und ließ sie stehen. Nihal wurde wieder von dem ihr mittlerweile vertrauten schweigsamen Diener in Empfang genommen, während sich Laio mit der Miene eines Lamms, das dem Wolf entgegentritt, in sein altes Zimmer begab.
Die Sonne war gerade erst aufgegangen, als Laio Nihal weckte. Das Mädchen rieb sich die verschlafenen Augen. »Seid ihr aus dem Land der Nacht immer solche Frühaufsteher?« Laio antwortete mit einem gequälten Lächeln.
Pewar erwartete sie bereits im Speisesaal, am Kopfende der langen Tafel sitzend. Er sah wieder haargenau so aus wie am Vortag, korrekt und tadellos, mit derselben perfekt sitzenden Uniform bekleidet. Ja, man konnte den Eindruck haben, er sei gar nicht schlafen gegangen. Auf dem Tisch standen drei Schalen mit Ziegenmilch und das unvermeidliche Schwarzbrot. Beim Anblick der runzligen kleinen Apfel auf einem Tablett fragte sich Nihal, wo man in einem solch fruchtbaren Land wie dem des Wassers bloß solch kümmerliches Obst hatte auftreiben können. Dieser Mann führt wirklich das Lagerlehen zu Hause fort.
Schweigend nahmen sie ihr Frühstück ein. Dann stand Pewar auf: »Hör zu, Laio, am Vormittag erwartet dich ein Duell. Ich wünsche, dass du in exakt zwei Stunden fertig bist«, erklärte er mit tönender Stimme.
Laio blickte von seiner leeren Schüssel auf. »Was für ein Duell?«, fragte er entgeistert. »Das erste einer langen Reihe«, antwortete Pewar trocken. »Deinen eigenen Worten nach hast du seit Monaten schon kein Schwert mehr zur Hand genommen. Es wird Zeit, dich wieder damit vertraut zu machen. Deine Übungsstunden beginnen gleich heute. Und du«, wandte sich der General an Nihal, »kannst jetzt in dein Lager zurückkehren. Ich erwarte, dass du im Lauf des Tages dieses Haus verlässt.«
»Ich habe aber nicht vor zu kämpfen«, protestierte Laio.
»In zwei Stunden. Pünktlich«, wiederholte Pewar und entfernte sich.
»Ich will nicht kämpfen«, rief Laio ihm nach, doch sein Vater trat
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