Die Drachenkämpferin 03 - Der Talisman der Macht
Zelle aus.
»Ich möchte wissen, was dich dazu anhält, so beharrlich zu schweigen«, fuhr der Tyrann nun fort. »Offen gesagt kann ich deine Haltung nicht verstehen.« »Du verstehst eben nicht, was Loyalität und Opferbereitschaft bedeuten«, antwortete Sennar.
»Unterschätz mich nicht«, entgegnete der Tyrann. »Ich kenne dich gut. Wir beide sind uns sehr ähnlich.« Sennar hörte seine Schritte in der Zelle widerhallen. »Du aber kennst mich nicht und glaubst, es verlange mich nur nach der Macht, dass nur dies der Beweggrund meines Handelns sei. Oder Rachsucht wegen eines erlittenen Unrechts. Aber da irrst du dich. Bevor ich zu dem wurde, was ich jetzt bin, zog auch ich lange umher und suchte eine Antwort auf dieselben Fragen, die du dir jetzt stellst. Wozu, glaubst du, bin ich wohl in den Rat der Magier eingetreten? Ich wollte die Welt verändern, das war mein größter Wunsch. Dabei lag die Antwort schon klar auf der Hand, so klar, wie du sie auch erkannt hast, aber ich wollte sie ebenso wenig akzeptieren. ›Es gibt doch auch viel Gutes auf dieser Welt, es gibt genug, das sich zu bewahren lohnt ...‹, redete ich mir ein, »man muss nur daran glauben, du darfst nicht aufgeben .. .‹«
Sennar merkte, dass er zu zittern begonnen hatte. Ganz deutlich spürte er, dass sich etwas in seinen Kopf einschlich, und das machte ihm Angst. Wieso erzählte der Tyrann ihm diese Dinge? »Doch schließlich musste ich einsehen - so wie du es hoffentlich tun wirst — dass sich die Wahrheit nicht ewig verleugnen lässt. Es ist nichts zu bewahren, niemand zu retten. Ja, mehr noch, niemand will überhaupt gerettet werden. Mörderisch ist die Natur der Geschöpfe dieser Erde, was sie wollen, ist, befehlen und töten. Deshalb hat es Kriege auch immer gegeben in unserer Welt und wird es auch immer geben. Denn alle Wesen, egal welcher Art, erliegen irgendwann der Mordlust, und hat man erst einmal Blut geleckt, will man nicht mehr darauf verzichten. Du verstehst mich, nicht wahr?« Sennar versuchte, den Kopf zu schütteln, doch ein stechender Schmerz hielt ihn davon ab. Er glaubte zu spüren, was in Kürze geschehen würde, was bereits begonnen hatte, und Panik ergriff ihn. Krampfhaft versuchte er, sich an einen Zauber zu erinnern, der es ihm erlauben würde, dieser Folter zu widerstehen, aber es fiel ihm keiner ein. »Ich weiß, dass du jemanden liebst, das spüre ich. Aber Liebe ist das Vergänglichste, was es überhaupt gibt. Sie tut uns nicht gut. Vielleicht hat jene Frau, an die du jetzt denkst, in der Ekstase der Wollust einen Moment lang tatsächlich geglaubt, dich zu lieben. Doch das war eine Illusion. Die Liebe beginnt und endet im fleischlichen Genuss, danach bleibt nichts. Ich sage dir das, weil ich selbst einmal jemanden sehr geliebt habe - vergeblich. Trenne dich von dieser Liebe, wenn du nicht leiden willst, und schließe dich mir an.«
»Lass mich!«, schrie Sennar. Er spürte, dass der Tyrann jetzt neben ihm war, ganz nahe. »All dieses Leiden ist sinnlos, das weißt du. Ich kann in deinen Geist eindringen, und das werde ich auch tun, wenn du mir nicht endlich sagst, was ich wissen muss. Nicht um dir wehzutun, sondern weil das Werk, das ich begonnen habe, zu wichtig ist und ich mich von niemandem aufhalten lasse. Aber du wirst leiden, und das will ich gar nicht. Wie gesagt, ich bewundere dich, achte dich. Erzähl mir, was dich in mein Herrschaftsgebiet führte, welche Pläne du verfolgtest. Dein Schweigen ist sinnlos. Diese Welt ist nicht eine Träne von dir wert und jene Frau, die du liebst, nicht dein Blut.« »Solche Worte habe ich schon häufig gehört und nie daran geglaubt«, sagte Sennar. Er zwang sich zu einem Lächeln, aber tatsächlich war er von Panik ergriffen. Als Magier würde er eine Weile widerstehen können. Aber wie lange? Seine Zauberkünste reichten bei weitem nicht an die des Tyrannen heran. Dieser würde in seinen Geist eindringen, in seine Seele, ihn dazu bringen, all seine Gedanken zu verraten, seine tiefsten Geheimnisse ...
Der Tyrann nahm Sennars schweißüberströmtes Gesicht zwischen die Hände. »Du versuchst mir wohl zu widerstehen. Gut, eine Weile mag dir das vielleicht gelingen, aber ich bin stärker, als du denkst, und zu allem bereit. Ich werde nicht von dir ablassen, bis ich das erfahren habe, was ich wissen will, jeder Gedanke, jeder Wunsch von dir wird der meine sein. Ich werde du werden, Sennar, und nichts von dir wird noch ein Geheimnis für mich sein, in den hintersten
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