Die Drachenschwestern
die
Hose und vervollständigte ihr Outfit mit einem engen schwarzen Rollkragenpulli.
„So, fertig. Das einzige, das mir noch fehlt, ist ein Gastgeschenk. Obwohl ich
gar nicht weiß, ob eins erwartet wird.“ Sie zog die warme Lederjacke über und
setzte sich aufs Sofa, um ihre alten ausgetretenen Cowboystiefel anzuziehen.
„Ich habe eins dabei. Wir können es ihr ja zusammen geben“, schlug
Miri ein wenig schüchtern vor.
„Was ist es denn?“,
wollte Kaja neugierig wissen.
„Hier, du kannst
es dir ansehen.“ Nervös nestelte sie an einem kleinen Päckchen rum.
Kaja spähte hinein. „Oh, das ist ja das kleine weiße Pony, mit dem sie
das letzte Mal gearbeitet hat. Ist das eines deiner kleinen Kunstwerke?“ Sie
griff hinein und holte es heraus. Es war etwa sieben Zentimeter hoch und fünf
Zentimeter lang, aus gehärteter Knetmasse, weiß bemalt mit einer flauschigen
und wuscheligen Ponymähne. Der freche Ponykopf zeigte den unverkennbaren
Ausdruck eben dieses Ponys.
„Na ja, Kunstwerke?“ Zweifelnd blickte Miri auf ihre Arbeit. „Aber ja,
ich habe es gestern Abend selbst gemacht. Eigentlich wollte ich das rote Pferd
für sie machen. Das, welches sie geritten hat, als wir ihr zum ersten Mal
begegnet sind. Aber irgendwie hat es sich immer wieder aus meinem Kopf
geschlichen und ich konnte es nicht mehr einfangen. Dafür war dieses weiße Pony
sehr präsent. Also kriegt sie halt dieses hier.“ Sorgfältig verstaute sie die
kleine Figur wieder in ihrer Verpackung.
„Ich bin sicher, sie freut sich sehr!“, sagte Kaja bestimmt. Sie sprang
vom Bett auf, um Zorro mit frischem Wasser und einem großen Kauknochen zu
versorgen. Zorro hatte jedoch schon den ganzen Nachmittag den Verdacht gehabt,
Kaja könnte ihn zu Hause lassen und fiel nicht auf das Ablenkungsmanöver
herein. Aus diesem Grund stellte er sich demonstrativ vor die Tür und wedelte
aufgeregt.
Lance verdrehte genervt die Augen. „Hat man das eine Familienmitglied
beruhigt, dreht das nächste durch.“
„Lass Zorro in Ruhe“, tadelte Kaja den Drachen und führte den
widerspenstigen Hund zu seiner Decke, wo auch der Knochen lag. „Ich komme bald
wieder“, versicherte sie Zorro, der ihr mit traurigen Hundeaugen nachschaute.
Draußen im Auto meinte Miri: „Bin ich froh, dass Chili mich nicht
jedes Mal so ansieht, wenn er zu Hause bleiben muss. Das würde ich nicht
durchhalten.“
Kaja seufzte. „Das ist mit ein Grund, weshalb er meistens dabei ist.
Aber heute müsste er ja den ganzen Abend im Auto verbringen. Noch dazu in deinem
Auto. Und da hat er es hier doch gemütlicher.“
„Du hast ihn aber
nicht zu Hause gelassen, um mein Auto zu schonen, oder?“
„Nein, natürlich
nicht. Sonst hätte ich dich gefragt, wenn es darum gegangen wäre.“
„Dann ist ja gut. Meinem Auto hätte es bestimmt nicht geschadet.“ Kaja
ließ ihren Blick ein wenig in dem alten Fahrzeug herum schweifen und kam, als
sie das staubige Innere betrachtet hatte, zu dem Schluss, dass Miri recht hatte.
Als sie ankamen, war die Party schon im vollen Gange. Lance freute
sich so, dass er mitkommen durfte, dass er übermütig den Leuten ihre Häppchen
vom Teller klaute und eifrig Gläser vertauschte, als sie sich unter die Leute
mischten. „Lance, lass das endlich“, zischte Kaja ihm bestürzt zu. Als sie sich
endlich zu Sierra durchgekämpft hatten, hatte diese schon einige Zeit die
Gelegenheit gehabt, die kleine Gruppe zu beobachten. Kaja wäre unterdessen am
liebsten im Boden versunken. „Tut mir leid“, hob sie zur Begrüßung an. „Mein
Drache ist absolut unerzogen. Aber ich kann es leider nicht ändern.“
Sierras Mundwinkel zuckten belustigt. „Immerhin habe ich jetzt den
Beweis, den ich wollte. Offenbar fällt er tatsächlich niemandem auf.“ Sie
musterte seine schillernde Gestalt von oben bis unten. „Was ja doch eine
beträchtliche Leistung ist, wenn man ihn so betrachtet. Hallo Lance, fühl dich
frei, alle hier anwesenden an der Nase herum zu führen.“
Perplex schaute Kaja Sierra an. „Du gibst ihm quasi freie Hand? Hast du
dir das gut überlegt?“
„Sagen wir mal so, die Leute hier sind Markus‘ Freunde und Klienten.
Trotzdem hatte ich die ganze Arbeit. Also denke ich, habe ich mir diesen kleinen
Spaß verdient.“ Ihre Augen blitzten boshaft.
„Respekt Madam“, meinte Lance und verbeugte sich leicht, bevor er in
der Menge verschwand.
Sierra hatte von einem kleinen Tisch hinter ihrem Rücken mit
Champagner gefüllte Gläser hervor
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