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Die drei Frauen von Westport

Titel: Die drei Frauen von Westport Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cathleen Schine
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Stimme. »Sie sind nicht echt.«
    Leanne blieb neben ihr stehen, und Miranda vergrub ihr Gesicht an Leannes Bauch und begann hemmungslos zu schluchzen. Leanne hielt sie umfangen und streichelte ihren Kopf, bis dieTränen versiegten.
    Peinlich berührt über ihren Ausbruch versuchte Miranda zu lachen. »Drama ist anstrengend«, sagte sie.
    Leanne setzte sich wieder und legte den Kopf schief, wie Henry.
    Miranda streckte die Hand aus und zwickte sie leicht in dieWange. »Aber du bist echt, oder?«
    Leanne verzog ein wenig das Gesicht. »Ich kann jedenfalls nicht gut was vortäuschen, wenn du das meinst.«
    Ein lastendes Schweigen trat ein.
    Leanne ergriff Mirandas Hand. »Jedenfalls nicht über längere Zeit.«
    Als Leanne Mirandas Hand umfasste, war von der Tür ein Scharren und ein schriller Schrei zu vernehmen: »Nein!«
    Miranda zuckte zusammen, und Leanne zog ihre Hand zurück. Sie schauten zur Tür.
    Dort stand Henry und starrte sie an.
    »Wir haben nur …«, sagten sie beide und verstummten dann. Sie hatten nur was?
    »Nein!«, wiederholte Henry. »Betty sagt, nein, sie will keinen Cracker.« Er lief insWohnzimmer zurück und schrie dabei: »Ich hab’s ihnen gesagt! Ich hab’s ihnen gesagt!«
    Miranda sah den Deckel vom Mandelmus auf dem Tisch liegen und verschloss gedankenverloren das Glas.
    Die Essenseinladungen bei Cousin Lou fielen seit einiger Zeit etwas bescheidener aus. Es gab einen Einbruch im Immobilienmarkt, von dem Lou allerdings nicht nachhaltig betroffen war. Er hatte sein Bündel geschnürt, wie er gerne sagte, und er stellte sich dabei ein Päckchen vor, in eine Decke gehüllt, das man wie ein Baby im Arm halten konnte. Sein Bündel jedenfalls hatte er schon vor einigen Jahren aus dem Immobilienmarkt herausgenommen. Dann allerdings hatte er das arme Bündel dem Börsenmarkt überlassen, wo es zwar am Leben blieb, aber darbte. Dasselbe galt nun für Lous Feste, weshalb einige der Schnorrer dasWeite suchten. Annie freute sich, dass R oberts nicht zu ihnen gehörte. Es schmerzte sie jedoch, sich vorzustellen, was der Mann durchmachte, wenn er Miranda so oft begegnete, denn er sah sie sowohl im Haus der Maybanks an der Beachside Avenue als auch bei Cousin Lou. Und er kam auch häufig zu ihnen ins Cottage. Menschen sollten nicht in den R uhestand gehen, dachte Annie. Nicht mal mehr oder minder. R oberts hatte offenbar keinen anderen Lebensinhalt mehr, als Miranda auf den Fersen zu bleiben.
    Aber Annie freute sich immer, wenn sie ihn sah. R oberts strahlte eine wohltuende R uhe und Gelassenheit aus.Wenn Annie beim Essen neben ihm saß, konnte sie seine schlanken eleganten Hände betrachten, wie sie einWeinglas hielten oder ihr das Salz reichten, und dabei vollkommen in ihren eigenen Gedanken bleiben, die traurig, ihr aber dennoch in gewisserWeise lieb waren. Gedanken an Frederick. Den armen, dummen Mann. Den armen, dummen, schwachen Mann. Sie konnte nicht umhin, sich um ihn Sorgen zu machen. Obwohl sie nichts über ihn gehört hatten, keinWort über Amber, Ehe oder ein Kind. Sogar Betty erwähnte ihn nicht mehr und machte keine Anspielungen auf eineVerbindung zu Annie. Und nachdem Miranda von ihrer Schwester eindringlich darum gebeten worden war, Frederick, Amber und deren Zustand nie wieder zu erwähnen, hielt sie sich auch dran. EineWeile ging sie einfühlsamer mit Annie um, was diese ebenso rührend wie nervend fand. Doch inzwischen hatte Miranda zum Glück den Kopf wieder in denWolken, wie immer.
    Wobei dieWolken diesmal etwas Neues und ganz anderes als gewöhnlich waren. Kein Mann, keine Liebesaffäre, keine Dramen. Lediglich … Freundschaft? Kinderbetreuung? Jedenfalls exzessive Gartenarbeit, so viel stand fest. Der gesamteVorgarten wurde umgegraben. Miranda hatte sich zu einer Art viktorianischer Gesellschafterin oder alter Jungfer entwickelt. Annie verstand das alles überhaupt nicht. Aber Miranda war sichtlich glücklich, und das war das Wichtigste. Obwohl Annie völlig schleierhaft war, wie Miranda nach dem Zusammenbruch ihrer Agentur jemals wieder Geld verdienen wollte. Vielleicht konnte Annie ihr eine Stelle in der Bücherei verschaffen.Wobei die gerade Stellen abbaute …
    »Ich habe heute Ihre Schwester gesehen«, sagte R oberts. Er hatte Annie ein GlasWein gebracht, und sie standen an einem von Lous Panoramafenstern. Der Mond leuchtete außergewöhnlich hell, und man konnte übersWasser blicken. »Sie war bei den Maybanks mit Unkrautjäten beschäftigt.«
    »Vielleicht wird sie da als

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