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Die drei Musketiere

Titel: Die drei Musketiere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Dumas
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Er ließ den Mantel fallen, rückte den Hut empor und trat vor Mylady. »Erkennt Ihr mich, Madame?« sprach er. Mylady trat einen Schritt zurück wie vor dem Anblick einer Schlange. »Nun,rief Athos, »ich sehe, daß Ihr mich erkennt.«
    »Graf de la Fère!« murmelte Mylady erbleichend, und trat immer mehr zurück, bis sie von der Wand verhindert wurde. »Ja, Mylady!« antwortete Athos, »der Graf de la Fère in Person, der eben deshalb von der andern Welt zurückgekehrt ist, um die Freude zu haben, Euch zu sehen. Setzen wir uns und sprechen wir, wie der Herr Kardinal sagt.« Mylady ward von einem unsäglichen Schrecken bewältigt und setzte sich, ohne ein Wort zu reden. »Ihr seid ein Dämon, auf die Erde gesendet«, sprach Athos; »Eure Macht ist groß, das weiß ich, doch wisset Ihr auch, daß die Menschen mit Gottes Beistand oft die furchtbarsten Dämone überwunden haben. Ihr ließet Euch schon einmal auf meinem Wege betreten, ich glaubte Euch niedergeschmettert zu haben, aber wenn mich nicht alles täuscht, so hat Euch die Hölle wieder ausgeworfen.« Mylady senkte bei diesen Worten seufzend das Haupt,die entsetzliche Erinnerungen in ihr erweckten. »Ja, die Hölle hat Euch ausgeworfen,« fuhr Athos fort, »die Hölle hat Euch einen andern Namen zugelegt, die Hölle hat Euch fast ein anderes Gesicht gegeben; doch hat sie weder die Makel Eurer Seele noch die Brandmale Eures Leibes ausgelöscht.« Mylady erhob sich, wie von einer Feder bewegt, und schleuderte Blitze aus ihren Augen. Athos blieb sitzen. »Ihr habt mich für tot gehalten, nicht wahr, wie ich Euch für tot hielt, und hinter dem Namen Athos verbarg sich der Graf de la Fère, wie sich Anna von Breul hinter dem Namm Mylady Winter versteckte! Habt Ihr Euch nicht so genannt, als Euer ehrsamer Bruder unser eheliches Band knüpfte? Unsere Stellung ist wirklich seltsam,« fuhr Athos lachend fort, »wir haben bis jetzt nur gelebt, weil wir einander für tot hielten, und weil die Erinnerung weniger beengt als das wirkliche Wesen, obgleich es um eine Erinnerung manchmal ein verzehrendes Ding ist.«
    »So sagt endlich,« sprach Mylady mit dumpfer Stimme, »was führt Euch zu mir, und was wollt Ihr von mir?«
    »Ich will Euch sagen, daß ich Euch nicht aus dem Gesicht verloren habe, obwohl ich für Eure Augen unsichtbar war.«
    »Ihr wißt, was ich getan habe?«
    »Ich vermag Euch Tag für Tag zu erzählen, was Ihr seit Eurem Eintritt in den Dienst des Kardinals bis an diesen Abend getan habt.« Ein ungläubiges Lächeln schwebte auf den blassen Lippen der Mylady vorüber. »Hört mich: Ihr habt die zwei diamantenen Nestelstifte von der Schulter des Herzogs von Buckingham geschnitten; Ihr habt Madame Bonacieux rauben lassen; Ihr habt, verliebt in den Grafen von Wardes und im Wahn, diese zu empfangen, d'Artagnan Eure Tür geöffnet; Ihr wolltet Wardes, in der Meinung, daß er Euch betrog, von seinem Nebenbuhler umbringen lassen; Ihr wolltet, als dieser Nebenbuhler Euer schimpfliches Geheimnis entdeckte, ihn gleichfalls durch Meuchelmörder, die Ihr ihm nachgeschickt habt, umbringen lassen; endlich habt Ihr in diesem Zimmer auf dem Stuhl, den ich jetzt einnehme, vorher gegen den Kardinal die Verbindlichkeit auf Euch genommen, den Herzog von Buckingham töten zu lassen, und zwar für die entgegengenommene Zusage, d'Artagnan aus der Welt zu schaffen.« Mylady wurde leichenfahl und stammelte: »Seid Ihr der Teufel in eigener Person?«
    »Vielleicht,« entgegnete Athos, »aber jedenfalls hört mich weiter: Ermordet Ihr den Herzog von Buckingham oder laßt Ihr ihn ermorden, gleichviel, ich kenne ihn nicht, und außerdem ist er ein Feind Frankreichs; jedoch krümmt mir nicht ein einziges Haar von d'Artagnan, denn er ist mein getreuer Freund, den ich liebe und beschütze —- oder ich schwöre es Euch bei meines Vaters Haupt, das Verbrechen, das Ihr zu begehen sucht, oder begangen habt, wird Euer letztes sein!«
    »Herr d'Artagnan hat mich grausam beleidigt,« rief Mylady mitdumpfer Stimme; »Herr d'Artagnan muß sterben.«
    »In der Tat, ist es denn möglich, Euch zu beleidigen, Madame?« entgegnete Athos lachend; »er hat Euch beleidigt und soll sterben.«
    »Er muß sterben!« wiederholte Mylady; »er zuerst und dann Sie.« Athus war gleichsam von einem Schwindel erfaßt; der Anblick dieses Geschöpfes, das nichts mehr mit dem Weibe gemein hatte, erweckte in ihm furchtbare Erinnerungen; er gedachte, daß er sie schon einmal in einer viel minder gefährlichen Lage

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