Die dreizehnte Gabe: Der Dunkle Wald (Die 13. Gabe) (German Edition)
immer
hereinwollte, versuchte es jetzt an der Tür auf der Galerie. Es
kratzte und fluchte und Lavinias Herz pochte, als wollte es aus ihrer
Brust springen. Sie wünschte sich, der geheimnisvolle Fremde,
der sich Motzig nannte, wäre hier. Egal was das da draußen
war, sie durfte sich nicht zeigen. Ohne weiter auf das Geräusch
zu achten, rannte sie in Richtung des Bogens, durch den sie gekommen
war. Ihre Füße verfingen sich in dem großen Läufer
der Eingangshalle, und sie prallte schmerzhaft zu Boden. Es knackte
in ihrem Knie, auf das sie aufgeschlagen war. Sie richtete sich
wieder auf, blickte mit schmerzverzerrtem Gesicht zurück,
erkannte vor dem Fenster eine dunkle kleine Gestalt und sah kleine zu
Schlitzen verengte rote Augen aufblitzen. Hastig humpelte sie durch
den Gartengang zurück in ihr Zimmer. Jeder Schritt trieb den
Schmerz vom Knie in ihren Kopf. Sie musste es sich schlimm verletzt
haben. Am nächsten Morgen würde es mit Sicherheit blau
angelaufen und dick geschwollen sein. Doch was sie mehr
interessierte, war das, was sie gesehen hatte. Was für ein Wesen
kann das gewesen sein? Ein Mensch sicherlich nicht. Schaudernd und
voller Angst kroch sie unter ihre Decke. Die roten Augen wollten
nicht aus ihrem Kopf verschwinden. Wieso versuchte das Ding, in ihre
Villa zu kommen? Was war, wenn diese Kreatur durch die Fenster in ihr
Zimmer starrte? Lavinia war sich nicht sicher, ob die dünnen
Fenster dem Eindringling standhalten würden. Sie zog die Decke
bis über ihren Kopf und versuchte vergeblich, einzuschlafen.
Sollten ruhig die anderen ihr Anwesen bekommen. Sie wollte es nicht
mehr.
Wollen und
Müssen
M axim
hatte gut geschlafen, wenn er auch von unsichtbaren Füßen,
die um ihn herumgetrippelt waren und ihn zuletzt ins Gesicht getreten
hatten, schweißnass aufgewacht war. Doch danach war der Spuk
vorbei. Die Füße, die er gehört hatte, waren mit dem
Tageslicht verschwunden. Er dachte daran, was Motzig am Abend zuvor
gesagt hatte. Wenn er recht behielt, würde ihm das Anwesen
ebenfalls gehören, und das wäre schon ziemlich cool.
Er
stand im Badezimmer seines Schlafzimmers. An den Wänden hing ein
großes Regal aus Glas, auf dem all seine Modellautos Platz
fänden. An seinem Bett standen ein riesiger Plasma Fernseher und
eine fette Anlage. Die Rahmen der Dusche waren vergoldet und die
Toilette war aus Marmor. Er hatte nach dem Duschen versucht, in das
Zimmer neben dem seinem zu kommen, doch die Tür ließ sich
nicht öffnen. Er vermutete, es war ebenfalls ein Schlafzimmer,
da auf der Tür ein Messingschild angebracht war, nur ohne Namen.
Anschließend war er in das unheimliche dritte Stockwerk
gestiegen.
Bei
Tag war es gar nicht mal mehr so unheimlich. Er zählte
fünfundzwanzig Zimmertüren, von denen sich nicht einmal die
Hälfte öffnen ließ. Einer dieser Räume war eine
Art Krankensaal. Das Zimmer und das übrige Haus kamen ihm sehr
gut gepflegt vor. Wie konnte das sein, wenn Sofie Sonnenschein
bereits seit vier Wochen tot war? Wieso war nichts verstaubt? An
einer Wand waren Türen, die nur halb so groß waren wie ein
normaler Mensch in verschiedenen Höhen angebracht. Zu jedem
dieser Einlässe führte eine kleine Treppe. Maxim konnte
keine dieser Türen öffnen. Außerdem gab es einen
Balkon, der keine Türen besaß. Er war offen und kühle
Morgenluft schwebte an Maxim vorbei, als er im Torbogen stehen blieb
und auf die Ausfahrt blickte.
Als
er zurück zur Galerie ging, um die ehemalige gruselige Treppe
hinunterzusteigen, vernahm er laute Stimmen aus der Eingangshalle. Er
blickte über das schwarze Geländer und erkannte die graue
Maus und Roxy.
»Es
ist mir egal, was dieser Spinner sagt. Ich komme jetzt schon zu spät,
und ich arbeite nicht einmal zwei Wochen in der Kanzlei!« Nadia
war außer sich, scheinbar hatte sie ihr Handy nicht rechtzeitig
geweckt, wie es ihm passiert war. Mit stampfenden Füßen
lief sie auf die Tür zu und drückte die Klinke hinunter.
Zur Überraschung der Anwesenden öffnete sie sich
quietschend und gab den Blick auf einen traumhaften Morgenwald preis.
»Siehst
du, dich hält hier niemand gefangen. Du kannst gehen, aber du
solltest dir trotzdem ein Taxi vom Haustelefon aus rufen, Handys
funktionieren hier nicht«, sagte Roxy.
»Ich
weiß.« Nadia ließ die Türen offen stehen. »Wo
ist eines?«, fragte sie gereizt und Roxy nickte in Richtung
Esssaal.
Kurze
Zeit später, als Maxim unten eintraf, saßen die anderen am
Tisch.
Nadia
stand an der Tür zur
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