Die dreizehnte Gabe: Der Dunkle Wald (Die 13. Gabe) (German Edition)
Geschöpfe
Ayorwedens entschlüpfen und die Menschen erschrecken.«
»Also
gibt es das alles wirklich?«, sagte Lavinia enttäuscht.
»Glaub
mir, es gibt noch viel mehr.« Nadia grinste und zeigte nach
vorn.
Roxy
erblickte in der angedeuteten Richtung die Umrisse einer gewaltigen
Stadt. Sie kannte diverse magische Städte aus Filmen, doch diese
war nicht auf einem Berg erbaut und befand sich auch nicht im Innern
einer magischen Hülle. Sie war schlicht und einfach
mittelalterlich. Eine hohe schwarze Mauer umringte Türme und
Fachwerkhäuser. Die Dächer liefen spitz zu und erhoben sich
noch viele Meter in den blauen Himmel. Es sah wie in einem Märchen
aus. Sie beschleunigten ihre Schritte und kurze Zeit später fuhr
der Wagen vor ihnen durch das Tor der Stadt. Nun
standen sie vor den Wachen, die eine goldene Rüstung trugen. In
der einen Hand hielten sie einen silbernen Schild, auf dem die
dreizehn Efeublätter dargestellt waren, die sich um einen kahlen
Baum schlängelten, in der anderen eine Fahne, ebenfalls golden
und mit demselben Wappen verziert. Die Männer blickten grimmig
auf sie.
»Einfach
weitergehen«, flüsterte Nadia.
»Halt!«,
befahl der Dickere von beiden und stierte Roxy an.
» Ween
Tien !«,
sagte er.
»Was
willst du?«, antwortete Roxy.
»Ihr
könnt weiter«, sagte der Mann finster.
»Los
komm schon!« Nadia zog sie in das dunkle Torinnere.
»Was
hat er gesagt?«
Nadia
hob die Schultern. »Ich weiß es nicht. Gestern konnten
Motzig und ich ohne Probleme durch.«
Roxy
blickte hinter sich. Auch die anderen Personen und Geschöpfe
passierten ohne anzuhalten die Wachen. Sie standen auf einem großen
Platz mit
einem breiten Brunnen in der Mitte. Er zeigte eine Frau mit einem
Schwert in der Hand, das sie senkrecht in die Höhe hielt. Roxy
las am Grund des Brunnens in goldenen Lettern Lady
Lilly. Auf
dem Platz herrschte dichtes Gedränge. Die meisten Geschöpfe
waren zwar Menschen, doch einige hatten seltsame Auswüchse.
»Sieh
mal den, der hat ’ nen
Rüssel statt ’ ner
Nase«, sagte Roxy und zeigte auf einen kleinen Jungen, der den
Fingerzeig bemerkte und seine Schritte beschleunigte.
»Hör
auf, ihn so anzustarren, das ist unhöflich, und nimm den Finger
runter«, zischte Nadia, die jedoch offensichtlich selbst
erstaunt war.
Der
Klamottenstil der magischen Welt war vielseitig. Viele von ihnen
hatten kunterbunte Kleider an. Andere – meistens die Älteren
– trugen Hemden und Hosen, wie sie Roxy aus
Mittelaltergeschichten kannte. Die Jugendlichen zeigten sich in einem
Outfit, das selbst auf der Erde als modisch gegolten hätte.
Sie
fielen in dem Wirrwarr offensichtlich nicht auf, als sie durch die
engen Gassen schlenderten.
»Wow,
die Stadt ist ja fabelhaft«, sagte Lavinia begeistert und blieb
vor einem Haus stehen, das mit
Blumen aller Art übersät
war. Der Eigentümer hatte die bunten Ziegel vom Boden auf seinem
Grund entfernt und stattdessen Erde ausgestreut aus denen nun die
schönsten Sträucher wuchsen, die Roxy je gesehen hatte.
Blüten, die sie nicht kannte, rankten von einer Terrasse
herunter auf die Straße. Roxy sah eine Wache vorbeilaufen, die
der Blütenpracht einen bösen Blick zuwarf. Es gab viel zu
entdecken, eine Schule, die anscheinend Kurse in Brauerei anbot, eine
Apotheke, ein Krankenhaus, das nur die Größe eines
Einfamilienhauses hatte und vieles mehr. Als sie an einem Posthaus
vorbeikamen, sahen sie einige Wolpertinger geschäftig mit
Ledertaschen um den Hals die Stufen hinauf- und heruntereilen. Das
Dach schien ein Landeplatz für sie zu sein.
»Sag
mal, tragen die Wolpertinger für Magier die Post aus?«,
fragte Roxy überrascht.
»Vermutlich!
Ich denke aber, Oliver und Frederic tun das nicht«, meinte
Nadia.
Auf
dem Weg zu einer Kneipe, die Oliver Nadia gezeigt hatte, kamen sie an
einer Reihe interessanter Läden vorbei. Ein Geschäft hieß Magic
Culture. Es
schien so etwas wie ein Schnellimbiss zu sein. Ein anderer Laden
nannte sich Rehheart. Sein Logo zeigte
ein Reh mit einem Geweih in Form eines Herzens. Im Innern tummelten
sich größtenteils Jugendliche und deckten sich mit der
anscheinend neuesten Mode ein. Zuletzt standen sie vor dem einzigen
Haus in der Stadt, das nicht aus farbigem Stein gebaut war. Es
bestand aus schwarz angelaufenen Ziegeln und dreckigen Fenstern.
»Sieh
mal, hier gibt es sogar
Feen«, sagte Roxy und zeigte auf ein Kind mit Feenflügeln
auf seinem Rücken. Es kam gerade aus dem dreckigen Gebäude.
»Du
Depp, das ist
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