Die dreizehnte Gabe: Der Dunkle Wald (Die 13. Gabe) (German Edition)
hinausgeführt.
Nadia
konnte die Gesichter der Krieger nicht sehen, sie hatten ihre Visiere
heruntergeklappt. Sie standen in einem Hinterhof, der sie nicht ahnen
ließ, in welchem Teil der Stadt sie waren. Dank der meterhohen
dunklen Mauern um sie herum konnten sie einzig und allein den Himmel
sehen und wie die Sterne strahlend und verachtend auf sie
herabfunkelten. Vom mittelalterlichen Charme der Stadt war hier
nichts mehr zu spüren, trostloser Beton drückte ihre
Stimmung in ungeahnte Tiefen.
»Wo
sind wir?«, fragte Lavinia.
»Euch
ist nicht gestattet, zu sprechen!«, sagte der Krieger, der
Lavinia zu einer Hintertür brachte, barsch. Nadia und Motzig
wurden hinterhergeführt. Jetzt standen sie in einem hohen Raum,
der lediglich von einer Fackel hoch oben an der Wand erleuchtet
wurde. Ein weiterer Soldat betrat das Gemäuer und blickte auf
die Gefangenen.
»Warum
tragen sie keine Handschellen? Habt ihr eine Ahnung, wie schnell
Magier ohne Handschellen verschwunden sind?« Er hob eine Hand
und drei blaue Blitze schossen daraus hervor,
Nadia
spürte, dass sie ihre Hände nicht mehr bewegen konnte,
obwohl sie dem Anschein nach nicht gefesselt waren.
»Es
wird nicht mehr passieren, Herr Berali«, sagte Lavinias
Bewacher und verneigte sich.
»Schafft
sie in den Verhörraum, ich komme gleich!«
»Was
ist mit den anderen?«, fragte Lavinia und versuchte
angestrengt, ihre Hände zu bewegen.
Der
Mann namens Berali ging auf sie zu und blickte ihr in die Augen.
»Nicht sprechen!«
Nadia
hatte das Gefühl, dass er eigentlich etwas anderes hatte sagen
wollen.
Sie
wurden durch viele Gänge der Festung geführt, alle Fenster
waren mit Gittern gesichert, die Wände kahl und aus dreckigem
harten Stein. Nur ein paar Fackeln spendeten Licht.
Nach
unzähligen Abzweigungen wurden sie durch eine dunkle Holztür
geführt. Ohne ein Wort schlossen die Krieger sie in dem dahinter
liegenden Raum ein.
An
der Decke hing ein Kerzenleuchter von dem Wachs auf einen von drei
darunter stehenden Stühlen tropfte. Hinter einem Tisch stand ein
weiter Stuhl.
»Motzig!
Kannst du die Tür nicht aufzaubern?«, fragte Lavinia
ungeduldig.
»Die
haben unsere Hände gelähmt! Selbst wenn es gehen würde,
wäre es nicht schlau, hier auszubrechen«, sagte Motzig und
setzte sich auf den rechten Stuhl.
Nadia
ließ sich schnell auf dem linken nieder. Für Lavinia blieb
nur noch der mit Wachs vollgetropfte übrig. Nadia versuchte
vergeblich, ihre Hände auf ihren Schoß zu legen, doch ihr
Befehl ging irgendwo auf Höhe ihrer Ellbogen verloren.
Stattdessen hingen ihre Arme wie aus Gummi über den Stuhllehnen.
»Sag
mal, hast du etwa meine Schuhe an?«, fragte Lavinia außer
sich, als sie sich gerade setzten wollte.
»Nicht
sprechen«, brüllte die Wache vor der Tür und hämmerte
gegen die Holztür.
Nadia
sagte nichts, in der Hoffnung, Lavinia würde sich an das
Sprechverbot halten.
»Rede
mit mir, du Diebin!«, flüsterte Lavinia giftig.
»Wir
dürfen nicht reden«, raunte Nadia, froh um diese Ausrede.
»Erst
verdächtigst du meinen Freund, er wäre ein bösartiger
Magier und jetzt klaust du mir auch noch die Schuhe! Die sind von
Jimmy Choo – ach ja und nicht zu vergessen, dank wem wir hier
sitzen«, sagte Lavinia laut.
»Sag
mal Blondine, bist du schwer von Begriff? Nicht sprechen«,
brüllte der Krieger und hämmerte ein zweites Mal gegen die
Tür.
»Dein
Freund? Warst du nicht eben auf der Party mit einem anderen zugange?«
»Zieh
meine Schuhe aus! Sofort!«
»Ich
kann sie nicht ausziehen! Meine Hände sind gelähmt.
Außerdem kannst du keine zwei Paar Schuhe tragen.«
»Mir
egal, sollst sehen, wie du ohne Schuhe nach Hause kommst.«
»Wenn
ihr nicht endlich eure Klappen haltet, kommen wir hier nie raus«,
sagte Motzig, und der Krieger hinter der Tür stimmte ihm
grummelnd zu.
»Meine
Jimmy Choo …«
Hinter
ihnen ging die schwere Tür auf und der Hauptmann der Truppe,
Bodo Berali, kam herein. Nadia hatte in der Zeitung bereits mehrere
Fotos von ihm gesehen. Er war der oberste Chef der Krieger in der
Stadt St. Benedikt und alles, was sich in dem Königreich befand.
»Was
habt ihr für Ausreden vorzuweisen?«, fragte Berali
grimmig. Er war ungefähr fünfzig Jahre alt, hatte braunes
Haar, mit einer breiten grauen Strähne über der Stirn, die
in chronische Falten gelegt waren.
»Wo
sind unsere Freunde Maxim und Roxy?«, fragte Motzig fast
genauso grimmig.
Nadia
bewunderte seinen Mut.
Bodo
Berali ließ sich nicht beirren.
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