Die dreizehnte Gabe: Der Dunkle Wald (Die 13. Gabe) (German Edition)
in die Küche.
»Jetzt
ist er abgehauen!«
»Beruhig
dich! Er haut doch jeden Morgen ab.«
»Ja,
weil er so viele Probleme hat. Wir müssen ihn unterstützen.«
»Nadia,
du Holzkopf! Mit Pfannkuchen hilfst du ihm ganz sicher nicht. Auch
wenn sie ausgezeichnet sind«, sagte Roxy und leckte sich die
Finger.
»Woher
weißt du überhaupt, wie sie schmecken? Du schlingst die
Dinger doch in einem Zug hinunter. Hat Gott dir überhaupt Zähne
zum Abbeißen oder Kauen gegeben?«, fragte Nadia
angewidert, als Roxy einen großen Bissen hinunterschlang.
»Keine
Zeit.«
»Ich
hoffe doch, du kümmerst dich um deinen Gerichtstermin. Hast du
dich schon vorbereitet?«
»Vorbereiten?
Das muss ich nicht. Ich hab das schon oft gemacht, hab Übung
darin.«
»O
Mann, Roxy! Darauf bist du auch noch stolz …« Nadia
schüttelte den Kopf.
»Sieh
mal Nadia, du solltest dich lieber um andere Probleme kümmern,
zum Beispiel herauszufinden, was dieses Wesen war, das in unserer
Bibliothek ein Buch gestohlen hat und vor allem, wozu es dieses Buch
benötigt. Oder, wohin die alte Oma von den Kriegern gebracht
worden ist. Oder, was es mit dem Stadtwalter von St. Benedikt auf
sich hat. Oder, was mit den Brüdern damals im Dunklen Wald
passiert ist. So viele Ungereimtheiten und du quälst dich wegen
unserer Verhandlung rum. Setz dich in die Bibliothek und fang an zu
recherchieren!«
»Die
Verhandlung ist wichtig! Ihr könntet zum Tode verurteilt
werden.«
»Nur, wenn wir
Magier verletzt hätten, und das haben wir nicht. Wir haben
lediglich gegen das Betäubungsmittelgesetz verstoßen.
Selbst wenn sie uns verurteilen, was meinst du, wie schnell ich mich
in ein anderes Königreich teleportieren könnte?
Irgendwohin, wo sie mich nicht zu fassen bekommen.« Roxy
zwinkerte ihr zu.
»Du
würdest einfach so abhauen? Aber wir sind doch eine
Gemeinschaft?«
»Gemeinschaft?
Motzig verbringt achtzig Prozent des Tages außerhalb des
Hauses. Selbst du weißt nicht, wo er sich herumtreibt. Lavinia
ist so gut wie wieder ausgezogen und Maxim ist auch nur noch einen
Katzensprung davon entfernt, nie wieder einen Fuß in diese
Gemäuer zu setzen.«
Lavinia
hatte tatsächlich seit ihrem letzten Streit jede Nacht in ihrem
Appartement verbracht – mit ihrem Gustav. Die letzten drei Tage
hatte sie sich überhaupt nicht mehr gemeldet. Jeden Abend vor
dem Schlafengehen strengte sich Nadia an, um herauszufinden, wie es
Lavinia ging. Ihre Gabe bestätigte ihr jeden Abend dasselbe.
Lavinia ging es gut.
»Dann
müssen wir Lavinia eben wieder zurückholen«, sagte
Nadia grimmig.
»Gute
Idee, ich bin dafür«, stimmte Roxy zu und stemmte sofort
ihre Arme in die Hüften.
Nadia
blickte zu Roxy auf. »Wie wollen wir das anstellen?«
»Ich
würde sagen, wir teleportieren uns zu ihrem Appartement und
ziehen sie an ihren Haaren zurück ins Anwesen«, brummte
Roxy und
bestätigte ihre Worte durch ein Nicken.
»Ich
denke, das wäre der falsche Weg. Außerdem meinte Motzig,
wir sollten bei Lavinia vorsichtiger sein. Wie wäre es, wenn wir
sie anrufen?«, schlug Nadia vor.
»Du
kannst es ja probieren. Meine Anrufe drückt sie immer weg.«
»Das
könnte daran liegen, dass du sie das letzte Mal als dumme Nuss
bezeichnet hast.«
»Die
soll sich mal nicht so anstellen! Dumm war bei ihr noch ein
Kompliment«, meinte Roxy und nahm sich den letzten Pfannkuchen. »Also
Nadia, wollen wir Frauen das Problem mit Lavinia angehen«,
fragte sie mampfend.
Nadia
betrachtete Roxy.
Sie hatte
freundschaftlich mit ihr gesprochen, schon
fast glücklich. Ihre Wangen glühten wie immer, wenn sie
sich ohne nachzudenken auf ein Vorhaben stürzte.
Sie
überlegte, ob es ratsam wäre, Roxy die Führung zu
übergeben. »Wieso eigentlich nicht?«, sagte sie
dann. »Wie
willst du es anstellen?«
»Wir
teleportieren uns zu ihrem Appartement und ziehen sie an den Haaren
hierher.«
»Hat
Motzig nicht gesagt, dass …«,
»Egal,
was der sagt, komm schon!«
*
Kurze
Zeit später standen sie in einem schick eingerichteten Gang.
Nadias Magen machte einen Sprung nach dem anderen. Roxy hatte sie
gepackt und zu Lavinias Appartement teleportiert. Das Gefühl,
das sich währenddessen in ihr breitgemacht hatte, hatte sie
beinahe um
den Verstand gebracht. »Ich glaube ich muss brechen! Wie
schaffst du das nur?«
»Ach, man gewöhnt
sich daran. Mit der Zeit macht es sogar Spaß.«
Nadia
wollte sich nicht vorstellen, dieses Gefühl noch öfter
erleben zu müssen. Bei dem Gedanken erschauderte
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