Die Drenai-Saga 4 - Der Bronzefürst
versprachen, den Becher zurückzugeben, und die Träume hörten auf.«
»Er hat Glück gehabt«, meinte Maggrig.
»Eigentlich nicht. Er starb kurz darauf bei einem Kampf um ein Kneipenhure.«
Beltzer gab seinem Pferd die Sporen und folgte Okas über einen kleine Hügel.
Vor ihnen lag ein langes Tal, und dahinter die scheinbar trockene, windgepeitschte Landschaft der Nadirsteppe.
Tanaki erhob sich vom Bett, reckte sich und ging zum Fenster. Sie öffnete die Läden und blickte über den leeren Platz hinaus.
Als sie eine Bewegung hinter sich spürte, drehte sie sich um und lächelte den Besucher an.
»Es gilt als höflich, sich anzukündigen, Harokas«, erklärte s dem Meuchelmörder mit dem Adlergesicht.
Er zuckte die Achseln. »Nicht bei meiner Art von Arbeit«, sagte er mit einem breiten Grinsen.
»Ich hatte dich erst in ein paar Wochen erwartet. Sag mir, daß du Tag und Nacht geritten bist, damit deine Augen sich an meiner Schönheit weiden können.«
»Ich wünschte, ich könnte es, Prinzessin. Aber ich habe Neuigkeiten mitgebracht, die dich interessieren werden. Eine Gruppe von Männern ist auf dem Weg hierher, um eine der Sklavinnen zu retten. Wahrscheinlich ist dein Leben durch sie in Gefahr.«
»Wie viele?«
»Sechs.«
Sie kicherte. »Glaubst du, daß ich sechs Männer fürchten sollte? An einem guten Tag könnte ich wahrscheinlich allein mit ihnen fertig werden.«
»Diese Männer sind etwas Besonderes, Prinzessin. Sie werden von Chareos angeführt, dem Schwertmeister. Zu ihnen gehört auch Beltzer mit der Axt – und die legendären Bogenschützen Finn und Maggrig.«
»Die Helden von Bel-Azar? Warum interessieren sie sich für ein Bauernmädchen?«
»Ja, warum wohl?«
»Wie hast du davon erfahren?« fragte Tanaki.
»Sie haben in einem Dorf mit ihrer Mission geprahlt. Die ganze Gegend spricht von dieser Geschichte.«
»Aber da ist noch etwas, das du mir nicht gesagt hast«, sagte sie mit der Andeutung eines Lächelns.
»Da hast du ganz recht, Prinzessin«, antwortete er und öffnete seine Arme für sie. Sie trat zu ihm, und er küßte sie. Dann machte sie sich frei.
»Später«, sagte sie. »Erzähle mir zuerst alles.«
»O nein«, sagte er, hob sie hoch und trug sie in das Schlafzimmer auf der anderen Seite der Halle.
Sie liebten sich über eine Stunde lang, bis er sich schließlich in den Kissen zurücklehnte und die Augen schloß.
»Und jetzt erzähl mir«, sagte sie, stützte sich auf einen Ellbogen und blickte auf ihn hinunter.
»Wenn ich mich je in eine Frau verliebe, dann in dich, Prinzessin. Du bist stark, klug, mutig und scharfsinnig. Und im Bett …«
»Ja, ja. Ich gebe das Kompliment zurück. Aber sag es mir jetzt!«
»Und du bist zielstrebig. Das bewundere ich.«
Ihr Gesicht verdüsterte sich.
»Schon gut, schon gut«, sagte er lächelnd. »Der Graf hat mich beauftragt, Chareos zu töten.«
»Und das soll
ich
für dich erledigen, nicht wahr?«
»Na ja, ich werde allmählich alt und müde.«
»Das habe ich bemerkt«, sagte sie und setzte sich. »Und jetzt muß ich an die Arbeit.«
»Warum war Tsudai hier?« fragte er. Sie drehte sich wieder zu ihm und fragte sich, ob sie tatsächlich Besorgnis in seinen Augen lesen konnte. Sie gelangte zu der Ansicht, daß sie sich täuschte. Dann zuckte sie mit den Achseln und stand auf.
»Wie kommt es, daß du alles hörst, Harokas? Bist du ein Seher?«
»Nein, ein Zuhörer. Und wenn Jungir Khans General die Steppe durchquert, dann weiß ich, daß er es nicht zu Übungszwecken tut.«
»Er kam, um Frauen zu kaufen. Das war alles.«
»jetzt bist du es, die mir etwas vorenthält. Möchtest du seinen Tod, Prinzessin?«
»Nein!« entgegnete sie scharf.
»Wie du willst. Aber er haßt dich – weißt du das?«
»Er sagt, er liebt mich.«
Harokas grunzte und rollte sich aus dem Bett. »Er kennt nicht einmal die Bedeutung des Wortes.«
»Aber du?« fragte sie und schlüpfte in ihre Tunika.
»Manchmal schon, glaube ich. Was willst du wegen Chareos unternehmen? «
»Ich werde noch heute Reiter ausschicken.«
»Schick die besten, Prinzessin.«
»Die Helden von Bel-Azar werden am Ende der Woche tot sein.«
»Vielleicht«, sagte er leise.
Trotz seines öden Aussehens war das Land am Rande der Steppe voller Leben, und Kiall war fasziniert vom Wunder der Wildnis. Er hatte sein Leben im Tal verbracht und kannte die Lebensgewohnheiten von Rotwild und Wildschafen, doch hier draußen lebten Wesen von seltener Schönheit, und ihr
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