Die Drenai-Saga 6 - Druss-Die Legende
Jäger.
»Collan bringt sie nach Mashrapur. Sie sind bei Anbruch der Dämmerung aufgebrochen.«
Zwei Frauen tauchten zwischen den Bäumen auf. Sie trugen Bögen und Köcher mit Pfeilen. »Wer ist das?« fragte Shadak.
»Die Töchter des Gerbers. Sie haben viel für das Dorf gejagt. Ich habe ihnen die Bögen der Wächter gegeben.«
Die größere der Frauen trat auf Druss zu. »Sie fliehen in die Nacht. Ich glaube nicht, daß sie jetzt zurückkommen. Sollen wir sie verfolgen?«
»Nein, bringt die anderen herunter, und fangt die Pferde ein.« Der Axtschwinger wandte sich zur knienden Gestalt von Harib Ka. »Wer ist das?« fragte Druss und blickte Shadak an.
»Einer der Anführer.«
Ohne ein Wort hieb Druss die Axt in Haribs Nacken. »Jetzt nicht mehr«, stellte er fest.
»Allerdings nicht«, gab Shadak ihm recht, trat zu dem noch zuckenden Leichnam und zog sein Schwert heraus. Er blickte sich um und zählte die Toten. »Neunzehn. Bei den Göttern, Druss, ich kann es kaum glauben!«
»Einige sind von den Pferden niedergetrampelt worden, die ich aufgescheucht habe. Ein paar haben die Mädchen getötet.« Druss drehte sich um und betrachtete prüfend das Lager. Irgendwo zu seiner Linken stöhnte ein Mann. Das größere der Mädchen rannte zu ihm und stieß ihm einen Dolch in die Kehle.
Druss wandte sich wieder an Shadak. »Wirst du die Frauen sicher nach Pädia bringen?«
»Du gehst nach Mashrapur?«
»Ich werde sie finden.«
Shadak legte dem jungen Mann eine Hand auf die Schulter. »Das hoffe ich für dich, Druss. Suche nach dem Weißen Bären – dort wird Collan absteigen. Aber ich warne dich, mein Freund. In Mashrapur ist Rowena sein Eigentum. So ist es dort das Gesetz.«
»Sie gehört mir«, antwortete Druss und hob die doppelköpfige Axt.
Shadak nahm den jungen Mann beim Arm und führte ihn zu Haribs Zelt, wo er sich einen Becher Wein einschenkte und leerte. Eine von Haribs Leinentuniken hing über einer kleinen Truhe, und Shadak warf sie Druss zu. »Wisch dir das Blut ab. Du siehst aus wie ein Dämon.«
Druss grinste finster und wischte sich Arme und Gesicht ab; dann reinigte er die Doppelklingen der Axt.
»Was weißt du über Mashrapur?« fragte Shadak.
Der Axtschwinger zuckte die Achseln. »Ein unabhängiger Staat, regiert von einem ventrischen Prinzen im Exil. Das ist alles.«
»Es ist ein Zufluchtsort für Diebe und Sklavenhändler«, erklärte Shadak. »Das Gesetz ist einfach: Wer Gold hat, um bestechen zu können, gilt als guter Bürger. Woher das Gold stammt, spielt dabei keine Rolle. Collan ist in Mashrapur geachtet. Er hat dort Häuser und speist mit dem Emir.«
»Und?«
»Wenn du einfach losmarschierst und ihn tötest, wird man dich gefangennehmen und hinrichten. So einfach ist das.«
»Was schlägst du vor?«
»Es gibt eine kleine Stadt etwa dreißig Kilometer südlich von hier. Dort lebt ein Mann, ein Freund von mir. Geh zu ihm und sage ihm, ich hätte dich geschickt. Er ist jung und talentiert. Du wirst ihn nicht mögen, Druss. Er ist ein vergnügungssüchtiger Geck und hat keinerlei Moral. Aber in Mashrapur macht ihn das unschätzbar wertvoll.«
»Wer ist dieser Mann?«
»Er heißt Sieben. Er ist ein Dichter, ein Märchenerzähler. Er gibt sogar Vorstellungen in Palästen. Er ist wirklich sehr gut, Druss. Er hätte reich werden können. Aber er verbringt die meiste Zeit damit, jede hübsche Frau ins Bett zu bekommen, die ihm über den Weg läuft – wobei er sich nie darum kümmert, ob die Frauen verheiratet sind oder nicht –, das hat ihm viele Feinde eingebracht.«
»Mir gefällt er jetzt schon nicht.«
Shadak lachte leise. »Er hat auch gute Seiten. Er ist ein loyaler Freund, und er ist vollkommen furchtlos. Ein guter Mann mit dem Messer. Und er kennt Mashrapur. Vertrau ihm.«
»Warum sollte er mir helfen?«
»Er schuldet mir einen Gefallen.« Shadak schenkte einen zweiten Becher Wein ein und reichte ihn dem jungen Mann.
Druss nippte daran; dann leerte er den Becher. »Das schmeckt gut. Was ist das?«
»Lentrischer Roter. Etwa fünf Jahre alt, würde ich sagen. Nicht der beste, aber in einer Nacht wie dieser gut genug.«
»Ich kann verstehen, daß man Geschmack daran findet«, gab Druss ihm recht.
4
Sieben hatte seinen Spaß. Eine kleine Menschenmenge hatte sich um das Faß geschart, und drei Männer hatten bereits reichlich Geld verloren. Der grüne Kristall war klein und paßte mühelos unter eine der drei halben Walnußschalen. »Ich schiebe sie ein bißchen
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