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Die Drenai-Saga 6 - Druss-Die Legende

Die Drenai-Saga 6 - Druss-Die Legende

Titel: Die Drenai-Saga 6 - Druss-Die Legende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gemmell
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abzuschätzen schienen. Seltsamerweise spürte er das Verlangen, sich für die Ohrfeige zu entschuldigen, was höchst lächerlich war. Der Schlag sollte nicht weh tun, sondern war lediglich ein probates Mittel, Autorität zu vermitteln – Besitzertum. Er räusperte sich. »Ich erwarte, daß du rasch lernst, wie man sich in einem ventrischen Haushalt benimmt. Man wird gut für dich sorgen und dich gut ernähren. Deine Unterkunft wird bequem und warm im Winter, kühl im Sommer sein. Aber du bist eine Sklavin; das mußt du begreifen. Ich besitze dich. Du bist mein Eigentum. Verstehst du?«
    »Ich verstehe … Herr«, sagte das Mädchen. Sie sprach den Titel mit einer Spur von Nachdruck aus, aber ohne Dreistigkeit oder Häme.
    »Sehr gut. Dann wollen wir uns wichtigeren Dingen zuwenden.« Er streckte die Hand aus.
    Rowena ergriff sie und berührte seine Handfläche. Zuerst konnte sie nur Einzelheiten aus seiner jüngeren Vergangenheit sehen – seine Vereinbarung mit den Verrätern, die den ventrischen Kaiser ermordet hatten. Einer von ihnen war ein Mann mit einem Habichtgesicht. Kabuchek kniete vor ihm, und auf dem Ärmel des Mannes war Blut. Ein Name stahl sich in Rowenas Gedanken – Shadak.
    »Was sagst du da?« zischte Kabuchek.
    Rowena blinzelte; dann wurde ihr klar, daß sie den Namen ausgesprochen haben mußte. »Ich sehe einen großen Mann mit Blut am Ärmel. Du kniest vor ihm …«
    »Die Zukunft, Mädel! Nicht die Vergangenheit.« Von Deck hörte es sich plötzlich an, als würde ein Riesenvogel mit den Schwingen schlagen. Rowena zuckte zusammen. »Das ist nur das Großsegel«, sagte Kabuchek. »Konzentrier dich, Mädchen!«
    Rowena schloß die Augen und ließ ihren Gedanken freien Lauf. Sie konnte das Schiff jetzt von oben sehen; es fuhr auf einem klaren Meer unter einem strahlendblauen Himmel. Dann kam ein anderes Schiff in Sicht, eine Trireme, deren drei Reihen von Rudern weißen Schaum aufwühlten, als sie durch die Wellen näher glitten. Auch Rowena schwebte näher … näher.
    Bewaffnete Männer schwärmten über die Decks der Trireme, und silbergraue Schatten schwammen um das Schiff – große Fische, sieben Meter lang, deren Rückenflossen das Wasser wie Schwertspitzen durchschnitten. Rowena beobachtete, wie die beiden Schiffe zusammenprallten, sah, wie Männer ins Wasser fielen und die schlanken Fische auf sie zustürzten. Blut floß ins Meer, und sie sah die spitzen Zähne der Fische, sah sie reißen und zerren und den hilflos um sich schlagenden Seeleuten die Glieder abbeißen.
    Der Kampf an Deck des Schiffes war kurz und wild. Rowena sah sich selbst und Pudri und die große Gestalt Kabucheks über die Achterreling klettern und ins Wasser springen.
    Die Mörderfische umkreisten sie – und kamen näher.
    Rowena konnte nicht mehr zusehen. Sie riß ihre Gedanken zurück in die Gegenwart und schlug die Augen auf.
    »Nun, was hast du gesehen?« fragte Kabuchek.
    »Eine Trireme mit schwarzen Segeln, Herr.«
    »Earin Shad«, flüsterte Pudri mit blassem Gesicht. In seinen Augen stand Angst.
    »Entkommen wir ihm?« fragte Kabuchek.
    »Ja«, antwortete Rowena mit dumpfer Stimme, voller Verzweiflung, »Wir entkommen Earin Shad.«
    »Gut. Ich bin sehr zufrieden«, verkündete Kabuchek. Er warf einen Blick auf Pudri. »Bring sie in ihre Kabine und gib ihr etwas Gutes zu essen. Sie sieht blaß aus.«
    Pudri führte Rowena über den schmalen Flur zurück zu einer kleinen Tür. Er stieß sie auf und trat hinein. »Das Bett ist sehr klein, aber du bist ja nicht groß. Ich glaube, es wird ausreichen, Pahtai.« Rowena nickte dumpf und setzte sich.
    »Du hast mehr gesehen, als du dem Herrn gesagt hast«, meinte er.
    »Ja. Da waren Fische, riesige dunkle Fische mit schrecklichen Zähnen.«
    »Haie«, sagte Pudri und setzte sich neben sie.
    »Dieses Schiff wird versenkt«, sagte sie. »Und du und ich und Kabuchek, wir springen ins Meer, wo die Haie warten.«

1
    Sieben saß in einem Zimmer. Hinter ihm fielen Sonnenstrahlen schräg durch die Fensterläden. Er konnte leise Stimmen aus dem angrenzenden Zimmer hören – die tiefen, bittenden Töne eines Mannes und die barschen Erwiderungen der Alten Frau. Durch die dicken Steinmauern und die Eichentür gedämpft, konnte er die Worte nicht verstehen – was auch gut war, da Sieben nicht den Wunsch hatte, das Gespräch mit anzuhören. Die Alte Frau hatte viele Kunden, und die meisten wollten den Mord an einem Rivalen – zumindest den geflüsterten Gerüchten nach, die

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