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Die dritte Sünde (German Edition)

Die dritte Sünde (German Edition)

Titel: Die dritte Sünde (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva-Ruth Landys
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selbstbewusst lächelnd und streifte Isobel dabei mit einem Blick, in dem er nur unzureichend eine gewisse Lüsternheit verbarg. Sie nahm es gelassen hin. Sollte der Dummkopf doch in dem Glauben leben, er habe ihr tatsächlich Vergnügen bereitet. Wenn das der Schlüssel zu seiner Börse war, würde sie ihn schon zu bedienen wissen.
    »Allerdings habe ich mir Gedanken gemacht, wie Sie, mein lieber de Burgh, die nächste Zukunft zu gestalten gedenken. Die untergeordneten Räumlichkeiten Ihres verstorbenen Sohnes können einem Mann von Ihrem Stand und Format doch sicher nicht genügen.« Havisham blickte ihren Vater betont unschuldig mit seinen hellen graublauen Augen an. »Doch leider benötigen wir als junges Ehepaar auch mehr Raum. Zudem scheint meine geschätzte Gattin einige Pläne zu hegen hinsichtlich baulicher Veränderungen, wie mir scheint. Ich will ihren Eifer da keinesfalls bremsen«, meinte Havisham, beugte sich zu Isobel hinüber und tätschelte ihr jovial die Hand. »Nicht wahr, meine liebes Täubchen, so ist es doch?«
    Was hatte der alte Fuchs nur vor? Allerdings konnte es Isobel nur recht sein, wenn er ihr damit im Grunde die Erlaubnis gab, umgehend mit der durchaus kostspieligen Umgestaltung ihrer Wohnräume zu beginnen. Sie brannte darauf. Erstaunlich, was sich mit ein wenig leidenschaftlichem Stöhnen und einem jugendlich straffen Körper erreichen ließ! Sie musste das bei Gelegenheit Jemina Craven schreiben.
    Auch ihr Vater schien jetzt den Worten Havishams mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Ein Anflug von Furcht huschte über sein Gesicht.
    »Was meinen Sie damit, Horace? Ich kann mich durchaus einschränken, wenn es nötig ist.«
    »Aber, aber, mein lieber de Burgh! Sich einschränken! Nein, das kommt doch überhaupt nicht infrage!«, beteuerte Havisham, dabei lachend sein kräftiges Gebiss zeigend. Isobel kam blitzartig der aufgerissene Rachen eines Raubtieres in den Sinn. Dieser Mann war doch besser nicht zu unterschätzen. »Nein, da habe ich eine viel bessere Idee!« Havisham war plötzlich wieder ernst. Sein eben noch betont fröhliches Lachen war einer lauernden Entschlossenheit gewichen. »Ich habe mir erlaubt, für Sie, mein lieber de Burgh, in London ein geräumiges Apartment anzumieten. Ganz in der Nähe des Stadthauses des Earls of Branford.«
    Isobels Vater blieb vor Verblüffung der Mund offen stehen. »Sie haben für mich ein Apartment angemietet?«, stotterte er, dümmlich Havishams Worte wiederholend. »Aber … aber wie soll ich dann meine Pflichten als Gutsherr wahrnehmen? Immerhin haben wir Sommer, die Ernte steht bald an. Mein Gesinde ist es nicht gewohnt, dass ich so lange abwesend bin.«
    »Tja, das ist ein Problem, über das ich auch schon nachgedacht habe, das sich aber nur zu leicht lösen lässt.« Havisham lächelte wieder sein Raubtierlächeln. »Ich werde das selbstverständlich für Sie übernehmen, werter Schwiegervater, und meine teure Gattin kann mir in den Fragen, die auftreten, sicher raten, nicht wahr, meine Liebe?«
    Jetzt war es heraus! Havisham ließ tatsächlich keine Zeit ungenutzt verstreichen, dachte Isobel mit steigender Anerkennung. So also hatte er sich das gedacht. Kaum hatte er sie geheiratet, die Ehe vollzogen und damit rechtlich unantastbar gemacht, verdrängte er ihren Vater unter lächerlichen Vorwänden aufs Altenteil, um selbst Herr auf Whitefell zu werden. Rücksichtslos, aber effektiv, das war nicht zu leugnen. Ihrem Vater waren die Tatsachen offenbar genauso deutlich. War er erst einmal in London, gab es für ihn keine Rückkehr mehr. Havisham hatte alle Trümpfe in der Hand, hatte ihn selbst in der Hand. Welche vernünftigen Argumente hätte ihr Vater anführen können, um sich gegen dessen Herrschaftsanspruch zu stellen? Nur der Einspruch seiner Tochter, seines eigenen Fleisches und Blutes, konnte ihn vielleicht noch vor dem Verlust seiner Privilegien als Herr über Whitefell retten. Er wandte sich mit bittenden Augen Isobel zu. Stumm flehten seine Lippen. Doch Isobel wandte den Blick demonstrativ ab und biss genussvoll in ihr Röstbrot. Wenn Havisham Herr über Whitefell wurde, war sie im selben Augenblick die Herrin. Das ging ja bedeutend schneller, als sie es sich erhofft hatte. Was kümmerte sie ihr närrischer Vater?

Whitefell House, Wiltshire, 8. August 1838

Kapitel 39

    Auf dem Gerätehof von Whitefell war ein ziemliches Gedränge. Nicht nur die gesamte Dienerschaft, auch die Knechte und das Gutspersonal mitsamt allen

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