Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die dritte Sünde (German Edition)

Die dritte Sünde (German Edition)

Titel: Die dritte Sünde (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva-Ruth Landys
Vom Netzwerk:
die kleine Pacht bei Wilton verlassen muss. Sie hat noch keine Kinder. Ihr Mann ist bei Waldarbeiten letzten Winter unter einen stürzenden Baum geraten und nun am Siechtum gestorben. Sie ist jung und kräftig und könnte hier als Magd anfangen und auf Billie und Mary aufpassen, vielleicht nehme ich sie auch zur Frau. Ich brauche dich nicht mehr. Es ist entschieden.« Er hielt einen Augenblick inne, als schrecke er selbst vor der Endgültigkeit seiner Entscheidung zurück. Schließlich gab er sich aber einen Ruck, maß sie ein letztes Mal mit einem unversöhnlichen Blick und wandte sich zum Gehen. Er konnte ihr nicht vergeben.
    Doch dann richtete er noch einmal das Wort an sie: »Geh, wohin auch immer du magst, je eher desto besser. Nimm deine Habe mit. Ich will dich hier nicht mehr sehen. Wenn Miss de Burgh dich morgen wegschickt, brauchst du nicht mehr herzukommen. Am besten, du suchst dir Arbeit in der Gegend östlich von Salisbury, da gibt es einige freie Höfe. Du bist alt genug. Als Magd wirst du hoffentlich lernen, was es heißt, Verantwortung zu übernehmen und deinen Stand richtig einzuschätzen.« Damit verließ er den Stall und ließ seine älteste Tochter in der Dunkelheit zurück.
    ****
    Noch im Morgengrauen sammelte Cathy ihre wenigen Besitztümer, bestehend aus einem gemalten kleinen Bild vom guten Hirten, das sie vor Jahren am Todestag ihrer Mutter vom Pfarrer des Dorfes, in dem sie früher gewohnt hatten, geschenkt bekommen hatte, einem geschnitzten Hornkamm ihrer Mutter und einem dünnen Baumwollkleid mit Schürze, das ihr aber schon zu klein war, in ein Bündel und schickte sich an, das Anwesen zu verlassen, das ihr Zuhause gewesen war. Billie und Mary schliefen noch. Billie hatte die Decke aus Schafwollfilz abgestreift und fröstelte im Schlaf, Mary dagegen hatte sich am anderen Ende der Bettstatt in das plötzliche luxuriöse Übermaß der Zudecke gekuschelt. Vorsichtig entzog Cathy ihrer Schwester den unrechtmäßigen Anteil und deckte ihren kleinen Bruder, dessen Unglück sie nach den harschen Worten ihres Vaters zu verantworten hatte, ein letztes Mal behutsam zu.
    Die Trauer erdrückte sie. Sie hatte kein Zuhause mehr. Was sollte nun aus ihr werden? Wie um alles in der Welt sollte sie sich nur bis in die Gegend östlich von Salisbury durchschlagen, von der der Vater gesprochen hatte, ohne Geld, ohne den Weg zu kennen, ohne überhaupt eine Menschenseele zu kennen? Sie wusste auch nicht, an wen sie sich um Hilfe hätte wenden sollen. Die Verwandten ihrer Mutter lebten unerreichbar fern in Gloucester und waren selbst bitterarm und ihr Vater war der einzige überlebende Sohn seiner Familie. Von seiner Seite aus gab es keine Verwandten. Sie bezweifelte auch, dass er es dulden würde, wenn sie sich bei ihren Verwandten verkroch. Er hatte sie verstoßen, ob zu Recht oder zu Unrecht, war unerheblich. Die Entscheidung des Vaters als Familienoberhaupt war ehernes Gesetz.
    Eine plötzliche Wut auf Isobel de Burgh und deren unsinnige Wünsche machte sich in ihr breit, aber sie unterdrückte diese gleich wieder. Miss de Burgh war die Tochter des Herrn auf Whitefell und hatte somit alles Recht der Welt zu verlangen, nach was immer ihr der Sinn stand. Wie konnte Cathy ihr deshalb einen Vorwurf machen? Es war allein ihre eigene Entscheidung gewesen, an diesem verhängnisvollen Tag im März ihre Arbeit und ihre Geschwister im Stich zu lassen, und nun traf sie die gerechte Strafe, wie sie jeden Sünder unabänderlich treffen musste. Wenn sie auf der Suche nach Arbeit und einer Bleibe umkommen würde, dann war das eben die verdiente Strafe Gottes und geschah ihr recht.
    Das Einzige, was sie noch tun konnte, um ihre schreckliche Schuld doch wenigstens ein wenig wieder gutzumachen, war, den von Isobel de Burgh befohlenen Besuch in Whitefell zu machen. Wenn sie nicht erschien, würde das womöglich schlimme Folgen für ihre Familie haben. Miss de Burgh wurde offensichtlich schnell ungehalten und sie hatte – anders als die furchterregende Miss Hunter – sehr wohl die Macht, ihren Vater zu bitten, den Feldpfleger Thomson zu entlassen.
    Cathy beschloss, sich bis zur Teezeit am Nachmittag, von der sie wusste, dass die besseren Leute sie gegen fünf Uhr zu halten pflegten, im Wald zu verstecken. Die Luderhütte, in der der Wildhüter die als Luder bezeichneten Lockköder für die Füchse aufhängte, war bis dahin sicher ein guter Unterschlupf, falls es wieder regnen sollte, wie schon in der Nacht. Sie wagte es nicht,

Weitere Kostenlose Bücher