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Die dritte Sünde (German Edition)

Die dritte Sünde (German Edition)

Titel: Die dritte Sünde (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva-Ruth Landys
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ihrer gestrengen Gouvernante.
    Cathy stand unschlüssig im Raum und wusste nicht, wohin sie schauen sollte. Miss Hunters Blick brannte ihr förmlich auf der Haut. Warum nur war die Frau so wütend? Sie selbst hatte doch gar nicht kommen wollen. Sie kam doch nur dem ausdrücklichen Befehl von Isobel de Burgh nach. Cathy begann zu begreifen, dass sie in dieser ihr fremden Welt für alles verantwortlich gemacht werden würde, da es selbst hier keiner auch nur annähernd wagte, ernsthafte Kritik an Miss de Burgh und ihren seltsamen Grillen zu üben.
    »Setz dich doch, Cathy!«, sagte Isobel nun in gewinnendem Ton und wies auf einen der Stühle, die dick gepolstert und mit feiner Stickerei bezogen waren. Cathy nahm folgsam, wenn auch übervorsichtig, auf dem feinen Möbel Platz und wagte es, ihren Blick ein wenig schweifen zu lassen. Dies war ein anderer Salon als der, in dem sie bei ihrem letzten Besuch Tee getrunken hatten. Er war etwas kleiner und auch eher am Geschmack von Frauen ausgerichtet. Die Wände waren mit hellen Stofftapeten bespannt, auf denen sich seltsame bunte Vögel, wie Cathy sie noch nie gesehen hatte, in verwirrender Anzahl tummelten. Mehrere Gemälde, auf denen Blumen und Früchte in ähnlich überbordender Üppigkeit abgebildet waren, hingen an allen Wänden des Zimmers und einige zierliche Stühlchen und Tischchen, die alle einem eigenen, besonderen Zweck zu dienen schienen, ein schöner Sekretär und ein Schrank auf seltsam gebogenen Füßen rundeten die Einrichtung ab. Obwohl Cathy keinerlei Erfahrung mit der Ausstattung herrschaftlicher Häuser hatte, nahm sie doch wahr, dass alles einen leichten und einladenden Eindruck auf den Besucher machen sollte. Am meisten aber imponierte ihr ein großes Bild, das wohl Miss Isobel selbst darstellte, obwohl sie nicht ganz getroffen und auch die Kleidung, die sie darauf trug, nicht mehr zeitgemäß war.
    Isobel folgte ihrem fragenden Blick. »Nein, das bin ich nicht!«, erklärte sie, »das ist meine Mama, als sie etwa so alt war wie ich jetzt. Nicht wahr, du findest auch, dass sie mir ähnlich sieht? Alle sagen das!«
    Cathy nickte zustimmend.
    »Sie war sehr schön. Findest du nicht auch? Kein Wunder, dass sie allen Männern den Kopf verdreht hat!«
    »Miss de Burgh, ich muss doch sehr bitten!« Die Stimme der Gouvernante klang einmal mehr zutiefst entrüstet. Isobel verdrehte entnervt die Augen. »Miss Hunter, das hat mir mein Vater wieder und wieder erzählt. Sie wissen das. Was soll daran schlimm sein, wenn mein Vater es auch erzählt? Schließlich hat sie dann meinen Vater erwählt. Er war sehr geschmeichelt von ihrer Wahl.«
    »Es schickt sich nicht für eine Dame von Stand, so etwas zu kommentieren«, meinte Miss Hunter spitz. »Bei Ihrem Vater ist das etwas anderes. Gentlemen haben nun einmal das Bedürfnis, von Zeit zu Zeit derlei Betrachtungen anzustellen.«
    Isobel schnaubte unwillig und wandte sich dann, ohne noch weiter auf die Bemerkung einzugehen, wieder Cathy zu. »Du kannst ruhig aufstehen und dich umsehen. Schließlich hast du so etwas sicher noch nie von Nahem gesehen.«
    Cathy schüttelte erwartungsgemäß den Kopf und erhob sich. Sicher, diese Pracht war unvorstellbar und sie kam sich unsäglich fehl am Platze vor in ihrem bäuerlichen Kleidchen. Dennoch störte sie die kaum verborgene Überheblichkeit in Isobels Stimme. Sie hätte es ehrlich vorgezogen, nicht hier sein zu müssen.
    Doch sie war froh, sich dadurch dem unwirschen Blick von Miss Hunter entziehen zu können. Cathy zog die Begutachtung des Raumes und der vielen wunderlichen Gegenstände darin so sehr sie nur konnte in die Länge. So lange, bis Miss Isobel sie mit deutlicher Unzufriedenheit in der Stimme wieder zurück an den Tisch beorderte. Offensichtlich war jetzt das obligatorische Teetrinken anberaumt, das Cathy nun schon vom letzten Besuch kannte. Hier fühlte sie sich sicherer, da sie schon einmal erlebt hatte, wie es dabei zuging und deshalb zu wissen glaubte, was man von ihr erwartete. Bevor sie Platz nahm, brachte sie es sogar fertig, einen kleinen Knicks zu fabrizieren, der dem, den sie bei Miss Isobel gesehen hatte, schon ein wenig mehr gleichkam. Das brachte ihr einen erstaunten Blick von Miss Hunter ein, die mit allem, aber nicht damit gerechnet zu haben schien. Cathy war es für den Moment etwas leichter ums Herz. Außerdem hatte sie wirklich Hunger. Sie hatte seit dem Vorabend nichts mehr gegessen. Im Wald gab es jetzt im Frühjahr noch nicht genug Wurzeln

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