Die dritte Sünde (German Edition)
zurückerwartet. Gerade habe ich von meinem Schreibtisch aus gesehen, dass Sie angekommen sind. Ich hoffe, die Rückreise aus Trowbridge war nicht allzu unangenehm.«
»Doch, leider! Das war sie allerdings!«, presste Havisham wütend zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. »Würden Sie mich bitte einen Augenblick entschuldigen.« Er wartete, bis Gruber sich etwas entfernt hatte und wandte sich dann Isobel zu, die er beim Anblick seines Verwalters vorsichtshalber losgelassen hatte. Dieser musste ja nicht unbedingt Zeuge von häuslicher Gewalt werden, auch wenn die Züchtigung einer ungehorsamen Ehefrau das gute und verbriefte Recht des Mannes war. »Und nun zu dir! Wo um alles in der Welt bist du gewesen? Und wie kannst du es wagen, mich in einem solchen Aufzug vor aller Augen lächerlich zu machen?«
Isobels Blick flackerte, dann aber setzte sie ein hochmütiges Lächeln auf, das er nur zu gut von ihr kannte. »Ich frage mich, wer sich hier lächerlich macht«, versetzte sie schnippisch, um ihn dann ihrerseits wutentbrannt anzukeifen: »Du machst dich viel mehr zum Narren, wenn du mich in dieser Weise vor den Bediensteten behandelst. Mein Vater hätte so etwas nie gewagt!«
»Das ist wahrscheinlich das Problem!«, gab Havisham gallig zurück. »Also? Du bist mir noch immer eine Antwort schuldig, meine Teuerste!«
»Ich war ausreiten, was sonst?«, meinte seine Frau und sah ihn provozierend an.
»Bei diesem Wetter?« Havisham lachte ungläubig auf.
»Es gab eine Regenpause und ich nahm an, dass es halten würde. Mir war sterbenslangweilig und so habe ich mich entschieden, einen Ausritt zu machen, wie du es mir ausdrücklich empfohlen hast.«
Das war allerdings richtig. Er konnte nichts dagegen einwenden, schließlich hatte er ihr körperliche Bewegung empfohlen. Dennoch glaubte er ihr keineswegs. Irgendetwas stimmte hier ganz und gar nicht, das sagte ihm sein Instinkt. »Du warst also ausreiten«, wiederholte er gedehnt, »und wie lange, wenn ich fragen darf?«
Isobels Lider zuckten erneut, doch sie gab ihm Antwort. Er war sich jetzt sicher, dass sie log. »Ich war gerade zufällig in der Nähe der Pennywood Farm, als es anfing zu regnen, und so beschloss ich, dort Unterschlupf zu suchen.«
»Tatsächlich?«, meinte er lauernd. »Es ist nur sehr seltsam, dass ich deine Vertraute auf der Straße nach Norden angetroffen habe, wo sie kopflos wie ein Huhn im Regen herumstolperte. Ich habe mich ohnehin darüber gewundert.« Doch Isobel blieb auch diesmal eine Antwort nicht schuldig. »Ja, das stimmt. Ich habe sie nicht angetroffen. Tatsächlich hatte sie wohl einen Streit mit ihrem Ehemann. Das soll ja vorkommen …«, meinte sie zynisch. Es war klar, dass sie ihn damit ärgern wollte. »Nun, ich habe eine Weile gewartet, auch darauf, dass der Regen aufhörte, aber sie kam lange nicht zurück. Schließlich wollte ich ohnehin wieder aufbrechen, da kam sie angelaufen und berichtete mir, dass du auf dem Weg nach Whitefell seist. Ich habe, obwohl ich sehr überrascht war, natürlich keine Sekunde gezögert und bin so schnell ich konnte nach Hause geritten. Schließlich wollte ich dich, mein lieber Havisham, ja angemessen und freudig willkommen heißen, wie es sich für eine liebende Ehefrau, die ich fraglos bin, geziemt.« Sie verzog weinerlich das Gesicht. Havisham glaubte ihr kein Wort, aber was konnte er gegen diese Erklärung einwenden, es klang absolut plausibel. »Aber du schreist mich an und bist grob zu mir«, fuhr sie klagend fort. »Dabei wollte ich doch nichts, als dir zuvorzukommen, um dich begrüßen zu können.« Eine zierliche Träne rollte, ihn anklagend, über ihre Wange und sie rieb sich den Arm, an dem er sie ins Haus gezerrt hatte.
Der Hausherr und Gatte senkte schließlich den Blick und seufzte müde. Was konnte er tun? Er glaubte ihr nicht. Aber konnte er sie jetzt noch züchtigen, so wie er es eben in seinem ersten Zorn nur zu gerne getan hätte? Dennoch, es war an der Zeit sie nachhaltig in ihre Schranken zu weisen. Er hatte ihre Aufsässigkeit endgültig satt. Vielleicht sollte er Isobel im Schlafzimmer mit wesentlich geeigneteren Mitteln als bloßen Worten noch einmal unmissverständlich klarmachen, wer die Macht im Hause Havisham besaß. Diese Vorstellung brachte ihn tatsächlich in Wallung. Erstaunlich! Seine sehr kurze Leidenschaft für den jungen Körper seiner Frau war doch längst der üblichen Langeweile, die ihn in dieser Hinsicht schnell erfasste, gewichen. Er empfand zuweilen
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